Ausgezeichnet mit dem Prix Goncourt – Mohamed Mbougar Sarrs großer Roman über die Suche nach einem verschollenen Autor
Mohamed Mbougar Sarr erzählt virtuos von der Suche nach einem verschollenen Autor: Als dem jungen Senegalesen Diégane ein verloren geglaubtes Kultbuch in die Hände fällt, stürzt er sich auf die Spur des rätselhaften Verfassers T.C. Elimane. Dieser wurde in den dreißiger Jahren als „schwarzer Rimbaud“ gefeiert, nach rassistischen Anfeindungen und einem Skandal tauchte er jedoch unter. Wer war er? Voll Suchtpotenzial und unnachahmlicher Ironie erzählt Sarr von einer labyrinthischen Reise, die drei Kontinente umspannt. Ein meisterhafter Bildungsroman, eine radikal aktuelle Auseinandersetzung mit dem komplexen Erbe des Kolonialismus und eine soghafte Kriminalgeschichte. Ein Buch, das viel wagt – und triumphiert.
Diégane Latyr Faye ist ein junger senegalesischer Autor, der in Paris eigentlich sowohl an seiner Doktorarbeit als auch an seinem zweiten Roman sitzt und durch Zufall ein Buch in die Hände bekommt, nach dem er schon seit Langem gesucht hat: T. C. Elimanes „Das Labyrinth des Unmenschlichen“, das 1938 als dessen Debüt erschien und für Wirbel in der Pariser Literaturszene sorgte. Der Autor, ebenfalls aus dem Senegal stammend, wurde als „schwarzer Rimbaud“ bezeichnet, denn natürlich konnte sein Werk nur vor der Folie europäischer Literatur betrachtet werden. Doch nach rassistischen Verrissen und einem Skandal verschwanden sowohl Werk als auch Autor in der Versenkung. Entsprechend euphorisch ist Diégane, als er den Roman endlich lesen kann und ihn als ein Stück großartige Literatur erkennt. Er macht sich auf die Suche nach dem Autor, liest alte Kritiken, recherchiert in Archiven und spricht mit Menschen, die ihn kannten.
Trotzdem bleibt Elimane nicht greifbar, er wirkt wie ein Geist, der verschiedene Gestalten annehmen kann. Sarr hat seinen Roman als Labyrinth angelegt, er spielt mit verschiedenen Erzähl- und Zeitebenen, sodass ein konzentriertes Lesen notwendig ist. Durch die unterschiedlichen Erzähler*innen verändert sich auch Elimane ständig, er changiert zwischen verkanntem Genie und Racheengel, er ist Sohn, Liebhaber, Schriftsteller und mysteriöses Wesen gleichzeitig. In einem Labyrinth kann man sich leicht verlaufen, doch Sarr schafft es, uns als Leser*innen sicher wieder hinauszuführen. Dabei führt er alle Wege wieder zusammen, und am Ende habe ich mich gefragt, ob ich das schade oder genial finden soll. Spaß gemacht hat der Roman auf jeden Fall, es geht schließlich um Literatur in der Literatur und die Frage, ob es ein Buch geben kann, das alle anderen Bücher überflüssig macht. Und es geht um Kolonialismus und unseren Blick auf andere, um die Frage, wer über wen sprechen darf und wer vielleicht gar nicht erkennen kann, um was es geht.
Eine große postkoloniale Erzählung
Bewertung am 09.01.2023
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Suchst du eine große Erzählung, in die du eintauchen kannst? Ein Labyrinth, das dich in den Bann zieht, ausufernd, spannend, soghaft, episch, mit Humor, mit Libido, mit einem klaren Blick und einem Schuss Selbstironie?
Suchst du eine große Erzählung, die die Literatur selbst zum Gegenstand macht, die Liebe zum Lesen, zum Schreiben, die Betrachtung der Welt durch die Augen der Literatur?
Suchst du eine große Erzählung aus der Perspektive einer senegalesisch-pariser Figur, die sich weigert, rassistische Klischees zu bedienen, diese thematisiert, historisch einordnet und zurückspielt?
Dann greife zu diesem.
Konzentration braucht es schon, die Ebenen und Fährten dieses klugen Romans zusammen zu bringen. Doch es lohnt sich sehr, denn »Die geheimste Erinnerung der Menschen« führt eine fast altmodisch anmutende klassische etwas größenwahnsinnige Erzählung, die sowie europäischen, als auch lateinamerikanischen und westafrikanischen Erzählungtraditionen folgt, zusammen mit einem heutigen Sound, einem krimihaft aufgebauten Plot und einer kaum zu entgegnenden Kritik am Literaturbetrieb, der als Spiegel dient für eine rassistische postkoloniale Situation.
Gewidmet hat Sarr »Die geheimste Erinnerung der Menschen« Yambo Ouluguem, der mit »Das Gebot der Gewalt« 1968 als erster Afrikanischer Autor den Prix Renaudot gewann, dann mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert wurde und sich nach Mali zurückzog. Sarr spinnt aus ihm Elimane, der 1938 als erster afrikanischer Autor einen wichtigen Literaturpreis in Frankreich gewinnt, dafür gefeiert, angezweifelt, angefeindet und schließlich mit Plagiatsvorwürfen überzogen wird, ohne der Frage der Intertextualität nachzugehen. 80 Jahre später fällt dem jungen Autor Diégane Latyr Faye das phantastische Werk nebst Geschichten um den Autoren in die Hände und er folgt den fragmentierten Spuren, die sich anders als erwartet zusammenfügen.
2021 gewann der erst 31jährige Sarr mit diesem großartigen Traditionen, Zeiten und Perspektiven verpflechtenden postkolonialen Roman den wichtigen Prix Goncourt.
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Mein großer Buchtipp für Sie: Dieser Roman mit Suchtpotenzial. Es handelt von der Suche nach einem verschollenen Autor, kombiniert mit Ironie, Humor, Kultur, Rassismus, Kritik und dem Zeug zu einem Krimi.
Sarrs Schreibstil öffnet ganz neue Türen in die Welt bedeutsamer, tiefgründiger, grandioser Literatur. Es sind soviele wunderschöne Sätze in nur einem Buch. Und in jeden hätte ich mich verlieben können. Es ist ein Buch, das dich herausfordert. Es fordert dich dazu auf die Wahrheit rauszufinden und zu hinterfragen. Diese Geschichte ist ein Erlebnis und braucht deine volle Aufmerksamkeit und Konzentration.
Es ist ein Buch das ich nie mehr hergeben und am liebsten nochmal lesen will, obwohl ich es gerade erst beendet habe. Mein erstes Lesehighlight 2023!
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Ich gebe dir einen Rat: Versuche nie zu sagen, wovon ein großes Buch handelt - Zitat aus diesem Werk
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Es fängt so einfach an: Buch und Autor eines viel diskutierten Werkes verschwinden nahezu spurlos. Doch die Odyssee unseres Protagonisten Diégane beinhaltet so viel mehr als nur die Suche danach: Lieben und Leben mit bzw. durch die Literatur, politische Umwälzungen und wodurch diese ausgelöst werden, kulturelles Erbe undundund.
Zwischendrin erhebt sich eine Mystik und Spannung wie man sie in diesem Werk vielleicht gar nicht vermutet, und lenkt den Leser in viele verschiedene Richtungen, so dass man manchmal gar nicht weiß, wo das Buch mit einem hin will. Was dem Leseerlebnis jedoch keinen Abbruch tut.
Es erwartet Sie hier ein spannendes und auch lehrreiches Werk, das definitiv noch für längere Zeit im Kopf des Lesers herumspukt!
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