Gibt es zeitlose Prinzipien für erfolgreiches Investieren? Thorsten Polleit – international erfahrener Ökonom und Universitätslehrer – sagt: Ja, es gibt sie! Wer sie verinnerlicht und konsequent anwendet, vermeidet unnötige Fehler und hat eine gute Ausgangsposition, um erfolgreich investieren zu können.
Thorsten Polleit empfiehlt, von den besten Investoren zu lernen – von den Investoren, die über lange Zeit hohe Renditen auf das eingesetzte Kapital erzielt haben und dabei umsichtig mit den Risiken des Investierens umgegangen sind. Zu ihnen zählen Namen wie zum Beispiel Benjamin Graham, Warren E. Buffett, Charles T. Munger und Philip A. Fisher.
In Vom intelligenten Investieren findet der Leser die wichtigsten Prinzipien für intelligentes Investieren – zusammengestellt in einer komprimierten, verständlichen und gut lesbaren Form. Zudem zeigt er, warum das, was die Finanzindustrie ihm üblicherweise empfiehlt,nicht den erhofften Investmenterfolg bringen kann.
Was an den Vertretern des sogenannten Value-Investings verblüfft, ist die Absolutheit, mit der sie behaupten, die einzig wahre Methode gefunden zu haben, um Geld zu vermehren. Sie zeigen dann immer gerne auf Buffett und Munger und begründen mit deren Genialität die Unfehlbarkeit dieser Methode. Dass Buffett und Munger der Graham-Methode nicht mehr völlig folgen, wird dabei gerne übersehen. Betrachtet man die Liste der US-Börsenmilliardäre, dann gibt es dort nicht wenige Leute, die keineswegs dem Value-Investing huldigen. Auch das wird gerne ausgeblendet. Nun geht es mir überhaupt nicht darum, das Value-Investing schlecht zu reden, sondern um Nüchternheit. Denn ähnlich wie bei allen anderen erwiesenermaßen profitablen Methoden der Kapitalvermehrung gilt immer eine Voraussetzung: Man muss es können.
Leider wird in Büchern über Value-Investing immer so getan als wäre das supereinfach. Ist es das denn wirklich? Eher nicht, denn man muss einen Markt schlagen. Wenn das alle könnten, wäre es erst gar nicht möglich. Aber jeder hat die Hoffnung, zu den Auserwählten zu gehören. Polleit umschifft diese Klippe sehr geschickt: Er stellt seinen Lesern nämlich genau diese Frage und empfiehlt allen, die sie nicht positiv beantworten wollen oder können, in einen passiven ETF zu investieren. Wer zeitlose Prinzipien des Investierens in diesem Buch sucht, wird sich vielleicht wundern, dass er keine findet. Außer natürlich Value-Investing zu betreiben, was im Übrigen nicht wirklich gut erklärt wird. Der Rest des Textes besteht aus sehr interessanten und lehrreichen Ausführungen zum Investieren aus der Sicht der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Mit Investitions-Prinzipien haben sie allenfalls indirekt zu tun.
Polleit geht zu Beginn gleich in die Vollen. Für ein zukünftiges Investment müsse man zunächst den Wert des ins Auge gefassten Unternehmens bestimmen, der sich vom aktuellen Börsenkurs möglichst deutlich nach oben abheben sollte. Dieser Wert sei die abgezinste Summe zukünftiger Gewinne. Warum das so sein soll, wird erst gar nicht erklärt. Aber nehmen wir einmal an, dass dies alles völlig in Ordnung sei. Dann beinhaltet dieser Wert drei Parameter: zukünftige Gewinne, einen zukünftigen Zinssatz und eine willkürlich gewählte Anzahl von Jahren in die Zukunft.
Die beiden ersten Parameter sind alles andere als sicher, sondern subjektive Schätzungen, bei denen man gründlich daneben liegen kann. Bei der Anzahl der Jahre nimmt Polleit in seinem Einführungsbeispiel die Zahl Zehn. Dann hätte man beispielsweise bei VW 2008 bereits ahnen müssen, dass es zu gewinnreduzierenden Manipulationen in den zukünftigen Modellen kommen wird. Nun gut, wird man mir antworten, dann hat man eben das falsche Unternehmen gewählt, was nichts daran ändert, dass die Methode so genial ist. Diese Strategie kennt man aus Lebensberatungsbüchern: Wenn man mit einer empfohlenen Methode scheitert, ist man immer selbst schuld.
