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Andreas Ruhland Buchhandlung: Thalia Halle
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Meine letzte Rezension Die Träume anderer Leute von Judith Holofernes
2003 - Da passierte auf einmal etwas in der Musik-Szene: Der Ton war anders, die Texte ungewohnt offen und schlau. Kein heimlicher Kauf deutsch-sprachiger Alben mehr, der einen bisher stets als uncooles Weichei abstempelte. Wir sind Helden schrien mit ihrer Frontfrau auf dem Debut die Reklamation aus, offerierten mit dem zweiten Album "Von hier an blind" ein Gespür für unfassbar gute Pop-Melancholie und ließen die Hörer auf der letzten Platte mit der alles überdauernden "Ballade von Wolfgang und Brigitte" schweren Herzens zurück. Und dann? Judith beendete nicht nur die Heldenzeit, sie entschloss sich, Schluss zu machen. Dabei waren wir fast unsterblich verliebt in diese Frau, die das Leben so scheinbar leicht auf ihren Schultern, genauso wie mit ihren Worten nahm. Aber es war gar kein so leichtes Schwert, schreibt sie in ihren Erinnerungen über die Post-Helden-Zeit. Und wir erfahren, dass es die Träume anderer Leute waren, das ganze Helden-Ding am Leben zu halten. Alles sagten ihr, sie müsse nur wollen. Doch sie wollte nicht, konnte nicht, hatte keine Kraft. Die Frau, zu der so viele aufsahen, die ein Vorbild für eine ganze Generation junger und selbstbewusster Frauen wurde, war müde und zu traurig, um Herz und Melancholie in Einklang zu bringen. In ihrem Buch erzählt sie nun von den Selbstzweifeln, der Einsamkeit, dem hohen Preis der Entbehrung, der Sehnsucht nach Ruhe und dem Wunsch nach inneren Frieden. Ein Solo-Album entstand, und noch eins und in allen Zeilen steht der Zwiespalt zwischen dem, was man bereit ist, zu geben und dem, was die Leute von einem erwarten. Auch dies kein leichtes Schwert. Fast zwanzig Jahre später - dieses Buch fühlt sich nicht so gut wie ein neues Helden-Album - aber es ist ein Trostpflaster für alle, denen die Musik der Heldin und ihrer alten Band fehlt. Das Buch ist kurzweilig, auch witzig und hat die Leichtigkeit eines Abends mit der besten Freundin am Küchentisch. Aber die schweren Moll-Töne überwiegen und zeugen von der Einsamkeit, auch wenn die Welt jeden Tag lauter und aufregender wird. Doch die, die etwas zu sagen haben, versinken Hals über Kopf im eigenen Gefühls-Chaos, weil sie es nicht schaffen, das Leben so zu lieben, wie sie es gern lieben wollen. "Gekommen, um zu bleiben, wir gehen nicht mehr weg" gilt nur noch für die Songs der Helden. Für Judith gilt: "Keine Angst mehr, vor nichts und vor niemand. Nie wieder. Allein."
ab 24,00 €
4/5
  • Andreas Ruhland
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4/5

Die Träume anderer Leute

2003 - Da passierte auf einmal etwas in der Musik-Szene: Der Ton war anders, die Texte ungewohnt offen und schlau. Kein heimlicher Kauf deutsch-sprachiger Alben mehr, der einen bisher stets als uncooles Weichei abstempelte. Wir sind Helden schrien mit ihrer Frontfrau auf dem Debut die Reklamation aus, offerierten mit dem zweiten Album "Von hier an blind" ein Gespür für unfassbar gute Pop-Melancholie und ließen die Hörer auf der letzten Platte mit der alles überdauernden "Ballade von Wolfgang und Brigitte" schweren Herzens zurück. Und dann? Judith beendete nicht nur die Heldenzeit, sie entschloss sich, Schluss zu machen. Dabei waren wir fast unsterblich verliebt in diese Frau, die das Leben so scheinbar leicht auf ihren Schultern, genauso wie mit ihren Worten nahm. Aber es war gar kein so leichtes Schwert, schreibt sie in ihren Erinnerungen über die Post-Helden-Zeit. Und wir erfahren, dass es die Träume anderer Leute waren, das ganze Helden-Ding am Leben zu halten. Alles sagten ihr, sie müsse nur wollen. Doch sie wollte nicht, konnte nicht, hatte keine Kraft. Die Frau, zu der so viele aufsahen, die ein Vorbild für eine ganze Generation junger und selbstbewusster Frauen wurde, war müde und zu traurig, um Herz und Melancholie in Einklang zu bringen. In ihrem Buch erzählt sie nun von den Selbstzweifeln, der Einsamkeit, dem hohen Preis der Entbehrung, der Sehnsucht nach Ruhe und dem Wunsch nach inneren Frieden. Ein Solo-Album entstand, und noch eins und in allen Zeilen steht der Zwiespalt zwischen dem, was man bereit ist, zu geben und dem, was die Leute von einem erwarten. Auch dies kein leichtes Schwert. Fast zwanzig Jahre später - dieses Buch fühlt sich nicht so gut wie ein neues Helden-Album - aber es ist ein Trostpflaster für alle, denen die Musik der Heldin und ihrer alten Band fehlt. Das Buch ist kurzweilig, auch witzig und hat die Leichtigkeit eines Abends mit der besten Freundin am Küchentisch. Aber die schweren Moll-Töne überwiegen und zeugen von der Einsamkeit, auch wenn die Welt jeden Tag lauter und aufregender wird. Doch die, die etwas zu sagen haben, versinken Hals über Kopf im eigenen Gefühls-Chaos, weil sie es nicht schaffen, das Leben so zu lieben, wie sie es gern lieben wollen. "Gekommen, um zu bleiben, wir gehen nicht mehr weg" gilt nur noch für die Songs der Helden. Für Judith gilt: "Keine Angst mehr, vor nichts und vor niemand. Nie wieder. Allein."

