Während die Temperaturen im Sommer immer weiter in die Höhe schießen, müssen wir uns diesen Winter verdammt warm anziehen. Eine Situation, in die wir uns durch viele falsche Entscheidungen in der Vergangenheit selbst gebracht haben. Wussten Sie, dass in Finnland die Grünen auf Kernenergie setzen? Und dass, würden wir ganz auf Wind und Sonne setzen, in einer windstillen Nacht schon nach 40 Minuten unsere Energiespeicher leer sind? Aber was erwartet man von einer Nation, die schon mit dem Bau eines Flughafens überfordert ist?
Wie geht Deutschland mit seiner Zukunft um?
Mit kritisch humoristischer Feder hinterfragt der Physiker Vince Ebert den Zeitgeist und unseren Ehrgeiz, die Welt zu retten. Tun wir möglicherweise aus den richtigen Gründen das Falsche? Wäre eine Anpassung an die Klimaveränderungen nicht zielführender, als der Versuch, sie zu verhindern? Ist die Energiewende überhaupt umsetzbar? Brauchen wir gar einen völlig neuen Denkansatz? Eberts Plädoyer für eine leidenschaftliche Debatte ohne Scheuklappen ist überfällig.
Auch wenn die Lösungsansätze für eine Alternative zum aktuellen hektischen, subventionsgetriebenen und widersprüchlichen Agieren in der Energiewende in dem Buch nur sehr oberflächlich abgehandelt werden, war es für mich ein sehr lesenswertes Buch, das ich an einem Tag durchgelesen habe. Was mir hervorragend gefällt, sind die Kapitel zu den Themen “Mythen und Halbwahrheiten” sowie “Denkfallen und Irrationalitäten”, die des Buches ausmachen und auf einprägsame Weise den gefühlten “grünen” Konsens herausfordern.
Vorab, ich muss es Ihnen gestehen, ich bin Physiker! Promovierter Physiker! Habilitierter Astronom. Ja schlimmer gehts kaum. In Vince Ebert habe ich einen Gleichgesinnten erhofft zu finden. Jemanden, der in der Lage ist meine Stimmung zu heben. Auf dem Buch steht ja verheißungsvoll "Lichtblick statt Blackout". Ja, den Lichtblick in der Klimakrise suchte ich, aber der ist nicht im Buch zu finden. Dies ist nicht der Grund für meine Rezension, ich schreibe sie, weil auf dem Buch ein Aufkleber ist. Nachträglich vom Verlag befestigt, "Spiegel Bestseller". Wow, das macht es jetzt schwierig für mich. Denn dann haben es viele Menschen gekauft. Wie viele es bereits gelesen haben, Schwamm drüber. Diejenigen, die es gelesen haben oder die es lesen werden sollen nicht, wegen meiner Trägheit einen Kommentar zu schreiben, zu einfachen Opfern einer gut gemachten Desinformationsschrift werden.
Stellvertretend für die irreführende Methodik des gesamten Buches findet sich auf der Umschlagsrückseite der Satz: "Und dass, würden wir ganz auf Wind und Sonne setzen, in einer windstillen Nacht schon nach 40 Minuten unsere Energiespeicher leer sind?" Was will Vince Ebert uns damit sagen, oder besser suggerieren? Wind und Sonne sind keine Alternative für die Energiegewinnung im Vergleich zu Gas, Atomenergie, Kernfusion oder einfach der Anpassung an veränderte klimatische Welt?
Schauen wir uns einmal sein Beispiel genauer an. Es stimmt, die Pumpspeicher in Deutschland fassen nur 0.04 TWh. In Deutschland nutzen wir pro Jahr rund 13000-mal mehr Energie. Vince Ebert suggeriert Ihnen, die grüne Energiewende kann nur mit Pumpspeichern gelingen, deren Größe ist absolut unzureichend, also kann aus der Energiewende nichts werden. Ist doch glasklar, oder? Wenn es der Physiker sagt, der muss es ja wissen. Wie ein Zauberkünstler lenkt Vince Ebert geschickt unsere Aufmerksamkeit auf etwas Irrelevantes. Relevant für die grüne Energiewende sind aber nicht nur die Pumpspeicher, sondern auch die Gasspeicher, auf deren Füllstände wir seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine, gebannt starren. Deren Kapazität beträgt 337 TWh. Rund 10000-mal größer als die Pumpspeicher. Diese, mit grünem Wasserstoff gefüllt, werden es unseren heimischen Gaskraftwerken erlauben eine Dunkelflaute von 66 Tagen zu überstehen. D.h. die 40 Minuten sind richtig gerechnet aber Vince Ebert betrachtet absichtlich eine marginale Größe um die grüne Energiewende und deren Unterstützer zu diskreditieren. Er geht dabei so weit, Wissenschaftler, die eine grüne Energiewende propagieren, einen gemeinschaftlich religiösen Fanatismus ähnlichem Wahn zu unterstellen.
