Der siebzehnjährige Aleksy verabscheut seine Mutter, denn sie ist hässlich und hat als Mutter versagt. Als sie ihn aus dem Erziehungsheim abholt, will er nichts von ihr wissen. Trotzdem lässt er sich zu einem gemeinsamen Urlaub in Frankreich überreden, Bestechungssumme: ihr Auto. Kaum angekommen in dem kleinen Dorf, in dem er sich fremd fühlt und nur mühsam mit den kauzigen Bewohnern zurechtkommt, erfährt er, wie es in Wahrheit um seine Mutter steht. Ihn verfolgen fortwährend schmerzliche Erinnerungen aus der Kindheit, und die ungewohnte Sorge um die Mutter überschattet sein erstes unbeholfenes Liebesglück. Nach diesem Sommer ist in seinem Leben nichts mehr, wie es einmal war.
Tatiana Tîbuleacs preisgekrönter Roman erzählt mit unsentimentalem Witz die berührende Geschichte eines Jungen, der um seine Kindheit betrogen wurde und als Heranwachsender plötzlich Verantwortung übernehmen muss.
Inhalt:
Aleksy hasst seine Mutter und will nichts mit ihr zu tun haben. Ihre Mutter verlangt nur noch einen letzten gemeinsamen Sommer in Frankreich. Danach darf er ihr Auto bekommen. Doch im Urlaub erfährt Aleksy, dass seine Mutter schwer krank ist und bald sterben wird. Die beiden nähern sich an und Aleksy denkt immer positiver von seiner Mutter. Dieser Sommer verändert alles.
Meinung:
Das Buch übte eine starke Sogwirkung auf mich. Aleksy hat heftige und gewalttätige Gedanken, wünscht sich unter anderem, dass seine Mutter tot ist. Es ist keine leichte Kost und für mich war es auch nicht immer angenehm, das Buch zu lesen. Aber das gestörte Mutter-Sohn-Verhältnis wird eindrücklich auseinandergelegt und man erfährt nach und nach, warum das Verhältnis so gestört ist. Aleksy ist zudem psychisch krank. Aus seiner Sicht wird alles erzählt, wobei er nun als Erwachsener noch einmal über den letzten Sommer mit seiner Mutter nachdenkt. Wie er sich nun retrospektiv an diesen Sommer erinnert, fand ich sehr interessant. Man erfährt auch, was in Aleksys Kopf aufgrund seiner Krankheit passiert.
Der Schreibstil ist sehr literarisch und bildhaft, was mir sehr gut gefallen hat, auch wenn er nicht ganz zu Aleksys Charakter gepasst hat. Dennoch hat er zu einer bedrückenden, aber besonderen Atmosphäre beigetragen.
Ich habe die Annäherung zwischen Aleksy und seiner Mutter mit großem Interesse mitverfolgt. Aleksys Hass auf seine Mutter wird im Verlauf des Urlaubs immer weniger, bis er letztlich ganz verschwindet. Mich konnte das Buch emotional sehr mitnehmen.
Auf unangenehme Weise wird deutlich, was mit einem Kind passiert, wenn es ein Trauma hat und nicht die notwendige Liebe von den Eltern erfährt, und wie schwierig es ist, dann wieder eine Nähe zum Kind aufzubauen.
Fazit:
Dieser Roman ist keine leichte Kost, aber man erlebt eine emotionale und tiefgründige Geschichte, die einen mitnimmt und nicht mehr loslässt. Die Autorin schafft mit der literarischen Sprache eine bedrückende, leicht surreale Atmosphäre, die man nicht so schnell vergisst.
Kraftvoll, intensiv und poetisch - tolles Debüt!
Bewertung aus Pinneberg am 26.05.2021
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Als der 17jährige Aleksy zum Schulschluss von seiner Mutter abgeholt wird, ist er voller Hass. Man hat einen hasserfüllten, unglücklichen, mit derben Ausdrücken um sich schlagenden Halbwüchsigen vor sich und weiß schnell: da läuft etwas ganz schlimm falsch. Völlig lieblos und gleichgültig wird in der Familie miteinander umgegangen. Als Aleksys Mutter ihn dann mehr oder weniger erpresst, dass er mit ihr den Sommer in Frankreich verbringt, wendet sich das Blatt zusehends. Wir erfahren mehr über den mittlerweile psychisch kranken Aleksy, über die kranke Mutter, die tote Mika... und wir erleben eine Veränderung im Mutter-Sohn-Verhältnis.
