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Winfried Ulrich

Prof. Dr. phil. Dr. h.c. mult. Winfried Ulrich lehrte bis 2006 Germanistische Linguistik und Didaktik der deutschen Sprache an der Universität Kiel, vorher an den Pädagogischen Hochschulen Reutlingen und Kiel. Er war Prorektor und Rektor der PH Kiel sowie Dekan der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel, Gastprofessor an der University of Arizona in Tucson, der University of Queensland in Brisbane und der Monash University in Melbourne sowie an den Universitäten Yamaguchi, Kagoshima und Hiroshima in Japan. Die Universitäten Tallinn/Estland und Szeged/Ungarn verliehen ihm die Ehrendoktorwürde.
Er ist Verfasser von Büchern und Aufsätzen zur Linguistik und Sprachdidaktik, Herausgeber und Autor von Schulbüchern, Mitherausgeber der Fachzeitschrift „Deutschunterricht" sowie Herausgeber des elfbändigen Handbuchs „Deutschunterricht in Theorie und Praxis" = DTP

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Scheinbar oder anscheinend?

Scheinbar oder anscheinend?

- Anregungen und Arbeitsblätter für den Deutschunterricht und das Studium der deutschen Sprache -

Die Ähnlichkeit sprachlicher Einheiten ist bisher im Blick auf ihre Erscheinungsformen und ihre kommunikative Wirkung sowohl in der Sprachwissenschaft als auch in der Sprachdidaktik und damit im Germanistikstudium und im Deutschunterricht viel zu wenig beachtet worden. Dabei ist sie lernpsychologisch und für das konkrete sprachliche Handeln von großer Bedeutung. Sie fordert zur Detailgenauigkeit bei der Wahrnehmung von Sprache auf und schärft die Sinne für die Beachtung formaler und inhaltlicher Gemeinsamkeiten und Unterschiede sprachlicher Ausdrücke. Dabei täuschen gemeinsame Merkmale Gleichheit und Austauschbarkeit vor. Umso wichtiger ist deshalb die Konzentration auf die mehr oder weniger großen Unterschiede. So darf man sich z. B. durch ähnliche Aussprache und ähnliche Schreibweise einzelner Wörter nicht irritieren lassen, sondern muss Unterscheidungsschreibungen und Variantenschreibungen beachten. Auch hilft eine kontrastive Untersuchung "falscher Freunde" und "falscher Brüder", Verwechslungen und dadurch hervorgerufene Unklarheiten und Missverständnisse zu vermeiden. Die Wahlmöglichkeit zwischen ähnlichen Ausdrücken erlaubt außerdem eine Variation der Formulierungen und die Präzisierung von Aussagen, wie auch deren Bekräftigung oder Erweiterung durch variierende Ergänzungen. Zitate können ungewollt oder absichtlich nur noch ähnlich und damit verfälscht sein. Andererseits kann man durch eine kreative semantische "Umbiegung" von Wörtern, Sätzen und Texten ganz besondere Wirkungen erzielen, komische Neuwörter bilden sowie Antitexte (Parodien, Antisprichwörter, Antimärchen) interpretieren und verfassen. Umgekehrt kann man Volksetymologien und Verballhornung durchschauen und korrigieren. Und schließlich schärft ein "Ähnlichkeitstraining" im Unterricht den Blick auf die Unterschiede zwischen standardsprachlichen Ausdrucksweisen und ihren umgangssprachlichen und fachsprachlichen Entsprechungen sowie deren jeweilige Angemessenheit in der Verwendung.
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