Andere Wissenschaftler mag Vince Ebert dagegen sehr. So zitiert er drei Heidelberger Physikprofessoren, die vorrechnen, dass Solarzellen auf deutschen Dächern nur 17 Watt/qm an Leistung über das Jahr gemittelt erwirtschaften können. Das ist so wenig, dass Solarmodule tatsächlich keinen sinnvollen Nutzen in Deutschland erbringen würden. Na, haben sie das Problem bei der Betrachtung der Professoren schon erkannt? Die Heidelberger Physiker betrachten kW (Leistung, entspricht Energie pro Zeit) an Stelle von kWh (Energieeinheit, hier "h" für Stunden).
"Na, wer soll so etwas denn Wissen und was soll das schon für einen Unterschied machen!?" Nun, einen Faktor 24. Denn eine heutige Photovoltaikanlage erzeugt pro Quadratmeter (qm) 250Wh im Jahresmittel (400Wp bei 1.6qm Fläche). D.h. mit 8 Modulen decken Sie im Jahresmittel den Strombedarf ihrer dreiköpfigen Familie vollständig. Und nach 2 Jahren und zehn Monaten hat sich, bei einem Strompreis von 0.5€/kWh (2023 lässt grüßen), die Anlage schon amortisiert, danach ist der Strom in Zukunft für Sie defacto "kostenlos". Und die mit grünem Wasserstoff betriebenen Gaskraftwerke versorgen uns im Winter, während der Dunkelflaute.
Aber, gibt es überhaupt genug Strom? Vince Ebert schreibt nein "...für ein mittleres Kohlekraftwerk ... eine Fläche von ganz Düsseldorf ..." müsste mit PV-Module zugepflastert werden. Da ist selbst dem Kölner klar, das ist viel. Aber hey, Hand auf Herz, was stören die Dinger auf den Dächern von Düsseldorf, wenn die Dächer doch sowieso da sind. Zusätzlich Platz nehmen diese jedenfalls nicht weg und machen keinen Lärm. 0,07€/kWh betragen die Sonnenstrom-Gestehungskosten aktuell (Quelle: Statistica), spottbillig! Die Windenergie ist mit 0,06€/kWh sehr vergleichbar (Quelle: Statistica). Nutzen wir Power-to-Gas (Danke, Herr Prof. Sterner) und speichern den Strom als grünen Wasserstoff in den Gasspeichern, sind wir da wo wir hinwollen. Dunkelflaute ade, billiger Strom für alle. Doch Vince Ebert, der bei Kernenergie und -fusion so optimistisch ist, gibt dem technologischen Fortschritt im Power-to-Gas keine wirkliche Chance. Echt jetzt, schon einmal hat DEUTSCHLAND (sehen Sie, Groß-Deutschland) gezeigt, dass er in kriegsrelevanten Mengen Wasserstoff und CO2 zu Treibstoffen für Verbrennungsmotoren umwandeln kann. Heute verflüssigen wir keine Kohle mehr dafür, sondern nutzen elektrischen Strom. So what, technologieoffen ist Vince Ebert eben nur in eine Richtung.
