Gezähmte Wilde

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Kapitel 1
Zurschaustellungen »exotischer« Menschen –
eine Einführun
Hofmohren, Südseeinsulaner und Grönländer
Die Schaulust der übersättigten Großstädter
Das Menschenausstellungsgeschäft

Kapitel 2
Wie Wilde gemacht werden
Werbung
Werbung mit Plakaten
Inszenierung und Wahrnehmung
Die Zähmung der Wilden

Kapitel 3
Brüche
Ein starker Mumpitz
Keine Vision von fremden Ländern
Sorge, Mitleid und der schlechte Einfluss der Zivilisation
»Menschenhandel« und »Menschenschutzvereine«

Kapitel 4
Nicht alles war Kommerz
Auch Bürokraten müssen Wilde zähmen
Deutschland braucht Kolonien
Wissenschaftler brauchen Material

Schlussbemerkungen
Das Verschwinden der Zurschaustellungen »exotischer«
Menschen

Anhang
Begriffe, Forschungsbericht, Quellen
Quellen- und Literaturverzeichnis

Gezähmte Wilde

Die Zurschaustellung exotischer Menschen in Deutschland 1870-1940

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Gezähmte Wilde

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eBook

ab 41,99 €

Beschreibung

Details

Einband

Taschenbuch

Erscheinungsdatum

20.06.2005

Verlag

Campus

Seitenzahl

371

Maße (L/B/H)

21/14,8/2,8 cm

Beschreibung

Details

Einband

Taschenbuch

Erscheinungsdatum

20.06.2005

Verlag

Campus

Seitenzahl

371

Maße (L/B/H)

