Das Herz der Finsternis (Originaltitel: Heart of Darkness) ist eine erstmals 1899 im Blackwood's Magazine in drei Teilen veröffentlichte Erzählung von Joseph Conrad, die im November 1902 auch als Buchausgabe erschien. In dieser Erzählung berichtet der Seemann Charlie Marlow anderen Seeleuten von seiner Reise in Zentralafrika als Kapitän eines Flussdampfers. Marlow wurde dort Augenzeuge einer beispiellosen Grausamkeit gegenüber den Eingeborenen und zweifelte zunehmend an den Rechtfertigungen der Ausbeutung, aber seine einflussreichen, in die Ausbeutung von Kolonien verwickelten Londoner Auftraggeber zeigen sich wenig beeindruckt von seinen erschütternden Erlebnissen.
"Herz der Finsternis wird von der ersten bis zur letzten Seite mit der unbeirrbaren Folgerichtigkeit und Sicherheit eines Traumes erzählt; die erlebte oder gelebte Geschichte gewinnt in der literarischen Formung eine Kraft, als handle es sich um eine quasi mythische Begebenheit. Sie führt ins innerste Afrika, ins Herz der Finsternis. Zugleich ist es eine Reise ins Innere des Menschen und zu seinen Ursprüngen, ein Eintauchen in die Welt des Unbewussten, eine Unterweltsfahrt wie Dantes Abstieg in die Hölle." (Hanjo Kestin/NDR)
Die Erzählung gilt heute als eines der wichtigsten Prosawerke in englischer Sprache. Wie fast alle Werke Conrads, trägt auch diese Erzählung autobiografische Züge. Sie diente mehrfach als Grundlage für Verfilmungen, z.B. wurde "Aguirre, der Zorn Gottes" von Werner Herzog mit Klaus Kinski zu großen Teilen von Conrads Buch inspiriert. Die bekannteste Umsetzung des Stoffes ist aber "Apocalypse Now" von Francis Ford Coppola, der die Geschichte in den Vietnamkrieg transportierte und mit großem Staraufgebot (Marlon Brando, Martin Sheen, Robert Duvall und Dennis Hopper) als Antikriegsfilm in die Kinos brachte.
Die Hörbuchfassung folgt der deutschen Übersetzung von Ernst Wolfgang Freißler. Einige Passagen und Begriffe wurden sprachlich an unser heutiges Verständnis angepasst. Coverabbildung: unter Verwendung einer Illustration, designed by Freepik. Coverschrift gesetzt aus der AcmeFont. Schlussmusik: freemusic.com.
Über den Sprecher:
Moritz Brendel lebt mit seiner Familie in Stuttgart und arbeitet auch als Hörbuchsprecher und für TV Dokus. 2001 absolvierte er eine Schauspielausbildung an der HfMdK Frankfurt am Main, war etwa 10 Jahre an mehreren Theatern u.a. am Nationaltheater Mannheim, Theater der Altstadt, Hamburger Kammerspiele und Studio Theater Stuttgart. Als Dialogbuchautor und Synchronregisseur konnte er sich mittlerweile u.a. mit internationalen Filmen wie "Inside" mit Willem Dafoe auch einen Namen machen. Mit zwei Erzählungen von Robert Musil hat er sich bereits bei der hoerbuchedition words and music etabliert.
Dieses Buch heutzutage zu lesen erfordert etwas Kontext. Ähnlich wie bei Céline, sind einige Passagen schwer zu verdauen. Aber wenn man sich veranschaulicht wie Europa vor über 150 Jahren tickte, dann ist es einfach nur sehr beeindruckend in diese Welt einzutauchen. Conrad war ein Autor seiner Zeit. Und dieses Buch ist genau das: ein Abbild einer Epoche
Als Kapitän Marlow seinen Flussdampfer in den Kongo steuert, weiß er noch nicht, dass diese Fahrt sein bisheriges Verständnis von menschlicher Zivilisation über den Haufen werfen wird. Sein Auftrag ist es, den erfolgreichen, aber erkrankten Handelsagenten Kurtz aufzuspüren und in die Heimat zurückzubringen. Doch je tiefer der Dampfer in die afrikanische Wildnis eindringt, desto bedrohlicher wird die Reise. Marlow und seine Begleiter sehen sich mehr als einmal Angriffen vom Flussufer ausgesetzt. Doch das eigentliche Grauen lauert dort, wo Marlow es nicht erwartet hatte: im Herzen der Finsternis, dem Schrecken des englischen Kolonialismus.