Was zu Beginn kraftvoll in derbem Ton, aber trotzdem eindringlich und bewegend den Leser fesselt, verändert sich zu einer mehr und mehr poetischen Reise nach Frankreich, durch den Sommer hindurch und zu sich selbst. Rückblickend erzählt Aleksy viele Jahre später von diesem bedeutsamen Sommer, in dem sich sein Leben grundlegend verändert hat. Ein Sommer, in dem die innere Wut und Verzweiflung langsam einer inneren Ruhe gewichen ist und zumindest teilweise zwischenmenschliche Beziehungen wieder möglich geworden sind. Ein Sommer, in dem auch die Mutter eine andere geworden ist und beide einander gebraucht haben. Wir erfahren einiges über die damaligen Hintergründe und gleichzeitig ein wenig über Aleksys Leben in der Gegenwart. Zuweilen sehr zärtlich schreibt die Autorin von der Mutter-Sohn-Beziehung, was zu Beginn des Romanes noch völlig undenkbar erschienen ist.
Dieser Roman lässt im Verlauf an Tempo nach und lässt mich als Leserin mehr und mehr versinken in die wunderbare, berührende Poesie. Manches Mal ist es mir schon ein bisschen zu verkopft, da verstehe ich nicht alles ;-) Auch frage ich mich, ob ein Mensch eine derart krasse Wendung in so kurzer Zeit vollziehen kann. Obwohl hier einige Faktoren zusammenkommen, ist es doch eine enorme Leistung. Aber das kann ich nicht wirklich beurteilen...
Insgesamt muss ich sagen, dass mich die Geschichte - insbesondere auch sprachlich - enorm beeindruckt hat. Kurz, kraftvoll, intensiv und poetisch schön. Für meinen Geschmack hätte es hier und da noch ein paar mehr Hintergründe geben können, dennoch: ein tolles Debüt, das m.M.n. zu Recht mehrfach preisgekrönt ist.
Unsere Buchhändler*innen meinen
Es ist ein Problem aufgetreten. Bitte laden Sie die Seite neu und versuchen es noch einmal.
Ein Rollenwechsel. Der auf einen Schlag alles verändert
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Wohl kaum ein Ereignis im Leben eines Menschen ist schwieriger zu bewältigen, als das Begleiten der eigenen Eltern in den Tod. Wenn man mit ansehen muss, wie die einstigen Felsen in der Brandung plötzlich anfangen zu Staub zu verfallen und ein Leben scheinbar rückwärts verläuft. Ein Rollenwechsel, indem die Kinder erwachsen und die Eltern wieder zu Kindern werden. Eine Metamorphose.
Exakt dieser schweren Prüfung muss sich der siebzehnjährige Aleksy in Tatiana Tîbuleacs ‘Der Sommer, als Mutter grüne Augen hatte‘ stellen. Dabei hasst er doch seine Mutter, er verachtet sie zutiefst. Zunächst. Denn als die beiden den Sommer in Frankreich verbringen und die noch nicht einmal vierzigjährige ihrem Sohn offenbart, dass sie unter einem unheilbaren Krebs leidet, ändert sich alles. Aleksy wird auf einen Schlag erwachsen, muss sich um seine immer schwächer werdende Mutter kümmern. Er beginnt sie zu lieben. Und muss gleichzeitig Abschied von ihr nehmen.
Tatiana Tîbuleac ist mit ‘Der Sommer, als Mutter grüne Augen hatte‘ ein herausragender Roman gelungen. Eine außergewöhnliche Mutter-Sohn-Geschichte, die einerseits schmerzvoll und tragisch, andererseits voll trauriger Schönheit ist. Diese sprachgewaltige Erzählung über Abschied und eine doppelseitige Verwandlung geht ans Herz - und ist dabei doch alles andere als sentimental oder kitschig. Im Gegenteil: sie regt zum intensiven Nachdenken über familiäre Beziehungen an. Und zeigt, wie schnell doch alles vorbei sein kann. Ein großes Stück Literatur, zudem hervorragend übersetzt.
Kurze Frage zu unserer Seite
Vielen Dank für Ihr Feedback
Wir nutzen Ihr Feedback, um unsere Produktseiten zu
verbessern. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir Ihnen keine Rückmeldung geben können. Falls Sie
Kontakt mit uns aufnehmen möchten, können Sie sich aber gerne an unseren Kundenservice wenden.