"Haben wir den Strom denn überhaupt, wo soll der denn herkommen?" Am 12. Dezember 2022 schrieben einige Medien (12. Dezember 2022, Quelle: RND), dass eine Energiemenge von 5800GWh an Strom den deutschen Erzeugern vergütet aber nicht genutzt wurde. Schon wieder Einheiten, 5800GWh = 5,8TWh, d.h. 1% des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland, einfach ungenutzt, verschwendet, aber bezahlt (schwarze Null, wo bist du?). In grünen Wasserstoff verwandelt könnten wir mit dieser Energiemenge heute, jetzt, sofort auch bayerische und baden-württembergische Wohnungen und Häuser mit Licht und Wärme versorgen, ohne eine einzige neue Hochspannungsleitung. Genug Energie für rund 6000 Jumbo-Transatlantikflüge (5 Liter/100km mit 300 Passagieren, Quelle: Lufthansa) oder 45000 (80qm, 12800kWh/a, Quelle: EON) Wohnungen, wenn es uns gelänge auch nur 10% dieser Strommenge in grünen Wasserstoff umzuwandeln. Die 45000 Wohnungen könnten das Gas zudem kostenlos bekommen, denn bezahlt ist es durch die EEG Umlage ja schon. Damit könnten wir unsere ärmeren Haushalte als Gesellschaft unterstützen, die die keine Dachflächen besitzen und bei denen die Sonne nicht so hell scheint. Wäre doch was, oder?
Sorry, aber der Physiker Vince Ebert ist unter die Populisten gegangen. Dual Fluid Reaktoren als eine zukunftweisende Technologie "zu vermarkten"
oder unkritisch die Kernfusion als Zukunftsenergie zu sehen ist mehr als optimistisch. Am Lawrence Livermore National Laboratory gelang es Anfang Dezember 2022 einen Überschuss von 3.2 MJ durch Kernfusion zu erzeugen. Wow, MJ. Umgerechnet jedoch in kWh entspricht dies 0.89kWh. Das können wir in deutschen Pumpspeicher einlagern oder auch in einen großen e-Bike Akku. Ein Durchbruch, wenn man den Medien oder unserer derzeitigen Forschungsministerin glaubt. Jedoch benötigten die Laser, um 0.89kWh an Fusionsenergie zu erzeugen, 100-mal mehr an Energie um die Fusion zu zünden.
Also eine Effizienz von 1%. So gut wie die Photosynthese, prima. Weitermachen, aber keine Weltenrettung in den nächsten 10 bis 30 Jahren.
Doch Vince Ebert will auch nicht die Welt retten. Wir sollten seiner Auffassung nach einmal überlegen das ganze Geld, das für die Klimarettung verschwendet wird, doch lieber gleich in die Anpassung an die veränderten Umweltbedingungen investieren. Herrn Björn Lomberg sieht er als leuchtendes Vorbild bei diesen Überlegungen. Tja, wir könnten dies wahrscheinlich in Deutschland, wir sind auch wohlhabend, aber die armen Menschen in fernen Ländern saufen einfach ab. Soweit geht Vince Eberts Mitgefühl mit armen Menschen, außerhalb Deutschlands, nicht.
Sparen Sie sich einfach das Geld, das Buch lohnt nicht für die Zukunft. Und lassen Sie besser nicht Vince Ebert für sich denken!
In diesem Sinne.
Ein im wahrsten Sinne des Wortes brennendes Thema geht der Autor mit kritischem, aber auch satirisch-ironischem Blick an. Viele Fakten kann er uns als Physiker präsentieren. Wer weiß zum Beispiel schon, daß die pessimistischen Vorhersagen des Club of Rome von 1972 in keiner Weise eingetreten sind? Oder daß das Wort “Klimakatastrophe” in den Analysen und Berichten des Weltklimarates nicht vorkommt? Vince Ebert will zum eigenen Denken und kritischen Hinterfragen anregen, er wirbt für mehr Offenheit für die Fähigkeit freier Forschung und Entwicklung, die durchaus imstande sein können, viele unserer Umweltprobleme zu lösen. Nicht zuletzt beleuchtet er auch die speziell deutsche Art, die Welt retten zu wollen bzw. psychologische und zeitgeschichtliche Hintergründe für manch irrationale Denkfallen beim Thema Klimaschutz.
Kurze Frage zu unserer Seite
Vielen Dank für Ihr Feedback
Wir nutzen Ihr Feedback, um unsere Produktseiten zu
verbessern. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir Ihnen keine Rückmeldung geben können. Falls Sie
Kontakt mit uns aufnehmen möchten, können Sie sich aber gerne an unseren Kund*innenservice wenden.