Sie war nicht nur die prominenteste politische Journalistin ihrer Zeit und Begründerin der Friedensgesellschaft, sie kämpfte Zeit ihres Lebens leidenschaftlich gegen überholte Konventionen, gegen die Unterdrückung der Frauen und gegen den Antisemitismus. Das abenteuerliche Leben der Gräfin Kinsky, verheiratete Baronin von Suttner, die den Erfinder des Dynamits dazu bewegte, den Friedensnobelpreis zu stiften, und die selbst eine der ersten war, die ihn verdiente und bekam: Bertha von Suttner – Gouvernante, Schriftstellerin, politische Journalistin, Vorkämpferin für den Frieden.
Bertha von Suttner war ihrer Zeit weit voraus. Noch Ende des 19. Jahrhunderts trafen Männer alle wichtigen Entscheidungen dieser Welt alleine, Frauen waren ausschließlich zum Kinderkriegen - und großziehen bzw. für Heim und Herd zuständig, und sonst gar nichts. Bertha von Suttner war eine emanzipierte Frau, als es diesen Begriff noch gar nicht gab. Sie zählte zu den ersten Pazifistinnen Europas, setzte sich für mehr Rechte ihrer Geschlechtsgenossinnen ein, bekämpfte den Antisemitismus, ja, sich kämpfte einfach an allen Fronten. Rückhalt erhielt sie zwar von ihrem Mann, doch arm wie eine Kirchenmaus und ansonsten nur als "Friedensbertha" belächelt, erforderte es viel Mut und Stärke, unbeirrt bis ins hohe Alter an ihren Idealen festzuhalten.
Brigitte Hamann zeichnet das Leben dieser außergewöhnlichen Frau präzise, fundiert und vielschichtig nach. Mit Auszügen und Zitaten aus diversen Aufzeichnungen der Suttner bleibt sie immer ganz nah dran an der Wahrheit, bringt aber auch Zweifel und Gegendarstellungen an, wenn sie denkt, dass Suttner selbst so manches (z.B. Armut, Eheprobleme) in ihren Aufzeichnungen beschönigte, um das Bild nach außen zu wahren. Gegliedert ist die Biographie nicht streng chronologisch, sondern in Themenblöcke. Daraus ergeben sich teilweise inhaltliche Überschneidungen und leider auch Wiederholungen. Das sei als einziger Schwachpunkt angeführt.
Schildert anschaulich Sittenbild und politische Entwicklung der damaligen Zeit sowie das Leben v. Suttner
Peter Krackowizer aus Neumarkt am Wallersee am 18.09.2013
Bewertungsnummer: 822317
Bewertet: eBook (ePUB 3)
Obwohl Berta von Suttner als lebenslange Freundin von Alfred Nobel diesen zur Stiftung des Nobelpreises angeregt und wohl auch überredet hatte, erhielt sie erst bei der fünften Vergabe und als erste Frau diesen Preis. Sie, die aus der vornehmen Prager Familie von Kinsky stammte, kämpfte zeitlebens damit, nicht wirklich zur Aristokratie zu gehören, war doch ihre Mutter eine Bürgerliche gewesen. Auch ihre Heirat mit Arthur von Suttner sorgte für Aufregung, geschah sie doch ohne Einwilligung der Familie von Suttner. Beide versuchten zunächst ihr Glück im Kaukasus, von wo sie nach acht Jahren wieder nach Wien zurückkehrten und letztlich doch von der Familie von Suttner aufgenommen wurden. Erst im Alter von 46 Jahren schrieb sie ihr weltberühmtes Buch Die Waffen nieder und erst dann begann ihrer Kariere als Friedenskämpferin. Die Waffen nieder waren auch einer ihrer letzten Worte im Moment ihres Todes.
Brigitte Hamann schreibt ein wirklich spannendes Buch über das Leben einer großen Frau. Sie schildert ihr Leben an Hand ihrer Tagebücher und Memoiren sowie andere Korrespondenzen und Zeitungsberichte. Dabei gelingt es Hamann sehr gut, die einzelnen Facetten von Bertha von Suttner ihre Zeit im Kaukasus, als Schriftstellerin, als Kämpferin für den Frieden, die Entstehung des Nobelpreises, ihre Einstellung zum Feminismus sowie die politische Entwicklung während des Lebens von Suttner, getrennt und klar zu formulieren. Der Leser erlebt eine ehrgeizige, besessen arbeitende, im Grunde verarmte von Suttner, der es immer wieder gelingt, Menschen für ihre Sache zu begeistern, Geldspender zu finden und ihre Friedensidee durch Einflussnahme auf andere Personen zu unterstützen.
Auf über 300 Seiten läuft die Zeit zwischen 1850 und 1914 vor den Augen des Lesers ab, lässt nun vieles der damaligen Zeit, die Gründe, die zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs führten, die Anfänge des Deutschnationalismus und andere politische Entwicklungen um die Jahrhundertwende besser verstehen. Hamann schildert an Hand der Aussagen von Suttner auch das Sittenbild der k.k. Monarchie: den Stand der Frau, die liberale Einstellung von Suttner, die bei der Männerwelt auf wenig Gegenliebe, ja auf Hass und Spott traf, die erzkatholische Haltung des Adels und deren Auswirkungen auf Frauen und über die enorme Kriegslust und hetze in Europa in der damaligen Zeit.
Diese Lebensgeschichte von Bertha von Suttner ist mehr als nur eine Biografie. Sie schildert verständlich und schonungslos die Zeit des Endes der Monarchie und eines gar nicht so völkerfreundlichen Österreichs. Schon unter Kaiser Franz Joseph I. begann die Hatz gegen Juden auch in Österreich Bertha von Suttner sah den großen Krieg kommen und kämpfte im wahrsten Sinn des Wortes bis zu ihrem letzten Atemzug (die Waffen nieder) gegen Krieg, unerhört sie starb wenige Tage vor dem Attentat von Sarajewo 1914, das ja bekanntlich den Ersten Weltkrieg ausgelöst hatte.
Zahlreiche zeitgenössische Bilder, Postkarten und Simplicissimus-Drucke dokumentieren die geschilderte Zeit bildlich, ein genaues Fußnotenregister der Quellenangaben der Zitate sowie ein Schriftverzeichnis vervollständigen es. Ein Buch, das aufrüttelt, auch über 100 Jahre später noch aktuell ist und eine der großen Frauen der Weltgeschichte auf interessante Weise schildert.
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