Ben Oppenheim balanciert zwischen Ex-Frau, zwei Kindern und seiner Liebe zu Julia. Er hat Rückenschmerzen und Geldsorgen, aber was ihn wirklich ängstigt, ist der Krieg in Osteuropa. Getrieben vom jüdischen Fluchtinstinkt steigt er eines Morgens kurzerhand in ein Flugzeug nach Brasilien. Mitsamt Ex-Frau und Kindern, aber ohne Julia. Im Krisenmodus läuft Ben zur Hochform auf. Nur der Atomkrieg lässt auf sich warten. Ben dämmert, dass er sich ändern muss, wenn sich etwas ändern soll.
Im Diogenes Verlag erscheint der Roman "Sobald wir angekommen sind" von Micha Lewinsky.
Ben Oppenheim ist fast fünfzig, hat Geldsorgen und Rücken und in einer Midlife-Krise gefangen. Nach seinem Debüt als Autor versucht er vergeblich an den Erfolg anzuknüpfen, doch das klappt einfach nicht. Er schiebt es auf seine aktuelle Lebenssituation, seine Ehe mit Marina ist zerbrochen, mit ihr hat er zwei Kinder und lebt in einer Beziehung mit einer Künstlerin. Die Kriegsvorgänge in Osteuropa machen ihm so sehr Angst, dass er mit Frau und Kindern vor seinen privaten und den weltlichen Sorgen nach Brasilien flieht. Aus der Schweiz nach Brasilien, so wie Stefan Zweig. Was Zweig konnte, kann einem Ben Oppenheim auch nur gelingen. Doch so einfach er sich das vorstellt, ist es nicht.
"Das Leitmotiv des Judentums aber, die Angst, verfolgt und vertrieben zu werden, musste man schon mit der Muttermilch aufsaugen." Zitat Seite 144
Ben Oppenheim ist Jude, nicht sehr gläubig und ein absolut egoistischer Typ mit wirren Gedanken, erfolglos, unentschlossen, unsensibel und bekommt seine Ehe nicht gerettet, aber auch die Beziehung zu seiner neuen Freundin klappt nicht so recht. Außerdem glaubt er daran, zu einem Volk zu gehören, dem die Flucht seit Urzeiten in die Wiege gelegt wurde. Und so lassen ihn düstere Nachrichten sofort an einen drohenden Atomkrieg denken und er flieht Hals über Kopf nach Brasilien.
In dieser Handlung wird tragisch deutlich, welches Schicksal viele jüdische Menschen durch Flucht und den Verlust von Heimat durchmachen. Doch was Ben einfach unausstehlich macht, ist seine Ansicht, einfach der tollste Mann zu sein und ständig seine Meinung zu ändern. Das fand ich recht nervig, nur seine ironischen Ansichten und die Erlebnisse von Bens Frauen (mit oder ohne ihn) ließen mich weiter lesen.
Micha Lewinsky zeigt auf ironische Weise Bens zwiegespaltene Sichtweise auf sein Leben, seine Frauen und die Angst vor dem Weltgeschehen. Es mischen sich ernste Themen mit seichten, dazu kommen Bens sexuelle Gedanken, die zeigen, wie egoistisch er tickt. Kein Sympath, kein Mann, den man gerne kennenlernen möchte und ein echter Anti-Held!
Bei dieser Lektüre hat mir der angenehm zu lesende Schreibstil und der eingebaute Humor gefallen. Und obwohl ich Ben überhaupt nicht mochte, hat mich Lewinsky mit seiner Geschichte gefesselt.
Eine Geschichte über einen Anti-Helden, die von Flucht, Furcht und innerer Zerrissenheit erzählt!
Hier hat Micha Lewinsky ganze Arbeit geleistet und ein tolles Buch gezaubert. Kurz vorweg: ich habe mit der Hauptperson mitgelitten, mitgefiebert, mitgefühlt.
Dieses Buch ist definitiv kein einfacher Roman, eher kompliziert und tiefgründig. Das Zentrum der gesamten Geschichte ist die innere Zerrissenheit der Charaktere, insbesondere des jüdischen Benjamin Oppenheims. Dieser befindet sich durchgehend in einem Konflikt mit sich selbst, der Sicherheit Zuhause und der drohenden Angst vor dem Krieg, Flucht oder Standhalten, Familie oder Liebschaft, Vergangenheit oder Zukunft, ... Benjamin steht sich teilweiße selbst im Weg um eine passende Entscheidung zu treffen.
Die ganze Geschichte wird in genau dem richtigen Tempo erzählt, sodass man mit Benjamin mitdenken und -fühlen kann.
Tolles Buch und sehr zu empfehlen!
Im Fokus dieses herrlich erheiternden Romandebüts steht der erfolglose jüdische Drehbuchautor Ben Oppenheimer. Er fürchtet den Ausbruch eines Atomkriegs und flieht samt Ex-Frau und Kinder Hals über Kopf nach Brasilien. Dort warten auf die Familie Herausforderungen, die gemeinsam zu bewältigen wären. Doch Ben wälzt gern eigene Probleme, unfähig diese zu lösen, ohne innere Motivation. Dabei käme es ihm gerade recht, wenn ihn seine Ex-Frau wieder in ihr Bett ließe, schließlich hat er seine Geliebte unverrichteter Dinge zurückgelassen in Zürich, dieser Mann ist eben ein echtes Schätzchen ;-) Von Micha Lewinsky wirklich großartig erzählt, ich schmunzle noch.
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Ich liebe den Diogenes Verlag und auch dieser Titel hat mich nicht enttäuscht. Der Protagonist Ben ist gewiss kein Sympathieträger: Ein Narzisst, durch und durch. Und wie gefühlt jeder andere Narzisst auch, ist er sich dessen keineswegs bewusst, sondern sieht in seinen Mitmenschen das Schlechte, Missgünstige und Manipulative. „Ben war verletzt“ ist somit ein nicht seltener, aber allzu treffender Satz. Was mich so gepackt hat, ist, dass aus seiner Sicht der Dinge erzählt wird. So bekommt man als Leser seine verworrene Sicht- und Denkweise auf intimste Weise mit. Treffer!
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