In dieser Anthologie finden sich neben Erzählungen, die die Abenteuer Old Shatterhands und Winnetous – angelehnt an den vertrauten Stil Karl Mays – weitererspinnen, auch Geschichten mit neuen Sichtweisen und behutsamen Erweiterungen des Karl-May-Kosmos, jedoch ohne dabei das Flair von Karl Mays Mythos zu zerstören. Bewusst wurde es den Autorinnen und Autoren überlassen, welche Perspektiven sie wählen, damit sich den Leserinnen und Lesern eine möglichst abwechslungsreiche Sammlung bietet.
Wer Karl-May-Pastiches mit neuen Perspektiven kennenlernen und seine Helden auch etwas abseits der bekannten Motive und Handlungsschemata erleben will, kann also hier problemlos fündig werden. Die Geschichten sind so unterschiedlich wie ihre Autorinnen und Autoren selbst, die mit ihren Beiträgen nicht nur Karl Mays Helden Winnetou und Old Shatterhand weiterleben lassen, sondern auch ihrem Erfinder, dem großen Erzähler Karl May, eine Huldigung und ihren Dank für viele fesselnde Lesestunden ableisten wollen.
Als Karl May-Leser hast du ja irgendwann alles von deinem Autor gelesen. Also was liegt näher, als sich die Nachahmer, Fortsetzer oder wie immer sie auch sonst genannt werden, näher anzusehen? Ich tue das jetzt schon länger und habe dabei vieles von -richtig schlecht- bis -echt gut- gelesen. Also jetzt -Old Shatterhands neue Abenteuer - aus dem Karl May Verlag. Leider war diese Herkunft zuletzt nicht immer eine Garantie für gute Unterhaltung im Sinne Karl Mays. Aber manchmal eben doch und also musste ich dem Buch eine Chance geben.
Ich zäum das Pferd jetzt mal von hinten auf und sage gleich: Das Buch lohnt sich!
Volker Krischel, der Herausgeber wusste wohl sehr genau, welche Autoren er in seiner Anthologie dabei haben wollte. Das Ergebnis ordne ich meiner -echt gut- Kategorie zu.
8 verschiedene Kurzgeschichten, also 8x Bewertung.
Jutta Laroche kennen viele schon durch ihre Arbeit an Winnetous Testament. Auch hier ist sie mit einer für ihre Schreibe typischen Winnetou-Geschichte mit alten Bekannten und neuen Figuren, die fast ohne Bleichgesichter auskommt, vertreten. Der Ich-Erzähler ist nicht wie bei May, Old Shatterhand oder eines seiner aka's sondern Winnetou. Wer Laroche zum ersten mal liest, muss sich daran bestimmt erst gewöhnen.
Peter Wayands Erzählung spielt in New York, wo Shatterhand als Detektiv arbeitet. May-Lesern ist ja bekannt, dass Charley am Anfang von Winnetou II dort mittellos anlandet und bei einer Detektei anfängt. Daraus entwickelt sich dann die Jagd auf Ohlert. Hier erzählt Wayand Old Shatterhands ersten Fall für die Detektei. Auch bei ihm gibt es alte Bekannte und Bezüge zu weiteren Geschichten Karl Mays. Das alles mit Geschichtsbezug. Sehr interessant.
Lennardt M. Arndt kann offenbar nicht nur Sure-, sondern auch Shatterhand. Lesern von Karl May Pastiches ist Arndt vielleicht durch seine Buchreihe -Die Surehand-Story- bekannt. Damit hat er sich wohl auch in die Auswahl der Autoren für diese Anthologie gespielt. Zurecht, meine ich. Seine Geschichte erzählt den Old Firehand-Teil aus Winnetou II weiter. Und das so gut und spannend, dass sich bei mir spätestens jetzt das auf dem Buchdeckel angesprochene Flair des Karl-May-Mythos eingestellt hat.
Jacqueline Montemurri kann, neben mystischen Orientgeschichten um Kara Ben Nemsi, auch -Wild West-Erzählung-, wie sie mit -Starker Wind gegen Rinder- beweist. Feinde müssen sich gegenseitig vertrauen um eine gemeinsame Notlage zu meistern. Neben diesem roten Faden entwickeln sich zwischenmenschlich interessante Konstellationen. Spannend! Hier stören mich nur die Anredeformen die den Indianern in den Mund gelegt werden. Sie-zen von Weißen oder das Ihr-zen unter Indianern finde ich irgendwie unpassend. Aber da moser ich auf hohem Niveau.
Nadine Schmenger nimmt in einer spannenden Rahmenhandlung die Beziehung zwischen den Blutsbrüdern unter die Lupe und setzt sie einem Stresstest aus. Eine Situation, die Karl May wohl niemals geschildert hätte, die aber umso interessanter ist, weil die Erzählung trotzdem starken May-Bezug hat.
Alexander Röder ist wie J. Montemurri, Autor innerhalb der KMV-Reihe -Magischer Orient-. Er geht mit einer nicht kleinen Portion Ironie an die Shatterhand-Figur heran und hebt sie ein bisschen vom Sockel, auf den sie ihr Schöpfer gehoben hat. Lässt man sich darauf ein, wird man den einen oder anderen Schmunzel-Moment erleben. Aber Warnung - es braucht Distanz.
Katrin Ebel nimmt sich in ihrer fast schon kammerspielartigen Kurzgeschichte, wie auch Nadine Schmenger, der Verbindung Old Shatterhands und Winnetous an. Die Erzählung lebt fast ausschließlich vom Dialog der beiden Freunde und den Emotionen und Gedanken Old Shatterhands. Irgendwie fesselnd.
Den Schlusspunkt setzt Katharina Maier. Sie hat zu dem Anthologie-Band das Fragment einer Geschichte über eine seltsame Reisegruppe, die irgendwo im Nirgendwo westlich der Großen Seen auf der Suche nach einem mystischen Weisen unterwegs ist, beigetragen. Old Shatterhand und Winnetou vermuten, dass die Reisenden auf irgendeine Art hinters Licht geführt werden sollen und nehmen sich heimlich des Trecks an. Die Geschichte wird aus der Sicht einer weiblichen Mitreisenden erzählt, was ungewohnte und dadurch interessante Perspektiven zulässt. Gerne würde man lesen, wie die Sache sich weiter entwickelt und endet, aber leider ist es nur ein Fragment.
Nehme ich meine 8 Bewertungen zusammen, ist mein Fazit:
Wertvoll - Bitte lesen!
Man wünscht sich mehr von diesen Autoren, die ihren Karl May kennen und schätzen und behutsam mit seinem Erbe umgehen. Vielleicht folgen demnächst ja noch weitere Erzählungen - gerne auch in Langform!
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