Vor nicht allzu langer Zeit startete der Penguin Verlag mit seiner "Penguin Edition" eine neue Klassiker-Reihe im Taschenbuchformat, in der populäre Werke der Weltliteratur in knallbuntem Design "Farbe ins Bücherregal" bringen sollten. In kräftigem Lila ist nun "Herz der Finsternis" von Joseph Conrad in der deutschen Übersetzung von Fritz Güttinger und versehen mit einem Nachwort von Ernst Weiss erschienen. Die Erzählung wurde erstmals 1899 veröffentlicht und gilt bis heute als eines der wichtigsten Prosastücke in englischer Sprache. Neben der Besonderheit, dass Conrad als Sohn polnischer Eltern erst mit 21 Jahren Englisch lernte, ist für die Lektüre von "Herz der Finsternis" erwähnenswert, dass der Autor selbst als Kapitän eines Flussdampfers in den Kongo fuhr. Somit erhöht sich die Authentizität der Erzählung um ein Vielfaches.
Seine stärksten Momente hat "Herz der Finsternis" eindeutig in den Momenten, in denen es Joseph Conrad gelingt, die Atmosphäre der Flussfahrten fast spürbar zu machen. Sei es auf der einleitenden Fahrt auf der Themse, auf der ein anonymer Ich-Erzähler den Protagonisten Marlow einführt, oder später auf der zentralen Dampferfahrt in den Kongo. Gut spürbar ist auch der innere Kampf Marlows, von dessen Aufbruchstimmung und Optimismus zu Beginn seiner Reise nach und nach überhaupt nichts mehr übrig bleibt und er sich nur noch Gewalt und Gefahren gegenübersieht.
Doch das Buch weist aus heutiger Sicht auch Schwächen auf. Trotz seines hehren Ansinnens - der Fundamentalkritik am englischen Kolonialismus und Rassismus - wirkt die Umsetzung fragwürdig. Denn Conrad gelingt es nicht, der afrikanischen Bevölkerung ein Gesicht zu geben. Nicht einmal ein diffuses. Ständig schreibt er von "schwarzen Leibern", von unkultivierten "Wilden", von Menschen ohne Zeitbegriff, die es nicht gewohnt waren, die Folgen ihres Handelns zu bedenken. Und auch die Figurenkonstruktion an sich ist nicht immer gelungen. Insbesondere die Figur Kurtz, die uns mehr als 100 Seiten lang als ein Mythos, ja, fast als eine Legende präsentiert wird, entpuppt sich letztlich als Enttäuschung und als wahnsinnig wirkender Krimineller, aus dem überhaupt nicht hervorgeht, warum er zuvor ein solch hohes Ansehen hatte. Stilistisch gibt es zahlreiche Wiederholungen, was aber natürlich auch dem Fakt geschuldet sein könnte, dass Joseph Conrad eben kein Muttersprachler war. Zudem entpuppt sich "Herz der Finsternis" als relativ handlungsarm, so dass die Erzählung in ihrer Gesamtheit deutlich länger wirkt als die gerade einmal gut 150 Seiten.
Das Nachwort des Schrifstellers Ernst Weiss ist durchaus emotional und macht deutlich, was Weiss an seinem Schrifstellerkollegen schätzte. Doch letztlich hätten ein paar sachlichere Fakten zu Conrad und zur Entstehung von "Herz der Finsternis" sicherlich einen höheren Informationsgehalt gehabt. Besser ist da die Editorische Notiz des Verlags, in der deutlich gemacht wird, warum man davon abgesehen hat, diskriminierende Begriffe der Erzählung zu ändern und sie somit als historisches Dokument für sich stehen zu lassen.
Die historische Bedeutung der Erzählung ist es letztlich auch, die eine erneute Veröffentlichung rechtfertigt und dafür sorgt, dass das "Herz der Finsternis" auch von einer jüngeren Generation erschlossen werden kann. Denn bei aller Kritik darf man nicht vergessen: Joseph Conrad war einer der Ersten, der mit seinem Werk öffentlich Kritik am europäischen Kolonialismus und Rassismus verübte. Eine Leistung, die ihm niemand mehr nehmen kann.
Diese Erzählung ist eins der beeindruckendsten Geschichten der Weltliteratur über Kolonialisierung und Ausbeutung.
Das Herz steht für das Innere Afrikas, das erbarmungslos von den Belgiern ausgebeutet wurde und die Finsternis für die Abgründe der Seelen der skrupellosen, gierigen Kolonialherren.
Die Geschichte zieht den Leser in Ihrem Bann und ist gnadenlos und grausam.
Das ist große Literatur! Schade, dass Joseph Conrad in Vergessenheit gerät.
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Mehr eine Erzählung als ein Roman, aber eine von buchstäblich gewaltiger Intensität. Conrads Meisterstück, voller psychologischer Tiefe, knisternder Spannung und düsterer Figuren.
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