Beschreibung
Details
Einband
Gebundene Ausgabe
Erscheinungsdatum
22.02.2023
Verlag
DiogenesSeitenzahl
256
Maße (L/B/H)
18,5/12,2/2,5 cm
Pjotr Nesterenko ist mit dem Tod auf vertrautem Fuß. Als Direktor des Moskauer Krematoriums in der Stalin-Zeit hat er sie alle eingeäschert: die Abweichler, die angeblichen Spione und die einstigen Revolutionshelden, die den Säuberungen zum Opfer fallen. Er jedoch, davon ist er überzeugt, kann gar nicht sterben. So oft ist er dem Tod schon knapp entronnen. Bis der Tag seiner eigenen Verhaftung kommt. Wird er auch diesmal den Hals aus der Schlinge ziehen?
Unsere Kundinnen und Kunden meinen
„Alles in diesem Buch ist wahr – selbst das Erfundene“
Connie Ruoff am 25.04.2023
Bewertungsnummer: 1929177
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
„Wer auch immer du im Leben warst, Maxim Gorki oder ein zum Tode verurteilter Häftling, ein Verhütungsunfall oder Katayamy, der Anführer der Kommunistischen Partei in Japan – zwölf Rubel kostet die Gebühr plus achtzig Kilogramm Kohle …“
Zusammenfassung/Inhalt „Kremulator“
Sasha Filipenko beschreibt in seinem neuesten Roman „Kremulator“ die Zeit des Stalinismus, die Zeit der Schauprozesse, der großen Säuberungswellen. Das Buch besteht aus drei Teilen.
Teil eins: Voruntersuchung
Teil zwei: Das Urteil
Teil drei: Leer. Leben
Pjotr Iljitsch Nesterenko wird am 23. Juni 1941 verhaftet. Der Leser erfährt in fünf Verhören die Lebensgeschichte Nesterenkos und seiner großen Liebe Vera.
Nein! Es gibt kein Happy End. Aber das ist die Geschichte dieser Zeit. Es ist die Geschichte des Stalinismus und seiner Opfer.
Filipenko lässt uns aus der Sicht seines Helden Nesterenkos, der eher ein Antiheld ist, die Verhöre durchstehen. Nesterenko ist ein kluger Mann, der weiß, dass er an einem Punkt angekommen ist, an dem er keinen Einfluss mehr auf sein Leben nehmen kann. Er jammert nicht! Er philosophiert und reflektiert die Geschichte, und spricht mit der „Liebsten“. Seine Antworten sind ironisch, sarkastisch und nehmen seinen „Folterknecht“ nicht ernst.
Nesterenko erzählt von seinem Leben in Russland, der Zeit in der Ukraine, seiner Arbeit in Polen und Istanbul, von seinen Tagen in Serbien und vom Glück und Unglück in Paris. Er hat viel erlebt, ist dem Tod schon so oft entkommen, dass er glaubt, nicht sterben zu können.
Die Figur Nesterenko steht für jeden einzelnen Gefangenen der damaligen Zeit. Die Geschichte Nesterenkos steht für die Geschichte der Sowjetunion.
„Russland ist, was es ist, weil dort Das Unzulässige zulässig ist. Sie und ich, wir haben ein Land verlassen, in dem niemand Alarm schlägt. Jedes Mal, wenn man sagen müsste: Es reicht!, sagt der Russe: Ja, so kann es nicht weitergehen, aber eigentlich …“
Worum geht es in „Kremulator“?
Es geht um Ohnmacht und ausgeliefert sein. Es geht um Mitläufer, denen nur ihr eigenes Wohl wichtig ist. Es geht um Liebe. Sicherlich darf man Sasha Filipenko auch so verstehen, dass er uns warnt, dass wir wachsam sein müssen. Und dass wir uns wehren müssen. Das heutige Russland ist leider nicht weit entfernt vom stalinistischen Russland.
Hörbuch „Kremulator“
Das Hörbuch „Kremulator“ wird von Nils Andre Brüning gesprochen. Dem Sprecher gelingt es, Nesterenkos Gefühle gegenüber seinem Verhörer in die Stimme einfließen zu lassen. Sicherlich war das nicht einfach. Genauso wenig einfach ist es für den Hörer, sich darauf einzulassen.
„Kremulator“ ist ein Diogenes Hörbuch und hat eine Länge von 6 Stunden und 23 Minuten.
Fazit/Kritik „Kremulator“
Es ist das zweite Buch, das ich von Sasha Filipenko lese. Schon „Rote Kreuze“ hat mich schwer beeindruckt. Und jetzt „Kremulator“, das wie schon erwähnt „wahr ist“, beruhend auf Verhörprotokollen. Es erinnert an ein Kammerspiel. Der Gefangene und sein Wärter, auch wenn es in diesem Fall nicht der Wärter ist, sondern derjenige der ihn verhört, ihn peinigt.
Es werden unglaubliche Zahlen genannt. Diese hohe Anzahl von Getöteten, Verhungerten, Gefolterten … Die Sowjetunion war groß und hatte viele Bürger. Stalin hatte viele Feinde. Die Säuberungsaktionen verlangten viele Opfer.
Aber auch diese durch Hunger und Krieg verrohten Menschen machen mir Angst.
Aber am meisten belasten, die Namen der Orte, wie Charkiw, die uns in der heutigen Zeit wieder aus genau den gleichen Gründen präsent sind. Wieder sterben Menschen in der Ukraine durch den russischen Machtapparat. Nur dass der Aggressor nicht Josef Stalin, sondern Wladimir Putin heißt. An Grausamkeit stehen sie sich in nichts nach. Und die Welt, und das sind wir, schaut zu.
