Die Feindin im Angesicht -
Eigentlich dürften Nell und Julianne gar nicht existieren. Zwillinge sind in dem streng überwachten System verboten. Zu ihrem 16. Lebensjahr wird die Entscheidung gefällt: Nur eine darf bleiben, die andere wird hinter die Große Mauer verbannt. Aber die beiden haben bereits einen Plan, wie sie das System überlisten können. Doch dann wendet sich plötzlich das Blatt und die Schwestern werden auf eine unerträgliche Probe gestellt ...
Ein Dystopie-Thriller mit psychologischem Tiefgang.
Dystopien gibt es auf dem Buchmarkt inzwischen zigfach und auch wenn ich selbst ein großer Fan dieses Genres bin, so fällt es mir doch zunehmend schwerer, Titel zu finden, die noch eine neue Facette hinzufügen können oder zumindest so gut gemacht sind, dass man sie ohne Bedenken empfehlen kann. Völlig ohne Bedenken geht das auch bei der Reihe Twins der deutschen Autorin Tonia Krüger nicht, dennoch ist der erste Band der Reihe in jedem Fall einen zweiten Blick wert.
Inhalt: Im Vordergrund dieser Reihe stehen die Zwillinge Nell und Julianne, womit zugleich auch das Problem beschrieben ist. In dem System, in dem die beiden leben, darf es Zwillinge eigentlich nicht geben. Die Gesellschaft, wie sie hier organisiert ist, ist in klare Schichten unterteilt und auf Effizienz hin getrimmt, so dass engere emotionale Kontakte, wie sie beispielsweise auch bei Familie der Fall sind, die Abläufe stören würden. Dennoch werden die beiden zunächst vom System aufgezogen und erzogen, da es sich um besonders intelligente Menschen handelt, die für die höchste gesellschaftliche Schicht vorgesehen sind. Eine Trennung erfolgt bei diesen Zwillingen erst mit dem vollendeten 16. Lebensjahr, was für Nell oder Julianne eine Ausweisung ins sogenannte Ghetto bedeutet, während die andere im System verbleiben darf. Um dieses Schicksal zu verhindern, beschließen die beiden, bei der Urteilsverkündung gemeinsam vorzutreten, um dem System so die Möglichkeit zu nehmen, die beiden zu unterscheiden, so dass Nell und Julianne dauerhaft zusammenbleiben dürfen. Doch Julianne hält sich nicht an die vereinbarte Absprache mit ihrer Schwester, so dass Nell letztlich alleine vortritt und fälschlicherweise ausgewiesen wird und lernen muss, im Ghetto zu überleben…
Kritik: Schon meine Kurzzusammenfassung des Beginns des Romans macht deutlich, wo Stärken und Schwächen dieses Bandes liegen. Die Idee, Zwillinge zu verbieten, sie aber dennoch zunächst auszubilden, um zu sehen, wer für das System von größerem Nutzen ist, ist durchaus reizvoll. Und auch Nell auf ihrem weiteren Weg zu begleiten und sich die Frage stellen zu sehen, warum Julianne sich für sie ausgegeben und ihren Platz im System eingenommen hat, ist spannend und liefert interessante Charakterstudien. Allerdings darf man auch nicht zu viele Fragen stellen: So bleibt schon fraglich, wieso Zwillinge im Laufe ihrer Ausbildung überhaupt gemeinsam ausgebildet werden, da nur dadurch überhaupt eine emotionale Bindung entstehen kann. Auch das erst im späteren Verlauf des Bandes diskutierte Verhältnis zwischen dem System und dem Ghetto ist nicht durchgehend logisch. Ohne hier schon etwas vorwegnehmen zu wollen, bleibt festzuhalten, dass es nur begrenzt nachvollziehbar ist, dass das System einerseits das technisch weit unterlegene Ghetto fürchtet (ohne wirklich etwas befürchten zu müssen), andererseits Leute gezielt dahin ausweist, obwohl Nell beispielsweise das System gut kennt und hochintelligent ist. Die Antworten, die die Reihe gibt (und in Band 1 gibt es praktisch noch gar keine Antworten), liefern oft mehr Fragezeichen, so dass das Konzept in seinen Tiefen nicht durchdacht wirkt.
Das soll aber dennoch nicht von einer Lektüre des Buches abhalten: Die Figuren sind gut angelegt und psychologisch vielfältig, so dass es Freude macht, den Figuren bei ihrer Entwicklung Im Verlauf der Handlung zu folgen. Die Verbindung mit einer Liebesgeschichte, die in solchen Fällen praktisch zwangsläufig dazu gehört, ist grundsätzlich gelungen und sorgt dafür, dass die vereinzelten Längen in der Handlung gefüllt werden. Dabei ist es spannend zu sehen, dass Nell gleich zwischen zwei Männer gerät, wobei auch hier die Logik nicht immer gegeben ist. Letztlich wirken viele Entwicklungen recht sprunghaft, da sie sich nicht immer aus den zuvor gegebenen Informationen herauslesen lassen. Auch wenn es merkwürdig klingt: Bei diesem Buch wechseln sich unvorhersehbare und absehbare Momente kontinuierlich ab. Einerseits weiß man in bestimmten Situationen genau, worauf die Handlung hinauslaufen wird, andererseits kommen manche Handlungssprünge überraschend und wenig kalkulierbar.
Fazit: Verzichtet man darauf, alle Fragen zu stellen, die man bei der Lektüre im Kopf hat, bekommt man einen gut erzählten Roman, der mit unterschiedlichen inhaltlichen Facetten begeistert, spannende Figuren zeichnet und insgesamt gut erzählt ist. Nur zu viel fragen sollte man eben nicht. Dennoch für Freunde von Dystopien eine wirklich gute, entspannte Lektüre!
Preis der "Freiheit"
Annekathrin Müller aus Erlangen am 07.03.2018
Bewertet: eBook (ePUB)
Als ich den Beschreibungstext zu Twins auf der Verlagshomepage gesehen habe, musste ich an ein Buch denken, dass ich in meiner Jugend gelesen habe. Ich kann versprechen: dieser erste Band der Twins-Reihe von Tonia Krüger hinterlässt noch mehr Eindruck. Ich kann dieses Buch wirklich jedem ab 14 Jahren empfehlen!
Während des Lesens wir man selbst vor wichtige Entscheidungsfragen gestellt. Welche Handlungen sind richtig, welche falsch? Macht es Sinn Gefühle zuzulassen? Und welche Bedeutungen haben Erinnerungen? Vielleicht kannst DU am Ende für dich entscheiden: Wirst du einen Verrat begehen um dich selbst oder um andere zu schützen?!
Kurze Frage zu unserer Seite
Vielen Dank für Ihr Feedback
Wir nutzen Ihr Feedback, um unsere Produktseiten zu
verbessern. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir Ihnen keine Rückmeldung geben können. Falls Sie
Kontakt mit uns aufnehmen möchten, können Sie sich aber gerne an unseren Kundenservice wenden.