Um es klar und deutlich zu sagen: Value-Investing beruht auf subjektiven Schätzungen, die aus Veröffentlichungen der Unternehmen entstehen, in denen gelegentlich Dinge geschickt versteckt werden. Dass Laien solche Dinge entdecken, ist zweifelhaft. Es wundert daher nicht, dass Polleit seinen Lesern implizit an verschiedenen Stellen zu verstehen gibt, doch besser auf Spezialisten zu vertrauen. Denn die Wahrheit über das Value-Investing ist eigentlich banal: Man muss ein börsennotiertes Unternehmen finden, dass über kommende Jahre hinweg hohe Gewinne abwirft, diese Gewinne richtig abschätzen und dann einen Börsenkurs abwarten, der deutlich unter dem subjektiv ermittelten Wert des Unternehmens liegt. Nur wenn man das alles geschafft hat, wird man erfolgreich sein.
Neu ist das nicht, und es steht in den Originalwerken mit besseren Erklärungen. Was dieses Buch wirklich von den Standardwerken zum Thema unterscheidet, sind Polleits Erläuterungen zu verschiedenen Einflussfaktoren: zum Zins, zum Gold, zu den verschiedenen Risikoarten, zu Dividenden, Behavioral Finance, den Zentralbanken Kryptowährungen und anderen Themen, die alle zu den durchaus wichtigen Randbedingungen des Investierens gehören. Das und nur das ist die wahre Stärke dieses Buches. Leider ist es auch nicht durchgehend didaktisch gut geschrieben.
Am Ende des Buches findet man dann noch eine Kritik der modernen Finanzmarkttheorie. Da macht sich der Autor viel Mühe, um diesen offensichtlichen Unsinn wissenschaftlich zu widerlegen. Er erkennt dabei jedoch nicht das Wesen der Sache. Man sieht dieses Wesen, wenn man diese Theorie von ihren hochtrabenden Erklärungen befreit und sie bis auf die reine Mathematik entkleidet. Tut man dies, dann strahlt einem eine rein lineare Theorie entgegen, die schon deshalb nicht stimmen kann, weil jeder Markt nicht linear ist. Preise bestimmen Preise, sonst wäre es schließlich kein Markt.
Wem das immer noch zu kompliziert ist, dem sollte der ganze Unsinn spätestens dann klar werden, wenn ihm gesagt wird, dass sich Börsenkurse wie eine zufällige Irrfahrt verhalten. Das bedeutet: Irgendein Zufallsmechanismus würfelt am Ende des Tages aus, ob es am nächsten Tag hoch oder runter gehen wird. Und das auch noch unabhängig von allen Tagen zuvor. Wer sich auch nur ein wenig mit der Börse beschäftigt hat, wird wissen, dass sich Kurse so nicht verhalten. Es bilden sich sehr oft Wellen. Die Kurse steigen also einige Tage hintereinander, fallen dann wieder und steigen danach wieder einige Tage. Oder so ähnlich. Die Theorie der zufälligen Irrfahrt lässt sich leicht statistisch widerlegen.
Warum hält man dann an diesem Unfug fest? Die Antwort ist ganz einfach. Ohne solche Vereinfachungen sind gegenwärtig keine Berechnungen möglich. Erst die Negation der Wirklichkeit führt zu Modellen über dieselbe. Etwas anderes kann die Mathematik zurzeit nicht leisten. Leider vergessen die Verfechter dieser Simplifizierungen, welche Voraussetzungen solche Theorien erst möglich machen. An diesen realitätsfremden Voraussetzungen sieht man bereits, dass das ganze Theoriegebäude, welches auf ihnen fußt, nur eine schwache erste Näherung an die Realität sein kann.
Für dieses Buch lässt sich einfach feststellen: Nichts Neues, was das Value-Investing anbelangt, aber eine sehr gute, wenn auch nicht immer didaktisch perfekte Erklärung der Randbedingungen dieser Methode.
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