Dieser Roman der großen, mit dem «Prix Goncourt» ausgezeichneten französischen Autorin schildert mit dramatischer Spannung die Zeit der Resistance, in der die junge Intelligenz in tragischer Verstrickung das Bewusstsein der Verantwortung für die anderen gewann.
Der Roman Das Blut der anderen spielt in der Zeit vor und während des Zweiten Weltkrieges. Der eine Protagonist ist Jean Blomart, Sohn eines französischen Bürgers, der sich von der Bürgerschaft lossagt, um ein Leben als Arbeiter zu leben. Auf diese Weise will er sich von seinen Gewissensbissen befreien und gegen den Faschismus kämpfen. Dazu muss aber weiteres Blut vergossen werden, das Blut der anderen. Jean und seine Freunde entscheiden sich zu weiteren Terrorakten, die Aufmerksamkeit erzeugen sollen, auch wenn Menschenleben dabei gefordert werden. Die andere Protagonistin ist Helene. Sie ist in Jean verliebt, der ihre Liebe zunächst nicht erwidert. Dennoch bleibt er bei ihr, damit sie glücklich ist. Im Laufe der Zeit wandelt sich die Einstellung von Helene, die ein Leben in Sicherheit präferiert und Jean in einem Krieg nicht verlieren will. Sie nimmt an der Widerstandsbewegung mit Gewaltakten teil und wird schwer verletzt. Und mit ihrem Todeskampf beginnen auch der Roman und damit verbundenen, ständigen Gewissenkonflikte seitens Blomarts.
Der Roman ist in Kapiteln aufgebaut, die wechselseitig aus der Sicht von Jean in der Ich-Perspektive und von Helene in der dritten Form geschrieben sind. Die Zeitsprünge innerhalb des Romans sind etwas verwirrend, es ist aber auch kein Buch zum Runterlesen, sondern eines zum Nachdenken und Diskutieren.
Simone de Beauvoir hat mit diesem Werk aus meiner Sicht einen zeitlosen Roman geschaffen.
Simone de Beauvoir hat mit „Das Blut der anderen“ einen genialen existenzialistischen Roman geschrieben. In ihrer bildhaften Sprache beschreibt sie die Schuld des Seins und die Gewissenskonflikte des Verlegersohns Blomart. Die Erzählerperspektive wechselt jedoch häufig und scheint teils sprunghaft, wenn man sich in das Buch reingelesen hat ist dies weniger ein Problem, jedoch erschwert dies den Einstieg in die Lektüre.
Insgesamt ein tolles Buch das jedoch ein wenig Anstrengung erfordert um im vollen verstanden und genossen zu werden. Doch wer das nötige Engagement mitbringt wird mit einem ihrer besten Bücher belohnt.
"Du hast meinetwegen gelitten - weil ich existierte. Wer hatte mich dazu verurteilt?"
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Simone de Beauvoirs Roman „Das Blut der anderen“ ist unvergleichlich kraftvoll, unendlich schwer in seiner existentiellen Gravitation und wahnsinnig inspirierend hinsichtlich von ethischen Fragen, die zwischenmenschliche Verantwortung betreffend. 1945 erschienen, ist dies der zweite Roman Beauvoirs, der vielleicht wirkungsvollsten Denkerin des 20. Jahrhunderts.
"Das Blut der anderen" annähernd begreiflich zu machen, bedeutet zunächst die Vorstellung von Verantwortung neu zu explizieren. Zum Zeitpunkt der Verfassung des Romans war Frankreich in vielerlei Hinsicht orientierungslos. Traditionelle Deutungsmodelle waren nicht mehr in der Lage einem desillusionierten Frankreich einen geistigen Leitfaden zu vermitteln. „Existentialismus“ war das Schlagwort der Stunde. Dieser hat die Lehren aus dem Krieg zu ziehen gewusst und schmerzlich erkannt, dass Gleichgültigkeit Chaos und Unruhe verursacht. Beauvoir und mit ihr Jean Paul Sartre haben insbesondere der jüngeren Generation ein philosophisches Konzept, manche sagen sogar ein Rezept, vermittelt, das wieder intensives und authentisches Leben versprach. Das Blut der anderen meint ein Verständnis für die Verantwortung vor dem Anderen zu erlangen. Jedoch gerade zu begreifen, dass ich dieser Verantwortung nicht entkommen kann durch etwaiges Nicht-Handeln. Durch die pure Existenz, durch ein Dasein in gesellschaftlicher Implementierung vermag der Mensch die Folgen seiner Handlungen nicht lenken zu können. Wo, wenn nicht in der Liebe, ließe sich dies besser belegen. Haben wir etwas getan, wenn andere sich in uns verlieben, beeinflusst nicht gerade unser pures Da-sein schon unglaublich viel? Genau diese Fragen gehen Jean, einem antifaschistischen Mitglied der Résistance durch den Kopf als er die eigensinnige Hélène im Roman kennenlernt. Er versteht, dass es kein Entkommen davon gibt, wer wir für andere sein werden. Wir haben keine Macht über die Freiheit, die andere in Anspruch nehmen wenn sie uns mögen, lieben oder hassen. Dostojewskis Maxime „Jeder Mensch ist für alles und vor allen verantwortlich“ wurde nicht zufällig dem Roman als Geleitwort mitgegeben. „Ich war Schuld daran“, rekapituliert Jean später „dass sie hier auf diesem Bett lag. Ich hatte nicht in ihr Leben eindringen wollen, ich war geflohen, aber meine Flucht hatte ihr Leben verpfuscht". Beauvoirs bravouröse Darstellung der existentialistischen Idee, ihr Geschick, diese mit der Widerstandsbewegung der Résistance zu verflechten und bis zum bitteren Ende durch zudenken, machen den Roman zu einem Meisterwerk. Nichts ist so mysteriös wie die Beziehung zum Anderen. Die Wahrheit, die in uns ist, kann nur mit Worten ausgedrückt werden und die Worte bedeuten in dem Augenblick, in dem wir sie der Welt mitgeben schon etwas anderes. Jean kann Hélène diesen Zugang nicht öffnen, denn Hélène verwandelt Worte und Sinn auf ihre Weise. Als Menschen bestehen wir niemals nur aus Fleisch und Blut, sondern auch aus jenem Schein, den wir alle mit uns umher tragen ohne ihn ablegen zu können. Beauvoir lässt Jean folgerichtig das Konzept von Schuld eingehend neu interpretieren. Zu kurz greift die Vorstellung, nach der Schuld sich auf ein einfaches handlungstheoretisches Paradigma reduzieren ließe. Für den Existentialismus ist Schuld eine immanente Kategorie des Menschlichen. Sie liegt in unserer Substanz, in dem was wir sagen, genauso wie in dem was wir nicht sagen. Jean sucht mit dieser Erkenntnis nach einer Möglichkeit trotzdem leben zu können. Dieses Dilemma, die Frage nach dem Engagement und den unüberbrückbaren Folgen, wird Jean schmerzlich durchleben müssen.
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Sehr realistisch und poetisch geschrieben behandelt der Roman in einer Geschichte über die Zeit der Resistance in Frankreich die Frage nach der Verantwortlichkeit menschlichen Handelns.
Was ich tue, hat für mich und Andere Konsequenzen.
Was ich unterlasse ebenfalls.
Ich entscheide.
Freiheit und Schuld.
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