1840: Marie von Angelâme entdeckt im Nachlass ihres Vaters Gerichtsprotokolle, denen zufolge eine ihrer Ahnen im 14. Jahrhundert auf dem Scheiterhaufen als Hexe verbrannt wurde. In den Schriften ist von der Prophezeiung einer geheimnisvollen Dame die Rede, deren Wortlaut die Comtesse nicht einmal unter der Folter preisgab und mit in den Tod nahm. Zur Jahrtausendwende rätselt der Angestellte einer großen Versicherungsgesellschaft über den Grund einer völlig überzogen scheinenden Police für das Bild eines unbekannten Malers und den gewaltsamen Tod seiner Besitzer. Zusammen mit einer Freundin der Toten folgt er dem Geheimnis des mysteriösen Gemäldes bis vor den Abgrund tödlicher Ränkespiele, deren Anfang ebenfalls in einer uralten Prophezeiung zu liegen scheint. Ihr Ende offenbart das Geheimnis der Rose jedoch nur demjenigen, der Augen hat zu sehen und Ohren zu hören.
Eins ist vorauszuschicken: Der Rezensent hat am allgemeinen Dan-Brown-Hype nicht teilgenommen und sämtliche mittelalterlichen Verschwörungsliteratur verweigert. Somit kann hier nicht festgestellt werden, ob „Die Rose von Angelâme“ typisch für ihr Genre ist, wohl aber die Zutaten: Ein mittelalterliches Ränkespiel zur Zeit der Tempelritter und der Inquisition, ein ungeheuerliches über Jahrhunderte bewahrtes Geheimnis und eine neuzeitliche Enträtselung als Basis. Ein ungewöhnliches, vieldeutiges Gemälde, zwielichtige Männer und pro Epoche eine starke weibliche Schlüsselfigur als Garnitur. Und schließlich Macht, Mord, Spannung, Mystik und Liebe als starke Gewürze.
Ist das Buch gelungen? Zum großen Teil. Das Wichtigste ist wohl die Spannung, und die bleibt über lange Zeiträume aufrecht. Geduldig erklärt die Erzählerin den Stand der Dinge auch schon mal mehrfach, es gilt jedoch aufmerksam zu bleiben, da interessante Details manchmal in beiläufigen Nebensätzen zu finden sind. Was dort zu finden ist, nährt oft den Wissensdurst.
Am Anfang erwartet man, sogleich ins Mittelalter einzusteigen, aber ein recht langer erster Teil bleibt noch in der Jetztzeit, vom Stil her deutlich an die soliden Krimis der Autorin erinnernd. Der Mittelalterteil ist sehr packend, das Personenregister zu Beginn des Buchs ist hier durchaus hilfreich, den Überblick zu bewahren. Hier zeigt die Autorin ihre größten Stärken, indem die Figuren mit dem Gefühl für den richtigen Raum beleuchtet werden und stets ein Zug zur nächsten Seite spürbar ist. Gekonnt rundet sich dieser Teil so ab, dass man das vierzehnte Jahrhundert trotz Tod und Zerstörung mit einem guten Gefühl hinter sich lässt. Die Charaktere sind insgesamt glaubwürdig und auch bei historisch realem Hintergrund immer nachvollziehbar dargestellt. Nur sehr selten agieren vor allem die Gegenspieler platt und uninspiriert. Elegant sind die sprachlichen Probleme gelöst, die sich aufgrund des mittelalterlichen Umfelds, und noch dazu in Frankreich ergeben.
Es folgt ein Teil im neunzehnten Jahrhundert, der ein wenig an Fahrt verliert, aber immer noch flüssig zu lesen ist. Ein Manko mag jedoch der offene Schluss des Buchs in der Gegenwart sein, der nicht ganz hält, was versprochen wird: Die Brisanz, die konkrete Auswirkung und vor allem die mächtigen Gegner bleiben am Ende matt und nur schemenhaft dargestellt. Es gestaltet sich dabei auch schwierig, ein über Jahrhunderte dauerndes Rätsel mit vielen Figuren, die darauf Einfluss nehmen (oder erstaunlicherweise nicht), konsistent und logisch zu halten. Doch das mit anderen Lesern zu diskutieren, ist andererseits wiederum ein schöner Zeitvertreib.
Zusammenfassend: Leser, die unbedingt einen fulminanten Showdown erwarten oder unkritische Gläubige der katholischen Kirche sind hier wohl nicht gut beraten; wer sich jedoch auf eine spannende über mehrere Jahrhunderte gehende Geschichte einlassen möchte, dem sei dieses Buch empfohlen.
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