Koller ist nicht nur ein Name, sondern auch ein Zustand. Und der wird fast zum Dauerzustand, als Chris und Koller aufeinanderprallen: Koller will immer mit dem Kopf durch die Wand und denkt sowieso, alles sei ganz einfach. Chris denkt zu viel nach und spricht zu wenig aus. Chris weiß noch nicht einmal, wie Koller mit richtigem Namen heißt, da sitzen sie schon nebeneinander in einem klapprigen Polo II und fahren los. Was ein Kurztrip an die Ostsee werden soll, wächst sich zu einem Roadtrip aus, der sich gewaschen hat: über Ludwigsburg, das überflutete Ahrtal, das sagenumwobene Hannahhausen, den Acker eines blutrünstigen Treckerfahrers - bis die beiden schließlich das Kaff am Meer erreichen, das Kollers Refugium ist, und wo das Vorhaben, einen Fischteich neu anzulegen, gleichermaßen Scheitern und Erlösung verspricht.
Koller ist keine Liebesgeschichte, aber eine Geschichte über Liebe. Über die Suche nach Zugehörigkeit, Freiheit und Selbstbestimmung. Rasant und mit entwaffnender Direktheit erzählt Annika Büsing von Menschen, die herausfinden müssen, was sie wirklich vom Leben wollen und warum sie den Erwartungen anderer entkommen müssen, um es zu erreichen.
Chris lernt Koller kennen und noch bevor er sich sicher ist, ob Koller sein richtiger Name ist, erleben die beiden innerhalb einer Woche mehr zusammen als andere in jahrelangen Beziehungen. Ursprünglich war der Plan, an die Ostsee zu fahren, Koller erwähnt beiläufig seine Verbindung zu dem Ort. Dass der Ausflug einen Einblick in seine Kindheit bietet und noch weitere private Details enthüllen wird, ahnen beide nicht. Schnell wird Chris klar, warum Koller so ist, wie er eben ist. Während Chris aufgrund seiner distanzierten Mutter eher rational handelt, macht Koller seinem Namen alle Ehre und zeigt offen seine Emotionen. Obwohl zwei verschiedene Welten aufeinander treffen, passt es irgendwie, wenn auch vielleicht nicht für immer, zumindest für diesen ausgedehnten Roadtrip.
Als Leser*in kann man sich genauso wenig der mitreißenden Art von Koller entziehen wie Chris. Obwohl man spürt, dass ein Leben mit ihm alles andere als stressfrei sein kann, bleibt man gefesselt. Was als unscheinbare Begegnung beginnt, entfaltet sich wie der Schmetterlingseffekt zu etwas Großem und wirft viele Fragen über das Leben auf. Besonders gelungen ist, dass diese Fragen nicht nur aus der Perspektive einer einzelnen Generation gestellt werden, sondern auch andere Altersgruppen einbezogen werden. Ungewöhnlicherweise wird der Fokus an einer Stelle auf die Geschichte von Kollers verstorbener Großmutter gelegt, obwohl sie in der erzählten Gegenwart nicht mehr lebt. Auch Chris eigene Vergangenheit kommt nicht zu kurz und wir erfahren, wie seine wissenschaftlich engagierte Mutter überhaupt zu einem Kind gekommen ist. Während wir als Leser viele Einblicke erhalten, scheinen Koller und Chris kaum ernsthafte Gespräche zu führen, die nicht ausarten. Das macht ihre Beziehung, sofern man sie als solche bezeichnen kann, nicht unbedingt plausibel. Dennoch ist die Dynamik zwischen den beiden Hauptfiguren für den Roadtrip entscheidend und treibt einen zum Weiterlesen. Spannend ist auch die Einbeziehung der Hochwasserkatastrophe von 2021, die sich zu den vielen persönlichen Katastrophen im Leben der beiden dazu gesellt. Der direkte Stil passt wunderbar zu den beiden und man schließt diese Gegenpole doch sehr ins Herz.
