Im Spätherbst des Jahres 1941 ermorden die SS und ihre Helfer über 27000 Juden im Wald von Rumbula. Die Gruben, in denen die Menschen erschossen werden, konstruiert der SS-Offizier Ernst Hemicker. Verurteilt wird er dafür nie. Lorenz Hemicker wächst Jahrzehnte später mit einer vagen Ahnung auf, welches Verbrechens sich sein Großvater schuldig gemacht hat. Er kennt nur ein paar Sätze, die sein Vater bei jeder sich bietenden Gelegenheit im Freundes- und Bekanntenkreis wiederholt. Als beide nach Lettland reisen wollen, um mehr über die Taten von Ernst Hemicker zu erfahren, stirbt der Vater unerwartet. Für Lorenz Hemicker wird diese Zäsur der Beginn einer jahrelangen Suche nach den Spuren seines Großvaters. Sie führt ihn an den Ort des Massakers, zu Überlebenden des Holocaust in Riga und in die Tiefen deutscher Weltkriegsarchive. Dabei entsteht das Bild eines Mannes, der - wie viele andere mit ihm - vom Jedermann zum Täter wird und dessen Taten seinen Sohn und seinen Enkel noch lange über seinen Tod hinaus wie ein Schatten begleiten.
Eine bewegende, fesselnd erzählte Recherche - mitten hinein ins Herz der Fragen von deutscher Schuld und dem Wissen darum in den Familien.
Mein Fazit:
Mit dem Autor auf Spurensuche nach den Verbrechen seines Großvaters Ernst Hemicker … ein unglaublich trauriges und emotionales Buch, das bewegt und nachdenklich macht. Schonungslos offen beschreibt der Autor den Weg von seinem Großvater: vom" Mensch", als Familienvater, zum fanatischen Nationalsozialisten, zum mehrfachen Mörder, zum Ankläger, der aber für seine Taten nie angeklagt wurde. Wie oft habe ich an meinen Opa gedacht, ob auch er sich schuldig gemacht hat. Aber er war nie bereit über den Krieg zu sprechen. Die Menschen wurden gefragt, ob sie nichts von der Ermordung der Juden mitbekommen haben, fast alle streiten es ab. "Man hätte doch etwas dagegen getan, nicht weggeschaut, den Menschen geholfen …" Es waren die wenigsten, die sich aufgelehnt und Juden versteckt haben, immer den Tod im Nacken und die Angst vor Entdeckung.
Die Zeitreise, die der Autor als Enkel des Mörders durchlebt, ist sehr interessant, für ihn moralisch zum Teil verwerflich, sehr berührend, aber die Vergangenheit aufzuarbeiten ist auch manchmal sehr befreiend.
Die Recherchen sind sehr authentisch, gut in die Geschichte eingebaut und es fließen sehr persönliche Daten und Gedanken in die Geschichte ein. Es ist eine Familiengeschichte, die es mit Sicherheit sehr viele gibt. Die Gräueltaten seines Großvaters am Massaker in Rumbula Ende 1941, sind sehr aufwühlend und man möchte sich gar nicht vorstellen, was diese Menschen erdulden mussten, bevor sie ermordet wurden. Sie mussten sich mit dem Gesicht zu den Toten drehen, teilweise auf ihnen stehen und wurden mit einem Genickschuss getötet. Alte, Kranke, Frauen und Kinder... nur, weil sie dem jüdischen Glauben angehörten. Einfach nur beklemmend und traurig.
Aber in vielen Familien werden die Taten der Kriegsgeneration tot geschwiegen, man möchte nicht daran erinnert werden, oder man schämt sich einfach, was damals passierte. Ein wundervolles Buch voller Emotionen, für den Autor und die Leserschaft.
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