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"Wer ist denn nun der Ignorant?"
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Diese Frage stellt sich der Autor provokant auf Seite 120 dieses wirklich interessanten Textes. Ich habe mich das schon viel früher gefragt. Seitenlang analysiert Peter Modler den Schlagabtausch zwischen den Präsidentschaftskandidaten Clinton und Trump vor der letzten US-Wahl. Und natürlich ist Trump der Ignorant. Damit reiht si... Diese Frage stellt sich der Autor provokant auf Seite 120 dieses wirklich interessanten Textes. Ich habe mich das schon viel früher gefragt. Seitenlang analysiert Peter Modler den Schlagabtausch zwischen den Präsidentschaftskandidaten Clinton und Trump vor der letzten US-Wahl. Und natürlich ist Trump der Ignorant. Damit reiht sich Modler in den üblichen Zirkus ein, der Trump unterstellt charakterschwach und unterbelichtet zu sein. Wie all die anderen Zeitgenossen, die den Sieg Trumps erst nicht vorausgesehen hatten und dann nicht wahrhaben wollten, ist auch Modler in diesem Buch ein lustiges Opfer seines eigenen geistigen Framings. Er stellt die Lage etwa so dar: Im Präsidentschaftswahlkampf geht es um Argumente, die man brav austauscht, damit dann die Zuschauer letztlich die für sie überzeugendere Variante wählen können. Hillary Clinton argumentierte und war immer gut vorbereitet. Sie hatte auch vorher mit ihrem Team auch fleißig trainiert. Und überhaupt ist sie die Gute. Der Trump hingegen wollte da einfach nicht mitmachen, was wieder einmal beweist, was für ein schrecklicher Mensch er ist. Lässt man einmal das Modler-Framing weg, dann stellt sich die Sache ganz anders dar. Lustigerweise ist auch dem Autor irgendwann ein Licht aufgegangen, denn sonst hätte er nicht dieses Buch geschrieben. Seit wann geht es denn in Wahlkämpfen oder Polit-Debatten um Argumente? Man muss sich nur die fürchterlichen Talk-Shows im deutschen Fernsehen antun, um zu verstehen, dass es weniger um Argumente, sondern mehr um Deutungshoheit geht. Für Argumente ist dieses Format nicht geschaffen, denn die Teilnehmer stehen unter einem enormen Zeitstress, müssen also in sehr kurzer Zeit überzeugen. Aber selbst wenn genug Zeit wäre, würden Argumente das Publikum eher weniger interessieren, weil sie langweilen. Frau Clinton hat diese einfache Sachlage nicht verstanden, der böse Donald aber sehr wohl. Damit klärt sich sofort die Frage, wer denn nun der wirkliche Ignorant ist. Auf Seite 46 findet man bei Modler die Einsicht, dass Clinton mit irgendeiner "durchdachten politischen Analyse … mit Sicherheit 90 Prozent ihres Publikums langweilt“. Trump hingegen nutzt hinterlistig "Basic und Move-Talk". Er erspart sich also komplizierte Sätze, sondern bildet einfache und klare Aussagen, immer mit weniger als zehn Worten und ohne Nebensätze. Darüber hinaus okkupiert er den Raum (Move-Talk), den Clinton freigibt. In Modlers Framing "bewegt sich" Clinton irgendwo hin, während Trump im Hintergrund den freigewordenen Raum nutzt und "latscht" oder "herumstrolcht". Wer sich schon einmal mit asiatischen Kampfkünsten beschäftigt hat, wird sofort erkennen, was Trump macht. Statt sich in irgendwelchen nicht zielführenden Übungen zu verlieren, antwortet er kurz und knackig, nutzt den freigewordenen Raum konsequent und schreitet voran, wenn die Gelegenheit da ist. Dabei nutzt er die Energie des Gegners für seine eigenen Zwecke. Irgendwie scheint das auch Modler begriffen zu haben, denn er zeigt sich entsetzt über das Verhalten der angeblich überlegenen Kandidatin und kommt nicht umhin, Trump zu loben, auch wenn der ihm höchst widerwärtig ist: "Der Ignorant triumphiert in seiner ganzen Kunst!" Menschen wollen in solchen Wahlkämpfen unter anderem auch sehen, wer über die Führungskraft verfügt, die man für ein hohes Amt braucht. Das liegt einfach in unseren Genen. Sieht man einmal von Modlers Selbsttäuschung ab, so ist ihm ein durchaus interessanter und lehrreicher Text gelungen, der insbesondere mit der Analyse des Clinton-Trump-Schlagabtausches überzeugt. Im Rest des Buches versucht Modler seine Erkenntnisse alltagstauglich zu machen. Das ist der eher schwächere Teil des Buches. Leider verwechselt Modler in seinem Buch einige Sachverhalte. Man könnte zum Beispiel den Eindruck gewinnen, dass er glaubt, Trump könne nicht argumentieren. Vielleicht hat Trump aber einfach nur besser verstanden, wann er wie auftreten muss, um sich durchzusetzen. Immerhin findet man im Buch einige Vorschläge, wie Clinton viel besser ausgesehen hätte. Oder allgemeiner gesagt, was man Leuten entgegensetzen sollte, die in gewissen Situationen mit Basic- und Move-Talk-Varianten auftreten. Wenn man den Text also vom Framing des Autors befreien kann und ihn unvoreingenommen liest, dann ist er sehr lehrreich.
Mit Ignoranten sprechen
Wer nur argumentiert, verliert
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eBook
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Beschreibung
Wenn Donald Trump hinter dem Rücken von Hillary Clinton Grimassen schneidet, wenn der Chef jeden wohlformulierten Einwand mit einem Dreiwortsatz kontert oder die Kollegin mit großer Geste den Konferenztisch dominiert - dann sind das klare Machtbotschaften. Nie geht es im Gespräch nur um Argumente, manche Menschen verzichten sogar ganz auf sie. Doch dagegen kann man sich wappnen.
Der renommierte Coach und Bestsellerautor Peter Modler analysiert Situationen in Politik und Unternehmenswelt, in denen die Machtspieler die Oberhand haben. Am Ende formuliert er zehn konkrete Widerstandsregeln. Schlagen Sie die Ignoranten mit ihren eigenen Waffen: Es ist alles eine Frage der Technik!
Peter Modler betreibt seit 1998 in Freiburg i. Br. eine eigene Unternehmensberatung mit Schwerpunkt Firmensanierungen und Coaching. Über 2000 Führungskräfte haben an seinen Workshops und Trainings teilgenommen. Bekannt geworden ist er als Erfinder des »Arroganz-Trainings® für führende Frauen«. Zuletzt erschien von ihm »Die freundliche Feindin« (2017).
Produktdetails
Format | ePUB i |
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Kopierschutz | Ja i |
Family Sharing | Nein i |
Text-to-Speech | Ja i |
Seitenzahl | 224 (Printausgabe) |
Erscheinungsdatum | 21.08.2019 |
Sprache | Deutsch |
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EAN | 9783593442570 |
Verlag | Campus Verlag |
Dateigröße | 3029 KB |
Verkaufsrang | 67039 |