Rom zu Beginn der achtziger Jahre. Drei junge Frauen, Luciana, Valentina und Cecilia, an einem sehr schwierigen Punkt ihres Lebens: sie sind ungewollt schwanger. Drei parallel verlaufende Lebensgeschichten, die sich ähneln und doch ganz unterschiedlich sind. Luciana arbeitet für eine Zeitung, die geschlossen wird, sie ist in einen Mann verliebt, der nichts mehr
von ihr wissen will; Valentina ist siebzehn, geht noch zur Schule und träumt davon, Psychologin zu werden; Cecilia lebt in einem besetzten Haus und auf der Straße, stets begleitet von ihrem Hund. Alle drei sind verunsichert, verletzlich und verwirrt angesichts des radikalen Umbruchs, der ihnen bevorsteht. Verwirrt, wenn nicht sogar völlig abwesend sind auch die zukünftigen Väter.
Die Geschichten der Frauen erfahren wir von einem aufmerksamen und mitfühlenden Erzähler, der sie aus nächster Nähe begleitet, um schließlich sein eigenes Geheimnis preiszugeben. „Und doch so fern“ ist eine berührende Geschichte über die Ungewissheit der eigenen Herkunft und die Last der eigenen Wurzeln.
Ausgezeichnet mit dem Literaturpreis Premio Viareggio Rèpaci
Aus dem Italienischen von: Christiane Burkhardt
Titel der italienischen Originalausgabe: Lontano dagli occhi
„Er taucht ein in die dunkle Höhle des Unbewussten, um mit seinem zitternden Lichtkegel, wenn auch vielleicht nur für einen Moment, unsere verborgensten Gefühle zu erhellen. Die Romane von Paolo Di Paolo und die Jugend – sie vergehen wie im Flug.“
Serena Dandini, Io Donna – Corriere della Sera
Rom, Anfang der achtziger Jahre: Luciana, Valentina und Cecilia sind ungewollt schwanger. Dies ist jedoch die einzige Gemeinsamkeit der jungen Frauen. Nicht nur sie sind verunsichert und verwirrt, es gilt auch für die zukünftigen Väter.
Paolo di Paolo, Jahrgang 1983, geboren in Rom, gehört zu den Finalisten des Premio Italo Calvino per l'Inedtito und des Premio Campiello Giovani. Er hat zahlreiche Romane und Kinderbücher veröffentlicht. Etliche seiner Werke wurden in verschiedenen Sprachen übersetzt. Der vorliegende Roman wurde mit dem Literaturpreis Premio Viareggio Rèpaci ausgezeichnet.
Die Übersetzerin Christiane Burkhardt, Jahrgang 1966, lebt und arbeitet in München. Sie übersetzt aus dem Italienischen, Niederländischen und Englischen, aktuell „Die Sammlerin der verlorenen Wörter“.
Der Autor beginnt seinen Roman mit Überlegungen zu schwangeren Frauen und werdenden Väter. Für die einen verändert die Schwangerschaft nicht nur den Körper, sondern das ganze Leben, für die anderen ist sie äußerlich nicht sichtbar und verändert nichts, zumindest dann, wenn kein Kind geplant ist. Werdende Väter müssen nicht zwangsläufig die Verantwortung übernehmen, jedenfalls nicht in den Fällen, die Paolo die Paolo hier beschreibt. Einer der Sätze in diesem Abschnitt hätte mich aufmerksam machen müssen – hat er jedoch erst am Ende. Dieser Teil hat mich sehr nachdenklich gemacht, weil junge und ungewollt schwangere Frauen doch sehr allein sind, nicht nur Anfang der achtziger Jahre im katholischen Rom, sondern überhaupt.
Die nächsten Kapitel beschreiben die letzten drei Monate der drei Schwangerschaften bis zur Geburt. Dabei werden die Perspektiven der drei Frauen beleuchtet. Damit bin ich überhaupt nicht warm geworden, ich habe mich durch die Seiten gequält und hätte den Roman nicht beendet, wenn ich ihn nicht in einer Leserunde gewonnen hätte. Der Schreibstil ist gut und flüssig zu lesen, daran lag es nicht. Eher an den Beschreibungen, in denen ich nur teilweise die Nöte dieser Frauen wiederfinden konnte. Für mich war es teilweise sehr verworren, teilweise auch klischeehaft. Manches blieb für mich völlig im unklaren. Das ändert sich erst im letzten Kapitel, mit „Leben 2“ überschrieben, wo Paolo di Paolo das Geheimnis lüftet. Auf diesen letzten Seiten wird für mich das Buch „rund“ und ich sehe es in einem völlig anderen Licht.
