Sie ist das hübscheste, frechste und mutigste Mädchen an den Stränden des Rheins – und sie ist Jüdin. Die Geschichte der Gudrun Samuel ist die Geschichte einer ganzen Generation junger Frauen, die die Naziherrschaft und der Krieg zur Flucht gezwungen haben. Ein beeindruckendes und mitreißendes Zeugnis einer Epoche.
Als Mädchen ist sie im Rhein hinter den Kohleschleppern hergeschwommen. Sie hat den jungen Männern in Mainz die Köpfe verdreht. Doch als die Nazis an die Macht kommen und die junge Jüdin Gudrun Samuel sich entscheidet, mit gefälschten Papieren Deutschland zu verlassen, wird sie gefasst und kommt in Gestapo-Haft. Ihr gelingt die Flucht, aber sie ist nun nicht mehr das Mainzer Mädchen Gudrun, sondern die Flüchtende Judy: in der transsibirischen Eisenbahn und im Judenghetto von Shanghai. Sie überlebt den Krieg, doch die Odyssee geht weiter. Das Mädchen im Strom ist ein ergreifender Roman über das einzigartige Schicksal einer Frau im 20. Jahrhundert.
Sabine Bode ist Ihnen als Autorin wahrscheinlich bereits ein Begriff. Gerade ihre Sachbücher über die Kriegs- und Nachkriegsgenerationen(„Die vergessene Generation“, „Nachkriegskinder“ und „Kriegsenkel“) sind klassische Bestseller auf diesem Gebiet. Aber sie kann auch Romane schreiben!
Zum Inhalt dieses Buches muss ich Ihnen eigentlich nicht wirklich etwas schreiben. Die Inhaltsangabe trifft sehr gut auf den Roman zu. Sabine Bode erzählt die Geschichte der fiktiven Mainzer Familie Samuel, bzw. hauptsächlich die Geschichte der Tochter Gudrun- eine Geschichte über die Zeit der Weimarer Republik, des 3. Reichs, der Flucht über die UdSSR nach Shanghai und des Lebens nach dem 2. Weltkrieg.
Es ist ein etwas anderes jüdisches Schicksal als es zumeist in Romanen vorkommt. Es ist die Geschichte einer Flucht, die aber nicht nach dem Ende des Krieges endet. Und dadurch bietet es ausgesprochen interessante Einblicke zum einen in das Leben, welches die Juden, die nach Shanghai geflüchtet sind, gelebt haben. Und zum anderen, wie sie am Kriegsende damit umgegangen sind, dass sie überlebt haben. Aber was ist mit ihren Freunden und mit dem Rest ihrer Familien? Wo werden sie leben? Wie stehen sie zu dem Deutschland nach dem 2. Weltkrieg? Und wie nehmen sie die Deutschen wahr?
Ich hatte das Buch zwischendrin zur Seite gelegt und dann doch wieder hervorgeholt und zu Ende gelesen. Ich fand es inhaltlich ausgesprochen interessant, ergreifend und spannend. Aber für mein Empfinden ist Sabine Bode zu sehr Beobachterin geblieben. Sie konnte mir Gudrun nicht so nahe bringen, dass ich mit dieser Frau mitfühlen konnte. Mir fehlte es in diesem Buch an Gefühl. Und ich habe am Ende einen Nachtrag vermisst, in dem die Autorin noch einmal auf die geschichtlichen Hintergründe eingeht und erzählt, wie sie auf diese Geschichte gekommen ist.
Eine etwas andere Geschichte über ein jüdisches Schicksal in Deutschland.
Meine Meinung
Für Gudrun habe ich von Anfang an große Sympathie entwickelt. Als kleines dickes Mädchen angefangen, bis zur jungen Frau, konnte sie mich in ihren Bann ziehen. Sie gehörte zu den Menschen, die in keine Schablone passen. Sie lebte stets im Augenblick. Oftmals fasste sie zu Menschen Vertrauen, die sie gar nicht kannte. War es Intuition? War es Leichtsinn? Ich denke, trotz der schlimmen Geschehnisse, hatte Gudrun an das Gute im Menschen geglaubt. Selbst Menschen, bei denen andere nichts Gutes sahen, hatte sie Wertschätzung entgegengebracht. Sie sah bei den miesesten Charakteren Positives. Hatte sich auf jede Situation umgehend eingestellt und das Beste daraus gemacht. So auch bei ihrer Verhaftung, nachdem die Gestapo sie mit einem falschen Pass erwischte. Sie wurde fast jedem Tag dem Oberkommissar Buchmann vorgeführt. >>Der SS-Mann sprach wie ein gütiger Arzt. Sie war erleichtert. Wenigstens hatte er Manieren, dachte sie.<< (Seite 83 auf dem Reader)
Genau darum kam die hübsche Jüdin heil aus der Tragödie heraus. Genau darum erkannte sie Chancen und verkraftete schwere Verluste.
Gudrun mochte nie lernen und hielt Schule für überflüssig. Ich habe sie für ihre Konsequenz in sämtlichen Dingen bewundert. Trotz Lernfaulheit hatte die hübsche Blondine ihren Weg gemacht.