Besonders heute, am 17.04.2023, macht uns die russische Rechtssprechung unter Putins Macht klar, wie nah wir dem Stalinismus sind: Der Oppositionelle Wladimir Kara-Mursa wurde zu 25 Jahren Haft verurteilt (weiterlesen in Zeit online)
Es ist gut, dass es Menschen wie Sasha Filipenko gibt. Schriftsteller wie er zeigen uns, wie nah die Gegenwart mit der Vergangenheit verwoben ist. Sie kleiden menschliches Leid, Tragödien, die man sich kaum vorstellen kann, in eine Sprache, die uns hilft, uns diese Grausamkeit anzuhören, mit den vom System verfolgten Menschen mitzuleiden und geistig an ihrer Seite zu stehen. Sasha Filipenko erzählt gegen das Vergessen und kann leider trotzdem nicht verhindern, dass es wieder geschieht. Jetzt! In dieser Stunde!
Ich möchte noch auf das Interview mit Sasha Filipenko verweisen. Ohne Memorial, inzwischen in Russland zerschlagen, hätte es dieses Buch in dieser Form wahrscheinlich gar nicht geben können. Dem Schriftsteller wurden von dieser Organisation die Verhörprotokolle zur Verfügung gestellt.
Bitte! Lest das Buch! Erzählt es allen Menschen, die ihr kennt, weiter! Es ist keine leichte Lektüre, kein Horrorfilm kann schlimmer sein als dieser auf wahren Begebenheiten beruhende Roman. Trotzdem empfehle ich euch, „Kremulator“ zu lesen, weil die Opfer es verdient haben, dass ihre Geschichte gehört wird.
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Übrig bleibt Asche
mari_liest am 16.03.2023
Bewertungsnummer: 1902186
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Sasha Filipenko schleudert uns mit seinem neuen Roman in das Jahr 1913, die stalinistische UdSSR. Und was er recherchierte ist unendlich grausam, dramatisch, furchtbar, traurig.
Was macht es mit einem Menschen, der täglich mit dem Tod konfrontiert ist? Der tagsüber und nachts massenweise Leichen aus Lieferwägen zerrt, mit Löchern in Köpfen und Hälsen, blutverschmiert. Dessen täglich Brot die Vernichtung von ermordeten Menschen ist, von denen am Ende nur noch Asche und Kugeln übrigbleiben. Und sollte mehr übrig sein: sein „Kremulator“ zermahlt die Knochenreste zu Staub.
Pjotr Nesterenko, der Direktor des ersten Krematoriums in Moskau wird nach Beginn des Angriffes der Deutschen auf die UdSSR am 23.06.1941verhaftet. Er ist ein gezeichneter, sehr schlauer, lebenswilliger Mensch und so steht er seiner Gefangennahme gefühlt kühl und phasenweise gänzlich unbeeindruckt gegenüber.
Doch zuvor war er als Offizier im Kampf gegen die Bolschewisten im Krieg, wurde angeschossen, war kurze Zeit Pilot, Flucht nach Griechenland, Serbien und Frankreich, dann Zusammenarbeit mit der Roten Armee. Immer wieder seit seiner Kindheit sieht er dem Tod in die Augen und denkt er wird nicht sterben. Dann endlich die Rückkehr nach Russland. Dort wird er der Direktor des ersten Krematoriums. Und wenn ihm eines nicht ist, dann langweilig. Denn Stalin lässt es Tote regnen, indem er vermeintlich Spione, Verräter oder Saboteure des Regimes nach Verhören und Scheinprozessen töten und im Krematorium rasch verschwinden lässt.
„Den Tod probe ich seit Jahrzehnten. Er passt perfekt zu mir. […] Er ist mir so vertraut und nah. Wir müssen voreinander nicht verstellen.“
Die Geschichte ist immer wieder gespickt von Briefen an Vera, Pjotr’s große Liebe seit Kindheitstagen, die er oft aus den Augen verlor und dennoch an den Schauplätzen in Europa wiedertraf. Seine Briefe in seinem Tagebuch an Vera lassen ihn diesen Wahnsinn irgendwie ertragen. Auch den als er 1941 verhaftet wird und seinem möglichen „Endgegner“ gegenübersitzt: einem jungen, überaus ehrgeizigen Beamten namens Pawel Andrejewitsch Perpeliza, dem Bürger Ermittler.
Und für den stehen zwei Dinge fest, dass er auch Pjotr als Spion überführen und ihm eine Kugel in den Kopf jagen wird und dass es gelingen wird ihm dies, aufgrund seiner internationalen Kontakte und Überlebenskünste, zu beweisen. Schnörkellos und doch in langen Verhören beantwortet Nesterenko die Fragen des Beamten, erzählt von seinem Leben und Filipenko zeichnet in selbigen einen Menschen, dem der Tod vermeintlich nichts anhaben kann. Je tiefer Perpeliza gräbt, desto weniger kann er eigentlich nachweisen. Und so zaubert er eine Anschuldigung aus dem Hut, die den stärksten Riesen umwuchtet und klar macht, warum die Staatssicherheit es auf Pjotr abgesehen hat.
„Vielleicht muss man, wenn man seinen Absturz bis ins Letzte begreifen will, manchmal hirnrissig bis ganz nach oben kraxeln …“.
Beim Lesen des Romans spürt man die erhitzte Kanone förmlich, die Unmengen an Menschen in ihrem Nacken hatten. Filipenko hat mit Wortgewandtheit und Galgenhumor einen historischen Roman verfasst. Niemand weiß, was als Nächstes geschieht. Überleben ist oberstes Gebot. Er beschreibt die politische Doktrin und was geschieht, wenn man sich dem System nicht unterordnet.
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Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
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