#saytheirnames: Polly, Annie, Elizabeth, Catherine und Mary-Jane
Diese fünf Frauen wurden 1888 ermordet. Ihr Tod und noch mehr ihr Leben haben damals kaum jemanden interessiert. Hingegen wurde der unbekannte Täter, dem die Presse den Namen Jack the Ripper gab, mit viel Aufmerksamkeit bedacht.
Hallie Rubenhold befreit die fünf ermordeten Frauen aus dem Schatten der Anonymität. In ihren Lebensgeschichten wird eindringlich deutlich, wie hart das Leben als Frau in der Arbeiterschicht zu jener Zeit war und wie katastrophal die Zustände im Armenhaus waren. Und vor allem, wie erbarmungslos die von der viktorianischen Moral geprägte Gesellschaft auf jede Frau blickte, die das ihr zugedachte Konzept der braven Ehefrau und Mutter hinter sich ließ.
Hallie Rubenhold bietet in ihrem Buch neue Einsichten und stützt sich auf bisher ungesehenes oder unveröffentlichtes Material, wobei der Schwerpunkt erstmals ausschließlich auf den Frauen und nicht auf ihrem Mörder liegt.
Ich liebe den Schreibstil der Autorin, der sehr lebendig ist, ein Kunstwerk. BRAVO!
Aber:
Ich kann es nicht leiden, wenn mir eine Autorin vorschreiben will, was ich zu denken habe. Das lässt dieses Buch mehr wie eine Kolumne wirken.
Und es beleidigt jeden, der sich (damals wie heute) jemals mit dem Fall befasst hat, weil Rubenhold überzeugt ist, als einzige die ultimative Wahrheit zu kennen.
The Five ist geschrieben wie ein Märchen, nur das diese Frauen leider nicht ihren Prinzen treffen, sondern ihren Mörder. Sie behauptet, den Mörder aus ihrem Buch entfernt zu haben. Aber auf dem Titel musste Jack the Ripper stehen, weil es besseren Umsatz bringt, oder?
Besonders wichtig scheint Rubenhold zu sein, dass es keine Beweise dafür gibt, dass sich drei von ihnen prostituiert haben. Was für "Beweise" will sie denn finden, wenn es illegal war? Und ist ihre Ermordung jetzt schlimmer, wenn das nicht der Fall gewesen ist oder weniger schlimm, wenn es so war?
Das erklärt Rubenhold leider nicht und deshalb kann ich hier ihre Motivation dahinter nicht nachvollziehen und finde damit auch ihre ganze Agenda nicht gerade positiv.
Außerdem wird behauptet, dass jede obdachlose und mittellose Frau von der Polizei grundsätzlich als Prostituierte gesehen wurde und die Ermittler dadurch der Aufklärung der Morde an den Kanonischen Fünf wenig Bedeutung beimassen. Ich finde dafür sind vier Jahre Ermittlungen ziemlich lange. Würden Abberline und Co noch leben, hätte Rubenhold sicherlich einiges zu erklären.
In allen Foren lese ich, wie viele Leute durch dieses Buch zu der Erkenntnis gelangt sind, dass diese Frauen nicht nur Prostituierte waren, sondern auch Menschen (mir war bisher nicht klar, dass für viele das Eine das Andere offenbar ausschließt). Das scheint das einzige Thema zu sein, welches bei den Lesern dieses Buches präsent geblieben ist, zumindest höre ich kaum andere Stimmen. Meist wird bei der Präsentation des Buches
in den sozialen Netzwerken erst im zweiten Satz die Sozialgeschichte Englands und Details aus ihrem Leben erwähnt, die Rubenhold sehr anschaulich beschreibt. Der Grundsatz scheint zu sein: Die sexistische Polizei und sexistische Forscher haben sie grundlos als Prostituierte gebrandmarkt. Ich denke die Polizei hatte im schlimmsten Viertel Londons andere Probleme. War es denn das, was die Autorin wollte? Das Leben dieser Frauen zugunsten einer feministischen Agenda in den Hintergrund treten zu lassen? Mich persönlich stört das gewaltig, weil es mit Biografien nichts mehr zu tun hat.
