»Dieser Roman ist besser als gut. Sein wunderschön umgesetztes Lamento einer verlorenen Sprache und kultureller Nachhaltigkeit ist von universeller Relevanz.« Canberra Times
»Mein Lieblingsbuch des Jahres.« Nicole Seifert
Ein Londoner Künstler und ein französischer Linguist landen im Sommer 1979 auf einer abgelegenen irischen Insel. Der Künstler ist angereist, um die zerklüfteten Klippen im Atlantik zu malen, der Linguist, um den Niedergang der irischen Sprache zu verfolgen. Jeder der Männer will die unberührte Insel und seine Bewohner für sich allein haben: Der eine, um sie in Ruhe zu malen und endlich ein besonderes Kunstwerk zu schaffen, der andere, um eine Sprache zu retten, die gar nicht die seine ist. Die Spannung zwischen den beiden zieht im Laufe des Sommers Kreise über die gesamte Insel.
Vor dem Hintergrund Nordirlandkonflikts, erzählt der Roman vom harten Leben der Inselbewohner und von ihren Träumen – die sie über die harschen Grenzen ihrer abgeschiedenen Realität hinausführen.
Audrey Magee verbindet in ihrem Roman „Die Kolonie“ (2022 auf der Longlist des Booker Prize) auf ungewöhnliche Weise die nordirischen „Troubles“ mit dem Leben auf einer übersichtlichen, namenlosen Insel vor der westlichen Küste der irischen Republik. Beschreibungen des Inselalltags wechseln sich ab mit Meldungen über die Todesopfer, die die gewaltsamen Auseinandersetzungen auf beiden Seiten in Nordirland fordern. Diese Einschübe sind zu Beginn kurz, meist nur wenige Zeilen, was ihnen aber nicht die Eindringlichkeit nimmt. Im Verlauf des Romans nimmt die Länge der Terrormeldungen zu und sie werden auch in den Gesprächen zwischen den Inselbewohnern thematisiert. Aber das ist nur die Klammer, die alles zusammenhält.
Wir schreiben 1979, die Bevölkerung auf der kleinen Insel ist mittlerweile stark geschrumpft, nur noch zweistellig. Wer der englischen Sprache mächtig ist, verlässt das Eiland und versucht, sich in England eine Existenz aufzubauen, während die Zurückgebliebenen ihrem traditionellen Tagwerk nachgehen. Die Männer fahren zum Fischen aufs Meer, die Frauen kümmern sich um Haus, Hof und die Kinder. So, wie es schon immer war. Im Sommer 1979 treffen dort zwei Besucher ein, die diese beiden Pole verkörpern und zwischen denen ein Kampf der Kulturen entfacht wird.
Mr Lloyd, ein erfolgloser, mittelmäßig talentierter englischer Maler, der sich von der ursprünglichen, rauen Natur und dem Inselleben neue Inspirationen erhofft, ist zum ersten Mal vor Ort. Egoistisch beharrt er auf seinem Bedürfnis nach Einsamkeit, ist er doch zahlender Gast, und sucht den Kontakt zu den Bewohnern nur dann, wenn sie ihm von Nutzen sind. Er bewohnt ein isoliertes Cottage und empfängt dort Mairéad, deren Mann, Vater und Bruder dem Meer zum Opfer gefallen sind. Dass sie ihm heimlich Modell sitzt, muss ihr Geheimnis bleiben. Und auch James, ihr 15-jähriger Sohn, ist von dem Maler fasziniert und freundet sich mit ihm an. Lloyd zeigt ihm die Basics und ermuntert ihn, es auch einmal zu versuchen. Es dauert nicht lange, bis er erkennt, dass der Junge sehr talentiert und viel besser als er selbst ist. Und nicht ohne Eigennutz schildert Lloyd James die Möglichkeiten, die James Umzug nach England und die Vermarktung seiner außergewöhnlichen Gemälde dort mit sich bringen könnte. Gleichzeitig ermuntert er ihn, eigene Wege zu gehen, die Insel und deren kulturelles Erbe hinter sich zu lassen.
Jean-Pierre Masson, ein französischer Linguist mit einer algerischen Mutter, hat quasi Heimrecht, war er doch im Zuge seiner Habilitation über die gälische Sprache schon öfter auf der Insel. Er ist fast schon besessen davon, diese zu bewahren, weshalb er sich auch über die Anwesenheit des Engländers ärgert, der des Gälischen nicht mächtig ist und deshalb in seiner englischen Muttersprache kommuniziert. Und deshalb muss sich Lloyd immer wieder mit der Anschuldigung Massons auseinandersetzen, dass er die Reinheit des Experiments gefährde und auch nicht besser als die britischen Kolonialisten sei. Masson ist ihm gegenüber ruppig und übergriffig, gleichzeitig aber im Umgang mit James‘ Großmutter mitfühlend und empathisch. Jemand, dessen Verhalten man erst dann einordnen kann, wenn man mehr über seinen persönlichen Hintergrund erfährt.
