Es ist dieser Moment, den Anna wahrnimmt, um Ludwig, mit dem sie seit acht Monaten zusammen ist, ohne dass jemand davon weiß, zu sagen, was sie ihm nie gesagt hat. Von den Brüchen in ihrem Leben hat sie nicht gesprochen, nicht von dem Selbstmord des Vaters, nicht von der depressiven Mutter im Altersheim, nicht von Südafrika, wo sie lange gelebt hat, den Drogen, den Partys, der Gewalt, dem Schmerz. Das alles passte nicht in Ludwigs Welt, die sich um Macht und Erfolg, um den richtigen Style und die angesagte Musik drehte und aus der alles ausgeblendet wurde, was den schönen Schein der Oberfläche stört. Aber jetzt ist auch in Ludwigs System etwas aus dem Ruder gelaufen und er, der Überflieger, Redakteur für besondere Aufgaben bei einem Hamburger Gesellschaftsmagazin, der immer eine Antwort hat, der einsam, verschroben, fleißig und elitär ist, hat Schlaftabletten genommen, vielleicht eine Überdosis, Anna weiß es nicht. Sie sitzt wie Scheherazade an seinem Bett und erzählt. Hört er es?
Melancholische Stimmung und ein Monolog, den Anna mit ihrem scheinbar bewusstlosen Freund, Ludwig, führt. Aus Annas Schilderungen erfährt der Leser, wie oberflächlich die Beziehung zwischen ihr und Ludwig sein muss, wie wenig Ludwig eigentlich über Anna weiß. Vieles erzählt sie erst jetzt, da sie es bisher immer aus Scham vor ihm verschwiegen hat. Sie erzählt von ihrer Zeit als DJane in Südafrika, wo sie lange Zeit lebte. Sie erzählt von ihrer psychisch kranken Mutter, die den Selbstmord des Vaters nie verkraftet hat und in einem Heim lebt. Sie erzählt von ihren regelmäßigen Besuchen in diesem Heim, von den Begegnungen mit Drogen, die sie in Südafrika gemacht hat und von den Freunden, die diese Drogen ihr nahmen.
All das kann Anna ihrem Freund Ludwig erst jetzt offenbaren, in einem Moment der Benommenheit. Viel zu sehr auf äußeres, auf Styles bedacht, hätte Ludwig in wachem Zustand niemals ein Ohr für Annas Sorgen, Ängste und Geheimnisse gehabt.
Warum Anna diese Art von Selbstgespräch führt und ob Ludwig schläft, bewusstlos oder sogar tot ist, das offenbart sich dem Leser erst stückchenweise im zweiten Teil des Buches. Unter dem Titel: Der Tag zuvor sollte sich für den Leser lichten, wie es zu dem seltsamen Gespräch kam.
Ich konnte diesem Buch nicht wirklich entnehmen, was die Autorin nun genau mit ihrer Erzählung rüberbringen wollte. Ob es um die Oberflächlichkeit der Menschen in einer schnelllebigen Zeit oder eher um eine Liebesgeschichte zweier extrem unterschiedlicher Charaktere ging, blieb für mich bis zuletzt ein Rätsel. Zwar fand Arezu Weitholz einfühlsame Worte und es gelang ihr, eine Art von Melancholie zu erschaffen, die ich beim Lesen schier spürte, da mir aber der eigentliche Sinn verborgen blieb, konnte auch diese erzeugte Stimmung nicht darüber hinweghelfen, dass ich mit dem Buch eher weniger anfangen konnte.
Für mich wird diese Begegnung mit der Autorin wohl leider eine Ausnahme bleiben und auf meiner persönlichen Bewertungsskala von fünf Sternen, bleiben auch nur maximal zwei für dieses Buch übrig.