Schon mit ihrem Erstling „Nordstadt“ hatte mich Annika Büsing vollkommen erreicht und auch irgendwie verzaubert. Denn diese Schreibe, diese einfach wirkende Sprache hat etwas, sie trifft sofort mitten ins Herz und diese auf den ersten Blick einfach wirkenden Zeilen erzeugen eine Tiefe, die mitreißt. „Nordstadt“ war ein dünnes Buch, aber es hatte eine Wirkung wie ein Orkan!
Deshalb war ich sofort angeknipst, als ich von „Koller“ hörte. Die Info zur Bestellung des Buches an den Buchladen meiner Wahl war die logische Schlussfolgerung nach der Lektüreerfahrung von „Nordstadt“.
Und ich wurde nicht enttäuscht. Auch mit „Koller“ trifft mich Annika Büsing wieder. Wieder geht es um die Liebe und wieder geht es um Gegensätze und wieder versprüht dieses Buch einen immensen Zauber. Definitiv ein Lesehighlight! Und ich habe eine weitere Lieblingsautorin. Dies nach zwei Büchern zu sagen, ist zwar etwas gewagt, aber diese Intensität, die Frau Büsing hier in diesen beiden dünnen Büchern erzeugt, ist immens. Und Annika Büsings Blick auf ihre Charaktere zeigt mir eine gewisse Ähnlichkeit in unserem Denken. Was natürlich gewürdigt werden muss und gleichzeitig eine Neugier auf die hoffentlich noch kommenden Werke aus ihrer Feder erzeugt.
Chris und Koller, ein Denker und ein Macher prallen hier in dem neuen Werk von Annika Büsing aufeinander. In einem Roadtrip durch Deutschland und zu sich selbst erobern die beiden Akteure mein Herz und Annika Büsing zeigt in diesen Protagonisten einen Blick auf das Wichtige im Leben. Dieses Wichtige in unseren kurzen Leben, dieses Wichtige, was wir in unserer Gesellschaft, in den Erwartungen der Anderen so schnell vergessen können. Was wir aber nicht vergessen sollten, denn am Ende sollte man nicht bedauern, etwas nicht getan zu haben, sondern eher sagen können, es war schön, ich komme gern wieder. Viva la Vida! Wie eine von mir hoch geschätzte Künstlerin einst sagte und genau nach diesem Grundsatz ein Leben voller Schmerzen und Intensität führte. Chapeau dafür! Für die Haltung dieser Künstlerin und für dieses wunderschöne kleine Buch von Annika Büsing.
Unbedingt lesen! Also „Nordstadt“ und „Koller“ natürlich!
Ich liebe dieses Buch. Es gehört zu den besten Büchern, die ich dieses Jahr gelesen habe. Ich finde einfach toll, dass sie nach Hannahhausen fahren. Eine Road Novel, in bestem Schreibstil! Lest es!
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Bei Birte hatten sie mich. Anfangs blieb ich noch auf Distanz zu "Koller" und vor allem zu Erzähler Chris, der mir persönlich zu sprunghaft unterwegs war. Doch als er und Koller auf dem Road Trip durch Deutschland ihr Kennenlernen nachholen und versuchen, die jeweilige Vergangenheit mit der Gegenwart und einer möglichen Zukunft in Einklang zu bringen, wuchs mir dieser kurze Roman doch sehr schnell ans Herz. Ich mochte die Charaktere, besonders die Nebenfiguren, gerade wegen ihrer Ecken und Kanten. (Wer Filme mag, sucht praktisch während des Lesens Schauspieler*innen für Gastauftritte in diesem irren Road Movie heraus.) Und dann, gefühlt mittendrin, als der Roman langsam bei sich selbst anzukommen scheint, ist es auch schon vorbei. Fast schade, dass Annika Büsings Bücher so kurz sind. Aber konsequent erzählt. Muss ich es halt nochmal lesen. Klare Empfehlung!
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