Fazit: Trotz meiner Kritik ist die Auseinandersetzung des Autors mit diesem Thema gelungen.
Welche Geschichten erzählen wir uns über uns selbst?
Bewertung am 23.06.2022
Bewertungsnummer: 1734933
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Wer sind unsere Eltern? Und welches Leben haben sie wohl geführt, bevor sie uns geboren haben? Diese Fragen hat sich bestimmt jeder schon mindestens einmal gestellt. Paolo di Paolo macht aus der möglichen Antwort einen ganzen Roman.
Im Rom der 80er Jahre leben drei Frauen, die sich nur in einem Punkt gleichen: Sie alle sind schwanger und die Umstände machen es ihnen nicht leicht, sich für die Mutterrolle zu entscheiden. Da ist zum einen Luciana, deren irischer Liebhaber sie nach einem Heimaturlaub nicht mehr kontaktiert. Dann lernt der Leser Valentina kennen - eine siebzehnjährige Schülerin, die von einem Mitschüler schwanger geworden ist. Der Vater tobt und in ihrer Verzweiflung fragt sich das Mädchen, ob sie so überhaupt bei ihrer Familie bleiben kann. Und zum Schluss ist da noch Cecilia, eine junge Frau von der Straße, die das Kind eines Imbissmitarbeiters erwartet. Zwar ist der sogar bereit, Cecilia bei sich einziehen zu lassen. Doch das möchte sie nicht.
Der Leser begleitet die drei Frauen jeweils während der letzten Monate ihrer Schwangerschaft. Hin und wieder gibt es Perspektivenwechsel zu den männlichen Figuren der Geschichte - ein in meinen Augen gelungener Schachzug, geling es di Paolo auf diese Weise doch, die Perspektive beider Geschlechter auf die Schwangerschaft einzufangen.
Zu Beginn meiner Lektüre war ich zugegebener Maßen skeptisch: Kann ein Mann überhaupt über das Natur aus weibliche Thema Schwangerschaft schreiben? Inwiefern kann er die Sorgen, aber auch die körperlichen Folgen darstellen, wenn er doch selbst nie diese Erfahrungen machen wird? Zum Ende des Romans hat sich mir aber erschlossen, warum der Autor in so weiten Teilen aus der weiblichen Perspektive über weibliche Themen schreibt. Zum Glück gelingt ihm das auch, ohne Klischees zu bedienen. An dieser Stelle würde ich dem Autor unterstellen, dass er als Journalist gut recherchiert hat und auch dieser Roman (wie andere Werke di Paolos) auf Gesprächen aufbaut.
Insgesamt lässt sich "Und doch so fern" deutlich der italienischen Gegenwartsliteratur zuordnen. Nicht zuletzt die Sprache zeigt ein hohes Niveau mit vielen versteckten Anspielungen und Bildern, die sich erst im Verlauf des Romans erschließen. Die Motivik und das Spiel mit dem Leser sind ebenfalls gut umgesetzt worden. Zwar musste ich mich im ersten Teil erst einmal in das Buch hineinfinden. Lucianas Geschichte hat mich einfach nicht so sehr gepackt. Die Erzählungen über die beiden anderen Frauen fand ich hingegen sehr interessant.
Nach der Lektüre habe ich mich gefragt, wieviele Teile der Geschichte autobiographisch sind. Gerade im letzten Romanteil scheint mir der Autor immer wieder die vierte Wand zu durchbrechen. Das gibt dem Roman eine Metaebene, die die Lektüre für mich noch interessanter gestaltet hat. In diesem Zusammenhang sind übrigens auch die vielen popkulturellen Elemente zu nennen, die immer wieder auftauchen und in der Spotify-Playlist (verlinkt am Ende des Buches) ihren Höhepunkt finden.
Mein Fazit: Das Buch regt zum Nachdenken über die eigenen Herkunft an und über die Geschichten, die wir uns selbst erzählen. Ein wenig fühlt man sich beim Lesen, als stöbere man in den alten Fotoalben der Eltern. Wer also eine ernstere Sommerlektüre sucht, die durchaus von Hitze, Italien und Popkultur geprägt ist, kann ich fündig werden.
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