Von der Liebe und mehr
Wortschätzchen aus Kreis HD am 09.03.2021
Bewertet: Buch (Kunststoff-Einband)
Dieses Buch ist nicht wirklich leichte Kost. Es fordert, aber es fördert auch. Zentrale Themen sind Liebe und Selbstmord. Anna sitzt am Bett von Ludwig, der nach einer Überdosis Tabletten im Koma liegt. Warum hat er das getan? Sie redet wie Scheherazade auf ihn ein erzählt ihm all das, was sie in den acht Monaten ihrer Beziehung, die nach Ludwigs Wunsch geheimgehalten werden musste, nicht erzählen durfte. Im zweiten Teil erfahren wir mehr von Anna und auch von Ludwig, es ist eine Zeitreise zurück in die Zeit vor diesem Vorfall. Und wir merken: Anna ist ein wunderbarer Mensch, der so viel zu erzählen hätte, wenn sie doch nur könnte. Ihre Sorgen und Ängste kann sie niemandem anvertrauen. Dabei würde gerade Ludwig so viel gewinnen, würde sie erzählen und er zuhören. Schnell merkt man, Ludwig hat ein total übersteigertes Selbstwertgefühl, wohingegen Anna absolut komplexbeladen ist und stark unter Minderwertigkeitsgefühlen leidet. Schon daher passten die beiden nie wirklich zusammen. Ludwig will Anna stylen, sie innerlich und äußerlich formen. Dabei ist Anna nahezu perfekt, Ludwig selbst jedoch könnte eine Überarbeitung in jeder Hinsicht sehr gut brauchen. Annas bester Freund Hannes wäre ein perfekter Partner für sie, denn er versteht sie, er kennt sie, er weiß, wie er sie aufmuntert und er kennt ihre Reaktionen. Doch Liebe ist nicht logisch. Und Anna bringt es auf den Punkt: Am Ende geht es um den Moment.
Arezu Weitholz zeichnet Anna und die anderen Protagonisten so klar, dass man vergisst, dass es Romanfiguren sind. Gerade Anna möchte ich sehr gerne kennenlernen wäre sie denn eine reale Person. Mich hat das Buch sehr berührt, auch wenn es Stellen gab, die ich nicht nachvollziehen konnte und auch Stellen, die mich lachen ließen. Ich habe es an einem Stück gelesen weil der Stil sehr flüssig ist (trotz all der Passagen, die schwer zu verdauen sind und den Endloskapiteln) und ich einfach wissen wollte: wieso, weshab, warum, wie, wo, wann .....? Die Story klingt noch nach und ich vermute, das wird sie auch noch eine lange Zeit tun.
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Die orientierungslos wirkende Anna hat in ihrem bisherigen Leben mehr Tiefen als Höhen erlebt. Ihre Beziehung zu ihrem bislang überaus erfolgreichen Kollegen Ludwig darf sie nicht offen leben. Der Journalist im Bereich der Popkultur ist Karrierist durch und durch, er lässt nur gelten, was höchsten Ansprüchen genügt. Trotzdem gelingt es ihm nicht, integer zu bleiben, denn er wird als Schönfärber seiner Interviews entlarvt. In knappen Worten beendet er seine Beziehung zu Anna und nimmt eine Überdosis Schlaftabletten
Dem schlafenden Ludwig kann nun Anna in einem Monolog ohne Scheu aus ihrem unperfekten Leben erzählen, von den Abenteuern in Südafrika, den Drogen und von ihrer depressiven Mutter, die in einem Seniorenheim untergebracht ist. Der etwas weinerliche Ton auf den ersten Seiten hemmt dabei die Lesefreude zunächst. Doch das Weiterlesen lohnt sich, denn Ereignisse und Gedanken am Tag zuvor geben in einer klaren, sachlichen und knappen Sprache dem Buch Substanz. Die Passagen aus dem Altersheim gehören dabei für mich zu den nachhaltigsten.
Insgesamt ist Wenn die Nacht am stillsten ist eine alltägliche Geschichte der heute um die Dreißigjährigen, glaubhaft, interessant und ungewöhnlich erzählt.
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Ein schöner Roman, der sich mit Liebe und dem Zeitgeist auseinandersetzt, wo keine Gefühle erlaubt sind und man immer so cool sein muss.
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