Juni 1952, Annie ist 12 Jahre alt. Eines Sonntagnachmittags muss sie miterleben, wie der Vater versucht die Mutter umzubringen. Nach kurzer Zeit beruhigt sich der Vater, und Annie verdrängt den Vorfall. Bis sie nahezu ein halbes Jahrhundert später auf ein altes Foto stößt, das eine Flut von Erinnerungen auslöst. Je tiefer Annie Ernaux in dieses entscheidende Jahr eintaucht, umso deutlicher wird ihr die Spannung, in der die Eltern lebten, zwischen dem Wunsch nach sozialem Aufstieg und dem demütigenden Rückfall in die alten Verhältnisse. In »Die Scham« seziert sie dieses beharrliche Gefühl der eigenen Unwürdigkeit.
Ein weiteres autobiografisches Meisterwerk der Nobelpreisträgerin! In "Die Scham" erzählt Annie Ernaux unbeschönigt davon, dass sie trotz des sozialen Aufstiegs aus der Arbeiterklasse das Gefühl, nicht wirklich dazu zu gehören, niemals ganz los wird. Eine zeitlos aktuelles Buch.
Sehr schonungslos und reflektiert beschreibt Annie Ernaux ein prägendes Ereignis ihrer Kindheit und sucht Erklärungen. Das Thema Scham ist allgegenwärtig: Scham über Herkunft, Bildung, Arbeit. Man gewinnt einen Einblick in das Frankreich der 50er Jahre und begleitet die Protagonistin bei der Suche nach ihrem Platz in der Gesellschaft. Empfehlenswert!
Jenseits der Herkunft: Annie Ernaux' eindringliche Erkundung von Klasse und Identität
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Annie Ernaux' "Die Scham" ist ein literarisches Kleinod, das den Leser von der ersten Seite an in seinen Bann zieht und lange nach dem Zuklappen des Buches nachklingt. Es ist selten, dass ein Werk so virtuos geschrieben ist, dass einem die Worte fehlen – doch Ernaux gelingt genau das. Ihr einzigartiger Schreibstil ist wie ein feines Gewebe aus präzisen Beobachtungen und tiefgründigen Reflexionen. Sie webt Sätze mit einer solchen Meisterschaft, dass man das Gefühl hat, ein Leben durch ihre Augen nachzuerleben, sich vollständig in ihre Erinnerungen und Empfindungen zu verlieren.
Das zentrale Thema des Buches, die gesellschaftliche Kluft zwischen Ernaux und ihrem Vater, ist von universeller Relevanz und wird hier mit bemerkenswerter Offenheit beleuchtet. Der Vater, ein Arbeiter, und die Tochter, die ihren Weg in ein akademisches, belesenes Leben als emanzipierte, starke und unabhängige Frau ebnet – dieser Gegensatz ist das pulsierende Herz der Erzählung. Ernaux schildert nicht nur die äußeren Umstände, sondern auch die inneren Konflikte und die damit verbundene Scham, die aus dieser Diskrepanz erwachsen. Sie zeigt auf, wie der soziale Aufstieg oft mit einer Entfremdung von den eigenen Wurzeln einhergeht, eine Thematik, die viele Leser nachvollziehen können.
Besonders faszinierend ist die trockene, fast schon nüchterne Art der Autorin. Diese Distanz, die sie zu ihren eigenen Erlebnissen wahrt, ist jedoch keineswegs kalt. Im Gegenteil: Sie schafft einen enormen Freiraum für die eigenen Empfindungen des Lesers. Ernaux präsentiert ihre Erfahrungen und die daraus entstandene Kunst so unverfälscht, dass man unweigerlich dazu eingeladen wird, die geschilderten Gefühle und Situationen mit den eigenen Empfindungen zu erspüren und eine tiefe, persönliche Verbindung zu entwickeln. Es ist diese Kunst der Andeutung, die Kraft ihrer sorgfältig gewählten Worte, die es ermöglicht, allein durch die literarische Darstellung Gefühle zu entwickeln, die das Ergebnis ihrer Erfahrungen und Lebensabschnitte sind.
"Die Scham" ist somit weit mehr als eine Autobiografie; es ist eine tiefgründige Analyse sozialer Dynamiken, ein Porträt einer Frau, die ihren Platz in der Welt sucht, und vor allem ein Beweis für die immense Kraft der Literatur, komplexe menschliche Erfahrungen greifbar zu machen. Ein absolut lesenswertes Buch, das nachhaltig beeindruckt und zum Nachdenken anregt.
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Im Alter von zwölf Jahren erlebt die Autorin mit, wie ihr Vater versucht, ihre Mutter umzubringen. Die Familie geht anschließend zur Tagesordnung über. Sie selbst empfindet Scham, fühlt sich verpflichtet, nichts preiszugeben, um die Eltern nicht bloßzustellen.
Vierzig Jahre später spürt die Autorin ihren Erinnerungen nach. Sie geht dieser traumatischen, prägenden Episode auf den Grund und bricht jetzt das Schweigen.
Der Schreibprozess nimmt ihr die Last, ob sie es verarbeitet hat, bleibt offen. Ein radikal persönlicher, literarisch ausdrucksstarker Text.
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