Meine Lieblingswerke

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    5/5

    Lennon ist tot

    „Lennon ist tot“ erzählt die Geschichte des 19-jährigen Robert Fischer, der von Berlin nach New York geht, um zu studieren. Statt seinem Studium nachzugehen, nimmt er einen Job in einer Detektei an und folgt, getrieben von jugendlicher Neugier, einem Mann auf eine kleine Atlantik-Insel. Dort angekommen trifft der junge Robert auf einige Inselbewohner, die sein Leben von nun an aus der Bahn werfen. Immer wieder stößt er dabei auf Verbindungen zum Leben John Lennons. Dessen Mythos und Ermordung zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman, der ganz und gar von guter Musik und erlesenen Playlisten (besonders Rose's Liste!) geprägt ist. Feinfühlig und melancholisch anmutend beschreibt Osang das langsam winterlich werdende New York City und seinen darin herum irrenden Protagonisten, der versucht, Antworten zu finden – nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Beziehung zu seiner Familie, besonders zu seinem Vater. Erst als ich selbst vor dem Dakota Building stand, begriff ich, wie sehr ich eigentlich auch dieser Robert Fischer sein wollte und wie sehr Alexander Osang es verstanden hatte, diesen von Sehnsucht getriebenen und nach einem Sinn suchenden Aussteiger zu schildern.

    • Andreas Ruhland
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    5/5

    Alle Toten fliegen hoch

    Dieses Buch ist zuhauf besprochen, unzählige Male bejubelt und in den Bestsellerlisten gefeiert worden. Warum dieses Buch also noch einmal besprechen? Der Umstand, dass sich alle einig sind, wirkt auf mich zeitweise befremdlich. Zu oft haben Titel mit Massenpotenzial den Anschein des kleinsten gemeinsamen Nenners, zu oft trifft der Geschmack der breiten Masse nicht meine Interessen. Kurzum - es kostet mich stets einen gewissen Anlauf, um mich Titeln aus Bestsellerlisten zu nähern. Auch hier war es zunächst nicht anders, doch bei "Amerika" hat sich die Überwindung gelohnt! Dieses Buch ist ein Geschenk, eine Überraschung, mit der man nicht gerechnet hat! So viel Humor, so viel Melancholie, so viel Wärme. Schnell war ich in der Welt des Joachim Meyerhoff angekommen, der mit dem Zug nach Hamburg reist, um sich für einen Schüleraustausch zu bewerben, der dann auch den größten Raum dieses Bandes einnimmt, der als erster in dieser bisher vier Bände umfassenden Reihe "Alle Toten fliegen hoch" erschienen ist. Alle geschilderten Ereignisse beruhen auf wahren Begebenheiten, was bei den Kuriositäten, die Meyerhoff widerfahren, manchmal kaum zu glauben ist. Ein Leben wie ein Roman. Komisch, tragisch, lustig, makaber, schonungslos, authentisch, trocken - dieser Roman ist ein Geschenk für jeden, der ihn liest und für jeden (!), der in seinem Leben einen Schüleraustausch erlebt oder für eine gewisse Zeit in einem anderen Land bei einer Gastfamilie gelebt hat. Meyerhoff lässt seine Leser die eigene Vergangenheit erneut erleben: so nah, so nachvollziehbar, so ungeschönt und doch romantisch verklärt teilt der Autor seine Erinnerungen und macht es einem hier wirklich leicht, sich an die Orte und in die Zeit zurückzuversetzen. Ich habe genauso viele Tränen gelacht wie ich Tränen vergossen habe. Der junge Joachim nimmt das Leben so an, wie es ihm begegnet. Ein schönes Buch über das wahre Leben. Was für ein Geschenk!

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