21/14,8/2,8 cm

Gewicht

485 g

Auflage

1

Sprache

Deutsch

ISBN

978-3-593-37732-2

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Blättert man in einer größeren Tageszeitung aus dem letzten Drittel des 19. oder dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, etwa den
Münchner Neuesten Nachrichten oder dem Hamburger Fremdenblatt, so stößt man bald auf Anzeigen wie "Marquardt's Beduinen-Karawane", "J. & G. Hagenbeck's Malabaren-Truppe", "Anthropologisch-zoologische Ausstellung darstellend das Leben und Treiben der Kalmücken" oder "Carl Hagenbeck's neueste Singhalesen-Truppe" in "Umlauff's Weltmuseum St. Pauli, Spielbudenplatz". Stöbert man in Plakatsammlungen aus dieser Zeit, findet man grell-bunte Exemplare, die etwa "Aschanti [...] 73 Eingeborene, Männer, Frauen und Kinder" oder "Die Lippen-Negerinnen aus Central-Afrika Lebend" ankündigen. Die Plakate zeigen Abbildungen von dunkelhäutigen Menschen in prächtigen Trachten oder halbnackt, von Palmen, Elefanten, Pferden oder Kamelen, von Schmuck, Zelten, Tempeln und Hütten, Wüsten und Urwald. ...
Mehr als 300 solcher Menschengruppen aus aller Welt waren allein in Deutschland zwischen 1870 und 1940 zu sehen und lockten bis zu 60.000 Besucher pro Tag an. Sie wurden auf Jahrmärkten und Volksfesten gezeigt, in Zoologischen Gärten, in Varietés, Singspielhallen, Restaurants, als Nebenattraktionen bei Zirkusaufführungen, in Panoptiken, Vergnügungsparks, auf Kolonial-, Welt- und Gewerbeausstellungen und als exotisches Beiwerk zu Ausstellungen, die sich gänzlich "unexotischen" Themen wie dem Gartenbau oder
Büchern widmeten. Die Form, in welcher die außereuropäischen Menschen ausgestellt wurden, variierte, vom so genannten Eingeborenendorf, in welchem der Besucher den Eindruck haben sollte, sich in der Heimat der jeweiligen Menschen zu befinden, bis hin zu szenischen Darbietungen, die Theateraufführungen glichen. Gemeinsam war all diesen Veranstaltungen, dass sie vorgaben, einen Einblick in das Leben außereuropäischer Völker zu geben. Sie bestanden aus einigen wenigen bis zu mehreren Hundert Teilnehmern, die mit ihren Darbietungen wie mit ihrer bloßen Existenz und ihrem Aussehen ein großes Publikum faszinierten. Ganz gleich, aus welchem sozialen Umfeld die Zuschauer stammten und welchen Bildungshintergrund sie hatten, alle wollten sich amüsieren und sich bilden, ihre Neugier stillen, sie wollten sich wundern und sich an der Schönheit der ausgestellten Menschen erfreuen. Die Menschenausstellungen waren für den Großteil der Bevölkerung die einzige Möglichkeit, in Kontakt mit außereuropäischen Kulturen zu treten, sie ersetzten Bücher und regten den Verstand und die Phantasie an. Sie verliehen der Eintönigkeit des eigenen Lebens Farbe und boten eine Fluchtmöglichkeit vor Langeweile und geistiger Leere, vor der Beengung der eigenen Horizonte und der Unterdrückung der Vorstellungskraft, die nur allzu oft der Preis für das Leben in den immer größer werdenden Großstädten waren. Zurschaustellungen außereuropäischer Menschen waren das, was sich die Leute gerne ansahen, wenn sie ein paar Pfennige zur Verfügung und ein wenig freie Zeit hatten.
Etwas fiel mir während der Beschäftigung mit dem Thema besonders auf: die fast durchweg positive Reaktion der Zuschauer. Einer kleinen Zahl von kritischen, ablehnenden oder auch nur hinterfragenden Stimmen stehen Tausende und Abertausende von begeisterten Zuschauern gegenüber. Schwärmerei und Faszination beherrschen das Bild, die Zuschauer wollten die Menschen aus anderen Kulturen anschauen und anfassen. Postkarten wurden gekauft, auf denen sie abgebildet waren, oft mit Autogrammen der heimlich verehrten oder öffentlich bewunderten Krieger oder mit (Nackt-)Aufnahmen der hinreißenden Schönheiten. Zeitungen und Zeitschriften brachten jeden Tag neue Geschichten und Bilder und berichteten Anekdoten über die prominenten Mitglieder der Truppen, Details jeden Teil ihres Lebens betreffend. Man brachte ihnen Geschenke mit, Obst und Süßigkeiten, Zigarren, Zylinder, Geld und kleine Preziosen. Pubertierende junge Menschen beiderlei Geschlechts mussten von ihren Eltern im Zaum gehalten werden, damit sie nicht Zäune und Absperrungen überstiegen, um den Ausgestellten nahe zu sein, Gymnasiasten lernten ihre Sprachen, manch einer traf den Entschluss, Ethnologe zu werden. Filmschauspielerinnen ließen sich mit afrikanischen Kindern in Filmmagazinen ablichten, Bürgermeister posierten mit
Indianerhäuptlingen vor ihren Rathäusern. Man zeigte die "fremden Gäste" in den Städten herum, sie besuchten Kaffeehäuser, Museen und Kinematographentheater, in denen Filmaufnahmen ihrer Vorführungen gezeigt wurden, sie wurden vom Adel und Großbürgertum empfangen und man erwarb Gegenstände, die sie hergestellt hatten. Die Kontakte zwischen Europäern und den ausgestellten Menschen hielten die Sittenwächter in Atem, die Behörden mussten Regeln erlassen, wie mit Eheschließungen und "Mischlingskindern" zu verfahren sei.
  • Gezähmte Wilde
  • Einleitung

    Kapitel 1
    Zurschaustellungen »exotischer« Menschen –
    eine Einführun
    Hofmohren, Südseeinsulaner und Grönländer
    Die Schaulust der übersättigten Großstädter
    Das Menschenausstellungsgeschäft

    Kapitel 2
    Wie Wilde gemacht werden
    Werbung
    Werbung mit Plakaten
    Inszenierung und Wahrnehmung
    Die Zähmung der Wilden

    Kapitel 3
    Brüche
    Ein starker Mumpitz
    Keine Vision von fremden Ländern
    Sorge, Mitleid und der schlechte Einfluss der Zivilisation
    »Menschenhandel« und »Menschenschutzvereine«

    Kapitel 4
    Nicht alles war Kommerz
    Auch Bürokraten müssen Wilde zähmen
    Deutschland braucht Kolonien
    Wissenschaftler brauchen Material

    Schlussbemerkungen
    Das Verschwinden der Zurschaustellungen »exotischer«
    Menschen

    Anhang
    Begriffe, Forschungsbericht, Quellen
    Quellen- und Literaturverzeichnis