Der Glöckner von Notre-Dame erzählt die dramatischen Geschehnisse um die verführerische Esmeralda, den mißgestalteten Glöckner Quasimodo und den düsteren Dompropst ClaudeFrollo. Schauplatz von Victor Hugos Meisterwerk sind Paris und die Kathedrale Notre-Dame im ausgehenden 15. Jahrhundert.
Die Tragik der Figuren in historischer Kulisse
Victor Hugos Roman "Der Glöckner von Notre-Dame" unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von der bekannteren Disney-Interpretation. Anders als die verklärte und vereinfachte Zeichnung der Charaktere im Film zeigt der Roman die Figuren in all ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit. Insbesondere die düstere und tragische Handlung, die dramatisch in einem traurigen Ende gipfelt, weicht stark vom Disney-Film ab und entfaltet ein tiefgreifendes Bild der menschlichen Abgründe und sozialen Missstände des historischen Frankreichs.
Die ersten 100 Seiten des Romans gestalten sich eher zäh; Hugo verliert sich häufig in ausführlichen Beschreibungen und historischen Exkursen, was den Lesefluss hemmt und die eigentliche Handlung nur langsam in Gang kommen lässt. Auch die veraltete Sprache mit zu Beginn vielen lateinischen Wendungen trägt ihren Teil bei. Gerade am Anfang fällt es schwer, einen roten Faden zu finden, und die Zusammenhänge bleiben erst unklar.
Etwa ab Seite 100 nimmt die Handlung an Fahrt auf, und man kann der Geschichte um Esmeralda, den zwiespältigen Priester Dom Frollo, den Hauptmann Phoebus und den verstoßenen Glöckner Quasimodo leichter folgen. An die Sprache gewöhnt man sich bald und die lateinischen Exkurse werden weniger.
Thematisch geht es um die Gegensätze zwischen oberflächlicher und wahrer Liebe, um die Diskrepanz zwischen äußerer Schönheit und inneren Werten sowie um Fragen des Zölibats und die Vorurteile der Gesellschaft. Hugo scheut nicht davor zurück, unbequeme Themen wie Armut, soziale Ausgrenzung und die damals weit verbreitete Hexenverfolgung zu thematisieren. Insbesondere die Vorurteile gegenüber Esmeraldas Gemeinschaft der Fahrenden und die Darstellung von Folterszenen und kriegerischen Auseinandersetzungen unterstreichen den düsteren Charakter des Romans.
Die Kritik an König Ludwig XI. wird eher gegen Ende des Romans aufgegriffen. Hugo zeigt ihn als machthungrigen und korrupten Herrscher, der wenig Empathie für die Not seines Volkes zeigt.
Die Charakterzeichnungen sind teils sehr klischeehaft. Esmeralda wird als schüchtern dargestellt, von Liebe geleitet, aber auch oft hilflos und wiederholt auf Rettung angewiesen. Im Gegensatz dazu wirkt der Hauptmann Phoebus oberflächlich und auf seinen eigenen Vorteil bedacht, ohne tiefere Empathie für Esmeralda, zumal er bereits verlobt ist. Quasimodo, der Ausgestoßene, weckt dagegen schnell die Sympathien des Lesers, auch wenn die anderen Figuren ihn nicht im selben Maße als positiv wahrnehmen.
Neben der packenden und tragischen Handlung sind auch die historischen Schauplätze faszinierend: Einige der im Roman beschriebenen Orte, darunter die Kathedrale Notre-Dame, existieren bis heute und können besichtigt werden, was dem Roman eine besondere Authentizität verleiht.
Am Ende des Romans finden fast alle Figuren ein tragisches Schicksal. Nur Esmeraldas Ziege Djali entkommt ihren Häschern, ein kleiner Funken Hoffnung in einer sonst düsteren Erzählung des historischen Paris'.
Natürlich handelt es sich hier um Weltliteratur. Und natürlich wird man irgendwann mal neugierig auf solche.
Vielleicht versuche ich es das nächste Mal mit einer etwas "frischeren" Übersetzung, denn irgendwie ist es doch sehr anstregend, den Glöckner in so einer alten Übersetzung zu lesen.
Aber da ich kein Französisch kann, kann ich nicht beurteilen, ob diese Übersetzung vom Sprachrhythmus und -gefühl nicht sogar am nähsten an Original dran ist.
Daher immer noch vier Sterne.
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