Manch einer würde jetzt sagen, Gudrun ist den leichtesten Weg gegangen. Das war jedoch zu Hitler-Zeiten für eine Jüdin gar nicht möglich. Für viele Menschen war sie das verwöhnte Gör, welches mit dem goldenen Löffel im Mund zur Welt kam. Das mag schon gestimmt haben. Der Vater besaß mehrere Schuhgeschäfte. Die Mutter Helene unterhielt Angestellte, die ihr ihr langweiliges Gattinnen-Leben erleichterten. Das Kindermädchen für Gudrun war ein wahrer Segen. Sie erkannte den starken Charakter Gudruns. Annemarie Holl ließ sich nicht von Gudruns oberflächlicher Fassade blenden. Viele Szenen im Buch haben mir gut gefallen. Das Kindermädchen schien Gudrun ziemlich ähnlich zu sein. Auch sie kuschte vor niemanden. Ihrer Chefin bot sie die Stirn und setzte sich stets durch. >>Ihre größte pädagogische Tat bestand darin, dass sie Helene Samuel beibrachte, Gudruns Widerborstigkeit nicht als Trotz zu sehen, sondern Ausdruck von Charakterstärke.<< (Seite13 auf dem Reader.) Für mich war Gudrun ein verwöhntes Gör, welches in Kriegszeiten über sich selbst hinauswuchs.
Als Teenager genoss Gudrun die Liebe zu einem ehrgeizigen jungen Mann. Die Eltern Martins sahen die erste Zeit darüber hinweg, dass diese Verbindung unpassend ist. Ein junger Mann, mit glänzenden Berufsaussichten, sollte sich nicht mit einer ehrgeizlosen Jüdin abgeben. Beide setzten sich über Vorurteile hinweg und waren lange Zeit "Gudrunundmartin!"
Mit ihrer besten Freundin Margot veerlor sie auch in Kriegszeiten nie den Kontakt. Margot war nach Amerika ausgewandert und führte dort ein gutes Leben.
Sehr gut hat mir der Briefwechsel der Freundinnen gefallen.
Gudrun gelang es aus dem Gefängnis zu kommen. Vom Rheinland emigrierte sie nach Shanghai. Todunglücklich darüber, nicht ihre Freundin Margot folgen zu können. Diesen Weg hatte sie sich jedoch verbaut ......
Ihr Bruder Ralphie
Der Vater Wilhelm Samuel kam mir lange Zeit ziemlich naiv vor. Er wollte die Gefahren nicht sehen, die sich für Juden anbahnten. Er fühlte sich in Mainz sicher. Niemals hielt er es für möglich, dass man ihm sämtliche Besitztümer enteignet. Sein Geld ließ er nicht mehr in der Schweiz. >>Ein anständiger Deutscher lässt sein Geld im Land.<< (Seite 14 aud dem Reader.)
Mein Fazit
Ihr Weg führte sie von Mainz nach Shanghai. Dort lebte sie in Luxus und hatte eine eigene Praxis als Physiotherapeutin. Aus Gudrun Samuel wurde Judy! Sie lernte jedoch auch die Armut in Shanghai kennen, nachdem der Judenhass auch dort Einzug hielt.
Sie ging dreimal eine Notehe ein und wanderte von Shanghai nach Norwegen aus. Von dort führte sie ihr Weg nach London. Ihre dritte Ehe stand unter einem besseren Stern.
Der Schreibstil mutet nüchtern an. Die Autorin verwendet bei Dialogen keine entsprechenden Satzzeichen, was ich nicht störend empfand. Mir hat der Erzählstil sehr gut gefallen. Ich habe zeitgleich auch das Hörbuch genossen. Die angenehme Erzählstimme von Claudia Michelsen und der tolle Schreibstil von Frau Bode, haben mir das Gefühl gegeben, mit einer alten Dame auf dem Sofa zu sitzen. Aus feinstem Porzellan Tee zu trinken und in den Geschichten der Gudrun zu versinken.
Gudrun war eine Powerfrau, die ihre optischen Reize einzusetzen wusste. Sie war dabei jedoch niemals bösartig. Berechnend schon! Ja, das war sie, meiner Meinung nach. Aber anders hätte sie nicht überlebt. Gudrun gab es wirklich unter dem Namen Gertrud Meyer-Jörgensen. Ich bin von dieser Frau schwer beeindruckt.
Ich empfehle diesen Roman mit biographischen Elementen sehr gerne weiter. Viele Menschen mussten zur Zeit des Holocausts sterben. Die Erinnerungen leben weiter. Auch nach dem Tod der letzten Zeugen! Dafür sorgen Schriftsteller, die für uns Geschichten sammeln und aufschreiben. Dieser Roman kommt ohne große Gefühlsduselei daher.
Danke Sabine Bode.
Eine sehr bewegende Familiengeschichte, die einen so schnell nicht mehr aus loslässt. Lesen Sie auch unbedingt ihre Sachbücher zum Thema Zweiter Weltkrieg!
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Die Geschichte des Mädchens Gudrun ist sehr spannend, interessant und bewegend, obwohl der Roman an sich relativ emotionslos geschrieben ist. Hier kommt es auf den Leser selbst an, wie viel Emotion er in die Geschichte lässt.
Trotzdem ist es eine klare Leseempfehlung, für Alle, die sich für das Thema 3. Reich interessieren.
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