Es ist eine Vielzahl von Themen, die in diesem Roman ihren Platz finden. Es geht um Leben und Zusammenleben, um Identität und Selbstverwirklichung, um das Bewahren von Traditionen und Neuanfänge, um Sprache und künstlerischen Ausdruck und um die leidvolle Geschichte eines zerissenen Landes. Last but not least ist „Die Kolonie“ vor allem wegen der sprachlichen Qualität ein Juwel, wie man es nur selten findet. Deshalb geht ein dickes Dankeschön auch an Nicole Seifert, die eine großartige Übersetzung abgeliefert hat.
Ein Highlight, das man nicht verpassen sollte. Lesen. Unbedingt!
Dieser Roman hat ambivalente Gefühle bei mir ausgelöst. Die Geschichte entführt mich auf diese kleine Insel, scheinbar weit entfernt vom politischen Chaos des Festlands. Es ist eine Welt für sich, durchdrungen von karger Schönheit und der Einfachheit des Lebens.
Anfangs hat mich dieser feine, liebevolle Humor, mit dem die Anreise des Künstlers und die gedankliche Übersetzung seiner Erlebnisse in passende Bilder zum Schmunzeln gebracht. Die Ankunft auf der Insel und die Eigenheiten der Inselbewohner wirken treffsicher und authentisch.
Ich lese über die Sicht eines Künstlers, der immer auf der Suche nach dem perfekten Motiv ist, und eines Linguisten, der Worte retten will, bevor sie für immer verloren sind.
Doch die Autorin bringt gekonnt tiefgründige Gedanken in die scheinbare Idylle und so habe ich mit der Zeit eine ernste und beklemmende Stimmung wahrgenommen.
Fast unbemerkt sickert der Nordirlandkonflikt durch Zwischenmeldungen und unterschwellige Spannungen zwischen dem englischen, charakterlich nicht gerade sympathischen Gast und den Einheimischen in die Geschichte. Und plötzlich wirkt alles nicht mehr so idyllisch . Hinzu kommt noch ein ganz persönlicher Einblick in die Vergangenheit des Linguisten, woraus sich sein enger Bezug zu Sprache und Parallelen herleiten lassen.
Die Sprache spielt als Trägerin von Identität und als letzte Bastion gegen das Vergessen eine zentrale Rolle im Roman. Ihre langsame Auslöschung durch Kolonialisierung und Fortschritt schmerzt. Ich spüre den Verlust, der mehr ist als nur das Verstummen alter Worte, da er mit dem Verlust von Kultur, Stolz und Zugehörigkeit einhergeht.
Das Buch beschreibt leise und dennoch unerschütterlich die Auswirkungen dieser Veränderungen auf verschiedenen Ebenen. Es erzählt von Enttäuschung, Ausnutzung und dem Zwang sich anzupassen.
Die Charaktere sind hervorragend gezeichnet, ihre inneren und äußeren Konflikte spürbar und ihre Entwicklung glaubhaft. Die Atmosphäre ändert sich stetig. Sie ist mal rau und mal poetisch und bewegt sich in einer Welt zwischen Vergangenheit und Moderne, zwischen verschiedenen Lebensentwürfen sowie zwischen Zugehörigkeit und Fremdsein.
Am Ende bleibt der bittere Geschmack von Verrat und Hilflosigkeit und bei mir eine tiefe Traurigkeit und Wut. Der Roman hat mich sehr berührt und war für mich ein schmerzlich schönes Buch.
Zwei Männer eine Insel. Ein Maler und ein Sprachforscher treffen einen Sommer lang auf einer irischen Insel aufeinander. Das örtliche Gefüge wird aus der Routine gebracht. Träume von einem anderen Leben entstehen. Wâhrend der Nordirland Konflikt seine vielen Opfer fordert, Lesende und die Inselgemeinschaft werden davon nicht verschont, denn solcherart Informationen gelangen in jeden Winkel des Landes und holen so immer wieder die bittere Realität in die vermeintliche Idylle. Am Ende des Sommers ist alles anders. Die Autorin erzählt die Geschichte in einer sehr schönen Sprache, die viel Raum für innere Bilder lässt.
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Ein englischer Maler und ein französischer Linguist treffen auf einer abgelegenen irischen Insel aufeinander. Jeder für sich beansprucht die Bewohner und ihre Insel für sich. Es kommt zum Konflikt, der aber in diesem Fall nur verbal ausgetragen wird.
Parallel dazu erfährt man durch kurze Zeitungsartikel vom eskalierendem Nordirlandkonflikt. Dieser Konflikt wird mit brachialer Waffengewalt geführt.
Es ist ein Roman der Gegensätze, der von Schönheit und Schrecken der Natur, Gewalt und Friedfertigkeit erzählt und er vermittelt viel über die Geschichte und Sprache Irlands. Ein Roman in einer wunderschönen poetischen Sprache verfasst, den man nicht so einfach aus der Hand legt.
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