Beschreibung
Details
Format
Kopierschutz
Nein
Family Sharing
Ja
Text-to-Speech
Nein
Altersempfehlung
10 - 99 Jahr(e)
Erscheinungsdatum
13.12.2012
Plötzlich ist da eine Textstelle, die aufhorchen lässt oder die zumindest beim ersten Erscheinen dieses Jugendbuches für Aufhorchen (und für Aufsehen) gesorgt haben dürfte. Ein Junge besucht einen alten Mann, um mit ihm zu erzählen. Er hat auch Bücher aus der Stadtbibliothek dabei, aber Großvater Kuddel, so heißt der 78-jährige Mann, will sie nicht lesen.
"Was Neues?"
"Die letzten, die ich noch nicht kenne", sagt Lute. "Soll ich eins hierlassen?"
Großvater Kuddel schüttelt den Kopf. Seit langem hat er kein Buch gelesen. Schuld daran sind vor allem die Augen. Aber nicht nur. Kurt Assmann fühlt sich nämlich von einigen Schreibern hintergangen. Großvater Kuddel wurde regelrecht zornig beim Lesen. Viel ausgedachtes Zeug war dabei. Niemals im Leben geht alles so glatt seinen Gang, wie es in diesen Büchern steht. Alle Menschen sind im Sozialismus Brüder, war da zwischen den Zeilen zu lesen. Keine Sorgen, keine Tränen, kein Leid. Aber da braucht Großvater Kuddel nur an Lene Wiebke zu denken. Eines Tages geht die Mutter auf und davon. Lässt die Familie im Stich. Wenn das kein Leid ist für die Betroffenen. Oder der Vater eines Jungen, der bei seinem Enkel Knut in die Neunte geht. Stirbt an Fischvergiftung. Hatte die Arbeitsschutzbestimmungen nicht genügend beachtet bei der Fischverarbeitung. Es war ihm vielleicht auch unangenehm, wegen einer kleinen eitrigen Fingerverletzung Doktor Sonntag zu behelligen. Nichts von alledem in den Büchern, die Großvater Kuddel in die Ecke gelegt hat. Weil in ihnen nur die Sonne scheint. Kein Regen, kein Gewitter, wie es normal ist im Leben. Früher wie heute. Einen Unterschied lässt Großvater Kuddel gelten: Heute gerät niemand mehr in Not und Elend, es gibt nicht mehr viele Menschen bei uns, die andere ins Unglück stürzen können. Keiner darf das. Aber es gibt doch Ängste, Leid und Niederlagen für Kinder oder für Erwachsene. Kuddel Assmann möchte in den Büchern was von dem wiederfinden, wofür er gelebt hat. Wofür er einiges hat ausstehen müssen. Und da Lute ihm viel von dem erzählt, was in den Kinderbüchern steht, so will dem Alten scheinen, dass die Kleinen besser dran sind als die Großen mit ihrer Literatur. Es gibt jedoch auch Bücher, die Großvater Kuddel gerne liest. Schriftsteller wie Anna Seghers, Gotsche, Strittmatter, Kant und einige andere schätzt er, denn sie erzählen von dem wahren Leben.
Aber Lute, sein junger Besucher, hat eigentlich ein anderes wichtiges Anliegen: Er möchte ihn zum Pioniernachmittag einladen.
"Was Neues?"
"Die letzten, die ich noch nicht kenne", sagt Lute. "Soll ich eins hierlassen?"
Großvater Kuddel schüttelt den Kopf. Seit langem hat er kein Buch gelesen. Schuld daran sind vor allem die Augen. Aber nicht nur. Kurt Assmann fühlt sich nämlich von einigen Schreibern hintergangen. Großvater Kuddel wurde regelrecht zornig beim Lesen. Viel ausgedachtes Zeug war dabei. Niemals im Leben geht alles so glatt seinen Gang, wie es in diesen Büchern steht. Alle Menschen sind im Sozialismus Brüder, war da zwischen den Zeilen zu lesen. Keine Sorgen, keine Tränen, kein Leid. Aber da braucht Großvater Kuddel nur an Lene Wiebke zu denken. Eines Tages geht die Mutter auf und davon. Lässt die Familie im Stich. Wenn das kein Leid ist für die Betroffenen. Oder der Vater eines Jungen, der bei seinem Enkel Knut in die Neunte geht. Stirbt an Fischvergiftung. Hatte die Arbeitsschutzbestimmungen nicht genügend beachtet bei der Fischverarbeitung. Es war ihm vielleicht auch unangenehm, wegen einer kleinen eitrigen Fingerverletzung Doktor Sonntag zu behelligen. Nichts von alledem in den Büchern, die Großvater Kuddel in die Ecke gelegt hat. Weil in ihnen nur die Sonne scheint. Kein Regen, kein Gewitter, wie es normal ist im Leben. Früher wie heute. Einen Unterschied lässt Großvater Kuddel gelten: Heute gerät niemand mehr in Not und Elend, es gibt nicht mehr viele Menschen bei uns, die andere ins Unglück stürzen können. Keiner darf das. Aber es gibt doch Ängste, Leid und Niederlagen für Kinder oder für Erwachsene. Kuddel Assmann möchte in den Büchern was von dem wiederfinden, wofür er gelebt hat. Wofür er einiges hat ausstehen müssen. Und da Lute ihm viel von dem erzählt, was in den Kinderbüchern steht, so will dem Alten scheinen, dass die Kleinen besser dran sind als die Großen mit ihrer Literatur. Es gibt jedoch auch Bücher, die Großvater Kuddel gerne liest. Schriftsteller wie Anna Seghers, Gotsche, Strittmatter, Kant und einige andere schätzt er, denn sie erzählen von dem wahren Leben.
Aber Lute, sein junger Besucher, hat eigentlich ein anderes wichtiges Anliegen: Er möchte ihn zum Pioniernachmittag einladen.
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