Was geschieht, wenn die eigenen vier Wände zum öffentlichen Raum werden? Gespräche abgehört, alltägliche Besorgungen observiert werden? In »Was bleibt« beschreibt Christa Wolf einen Tag im Leben einer Ostberliner Schriftstellerin, die ganz offen von der Stasi überwacht wird – mit tiefgreifenden psychischen und physischen Folgen. Die Erzählung, die 1979 verfasst, aber erst 1990 veröffentlicht wurde, war Auslöser des deutsch-deutschen Literaturstreits über die gesellschaftliche Rolle der DDR-Schriftsteller und über die politischen Möglichkeiten von Literatur überhaupt. Ein einzigartiges literarisches Zeugnis deutscher Geschichte – ungekürzt gelesen von Eva Garg. Ungekürzte Lesung mit Eva Garg 1 mp3-CD | ca. 2 h 41 min
„Woran mochte es liegen, daß seit einiger Zeit eine jede Wahl, vor die ich mich gestellt sah, nur eine Wahl zwischen schlimm und schlimmer war? Lernte man einfach schärfer sehen mit den jungen Herren vor der Tür?“ (Zitat Seite 57)
Inhalt
Auch an diesem Morgen im März schaut die Ich-Erzählerin, eine Schriftstellerin, hinter den Gardinen verborgen, aus dem Fenster ihrer Wohnung in Berlin, Friedrichstraße. Sie rechnet damit, ein Auto zu sehen, doch es ist nicht da. Um Mitternacht war es doch noch da, sie denkt nach, frühstückt und einige Minuten nach neun Uhr, sie spürt es förmlich, sind sie wieder da. Wie würde sie in zehn, zwanzig Jahren an diesen Tag zurückdenken?
Thema
Geschrieben 1979, überarbeitet 1989, erschienen erst 1990, führte diese Erzählung zu einem heftigen Literaturstreit.
Die Autorin beschreibt an einem Beispiel den Alltag jener Menschen in der DDR, die jahrelang rund um die Uhr von der Stasi überwacht wurden, da sie zu den verdächtigen Personen zählten. Wie geht man mit diesem permanenten Druck um, dessen Kernfrage lautet: „Was wollt ihr eigentlich?“ Wie lebt man damit, Freunde auf der Straße nicht mehr anzusprechen, um sie nicht ebenfalls in Gefahr zu bringen, oder aber von alten Bekannten ohnedies geschnitten zu werden.
Handlung
Die Ich-Erzählerin ist Schriftstellerin, sie beobachtet, wird beobachtet und führt in dieser Situation intensive Zwiegespräche mit ihrer inneren Stimme, ihrem inneren Begleiter, das Jetzt füllt sich mit kontroversen Gedankendiskussionen. Die Erzählung schildert einen Tag in ihrem Leben, der mit dem Aufstehen beginnt und mit einer Lesung am Abend und zwei Telefonaten nach Mitternacht endet. Ergänzt wird der Ablauf durch Rückblenden in Form von Erinnerungen und Bemerkungen über die sich abwechselnden, nur in der Farbe unterschiedlichen, Bewacherfahrzeuge.
Fazit
Christa Wolf zeigt in dieser intensiven Erzählung die physischen und psychischen Auswirkungen einer permanenten Überwachung auf, die einem Verlust jeglicher Privatsphäre gleichkommt. Ihre gedanklichen Diskussionen mit den Facetten ihres Ich zeigen eindrücklich ihre Zerrissenheit, sowohl dem, was aus der sozialistischen Grundidee in dieser DDR geworden ist, als auch ihrer persönlichen Situation und dem eigenen Verhalten gegenüber. Kernstück ist eine Lesung am Abend des geschilderten Tages und ein Blick auf junge Menschen, die Fragen stellen und Hoffnung für die Zukunft geben. Eine verhältnismäßig kurze Erzählung, die in ihrer vielfältigen Eindrücklichkeit ein zeitlos lebendiges, klares Bild dieser Zeit zeigt.
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