Das ihre Namen vergessen wurden, wie bei der Publizierung dieses Buches ständig behauptet wird, stimmt für mich einfach nicht. Zeigt mir Mordopfer, deren Namen so bekannt sind wie die von Mary Ann Nichols, Annie Chapman, Elizabeth Stride, Catherine Eddowes und Mary Jane Kelly. Und das gerade deshalb, weil der Name des Täters unbekannt ist und sie die einzige "Spur" sind, die man hat. Rubenhold hat einfach nur die Betrachtungsweise geändert.
Niemand, der eine andere Wahl hat, lässt sich von einem Fremden in irgendwelche dunklen Ecken drängen. Ich brauche The Five nicht, um mir dessen bewusst zu sein. Ich finde es erschreckend, wie viele Leute sich darüber offenbar noch nie Gedanken gemacht haben.
Wer war Jack the Ripper?
Diese Frage haben sich unzählige Personen gestellt und nie eine Antwort darauf gefunden. Bei manch einem ist es zu einer Besessenheit ausgeartet, hinter dieses Geheimnis zu kommen. Andere haben verschiedene Theorien entwickelt und versuchen diese zu untermauern.
Doch kaum einer fragt sich, wie das Leben seiner Opfer ausgesehen hat. Abgestempelt als Prostituierte. Das wars. Vielleicht erfährt man noch ein bisschen mehr über deren Familienstand, wenn man genauer hinschaut. Aber niemals werden die Umstände beleuchtet.
Dieser Aufgabe hat sich die Autorin gestellt und in diesem Buch das Leben der fünf Opfer genauer beleuchtet.
Dabei ist sie auf die jeweiligen Lebensumstände eingegangen, wie es sich seit der Geburt verändert hat, wie das Umfeld dazu beigetragen hat und wie die letzten Wochen oder Monate vor dem jeweiligen Tod ausgesehen haben muss.
Alles in allem handelt es sich um ein sehr interessantes Werk, weil man sehr tiefe Einblicke erhält und dadurch auch ein gewisses Mitleid mit den Opfern bekommt. Davor wirkte es aufgrund der Berichte über Jack eher distanziert und unnahbar.
Die Lebensläufe werden dabei auf Zeugenaussagen, Ausschnitte aus der damaligen Zeit und Berichte gestützt. Jedoch muss ich auch ganz klar sagen, dass ich mir an der einen oder anderen Stelle etwas mehr erhofft habe.
Wurde sich beim ersten Opfer noch sehr viel Mühe gegeben, die Zeit näher zu beleuchtet, lies dies im Verlauf nach. Bei manchen wurde zudem zu viel über das Leben der Eltern berichtet und eine Existenz innerhalb von wenigen Seiten abgetan, weil über die Person und deren Vergangenheit nichts bekannt war. Wo ich mir dennoch sage: Was hat diese Person ausgemacht? Wie hat sie gewirkt?
There’s a hole in the world like a great black pit …
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
»… And the vermin of the world inhabit it / And its morals aren’t worth what a pig could spit / And it goes by the name of London« heißt es bei ›Sweeney Todd‹ – Hallie Rubenhold bestätigt dies in ›The Five‹. Man erfährt nicht nur die Gegebenheiten des Londons des späten 19. Jahrhunderts, sondern Rubenhold stellt zudem die Frauen vor, die später Jack the Ripper zu Opfern fielen, die erstaunliche Leben führten, teilweise überraschend gebildet waren und NICHT alle ›nur‹ Sexarbeiterinnen waren. Eine wahre Offenbarung über die Leben von Polly, Annie, Elizabeth, Catherine und Mary Jane.
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"Jack the Rippers" Opfer wurden immer nur als Verwahrloste dargestellt, nun bekommen sie von der Autorin das eine zeitgemäße Identität. Denn sie waren vor ihrem gesellschaftlichen Absturz normale Frauen. Ich werde Polly, Annie, Elizabeth, Catherine und Mary Jane nicht vergessen.
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