Vom Austeilen und Auf-die-Fresse-Kriegen: eine Nachwendejugend in Mecklenburg-Vorpommern.
Hendrik Bolz, geboren 1988, ist in Stralsund aufgewachsen, im nordöstlichsten Winkel Deutschlands, in einer Welt, die, obwohl das Land längst nicht mehr »DDR« heißt, wenig mit dem zu tun hat, was im Westen als Normalität durchgeht. Lediglich das RTL-Nachmittagsprogramm, das im Hintergrund zu hören ist, deutet darauf hin: Es sind dieselben Nullerjahre.
Während in den Plattenbauten von Knieper West immer mehr Erwachsene die Suche nach einem Platz im neuen System aufgeben, nehmen Hendrik und seine Freunde die Herausforderung an: Sie finden Auswege aus der Langeweile und Fluchtwege, um keine Prügel zu kassieren. Langsam zerfallen die Frontlinien der Baseballschlägerjahre, an die Stelle der Springerstiefel treten Turnschuhe, die Böhsen Onkelz werden von Aggro Berlin abgelöst, die Optionen bleiben die gleichen: Fressen oder Gefressenwerden.
Im Kindergarten, in der Schule und im Fußballverein haben sie gelernt, dass ein großer Junge nicht weint und dass der Klügere nur so lange nachgibt, bis er der Dümmere ist. Nun gilt es, härter zu werden, um, wenn es drauf ankommt, dem anderen die Nase zu brechen. Und stumpfer zu werden, um dabei nicht zu zögern. Die Mittel finden sich - Kraftsport, Drogen, Rap. Und bald sind es neue »Kleine«, die sich verstecken müssen.
Hendrik Bolz erzählt eindringlich von einem Jahrzehnt im Osten Deutschlands, das uns ein Stück bundesrepublikanische Gegenwart erklären kann.
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Als Zeitzeugnis ist dieser biographische Abriss okay,
wenn auch keine Literatur wie bei Clemens Meyer oder
Philipp Winkler. Aber das soll es sicher auch nicht sein.
Hendrik Bolz hat seine Seele und sein Gewissen
offengelegt, um sich selbst zu erklären und zu verstehen.
Er sieht sich, seine Kameraden, seine Jugendjahre
im Kontext der zusammenbrechenden Strukturen
nach der Wende, welches für viele eine Katastrophe war.
Strukturen welche Menschen Halt und Richtung gaben
und nach deren Wegfall Familien zerstörte.
Ich habe die vielen Szenen vom fixen, saufen und prügeln
überlesen. Vielleicht bin ich doch schon zu alt dafür.
Aber wer es mag....
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Alkohol, Drogen, Gewalt: willkommen im Stralsund der 2000er
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Mecklenburg-Vorpommern in den 2000er-Jahren: ein Synonym für Arbeitslosigkeit, Gewalt, Rechtsextremismus. Und vor allem Perspektivlosigkeit. Glücklicherweise hat sich das Image des Landes an der Ostseeküste heute stark gewandelt, doch viele der damals Jungen haben das Land verlassen. Die Gründe waren schließlich mehr als offensichtlich. So auch Hendrik Bolz, der den allermeisten unter seinem Künstlernamen Testo des Berliner Hip-Hop-Duos “Zugezogen Maskulin” bekannt sein dürfte und mit »Nullerjahre« sein literarisches Debüt feiert.
Hendrik lebt in Stralsund. Doch nicht im herausgeputzten, von Tourist:innen bevölkerten und studentischen Stralsund unserer Tage. Er lebt im Plattenbauviertel Knieper-West, wodurch sein Schicksal und das seiner Clique schon von Anfang an festzustehen scheint. Und tatsächlich tut Hendrik auch alles, dem Teufelsrad aus Alkohol, Drogen und Schlägereien nicht zu entkommen – sie werden zum Mittelpunkt seines Lebens, etwas außerhalb dieses infernalen Trios existiert für ihn nicht. Glücklicherweise gibt es da noch die Musik und den Wunsch, Stralsund nach dem Abitur verlassen zu können. Berlin ist schließlich nicht weit.
Mit »Nullerjahre« ist Hendrik Bolz eine furiose Autobiografie gelungen, welche sich tatsächlich liest wie ein überdimensionierter “Zugezogen Maskulin”-Song: inhaltlich unerbittlich, sprachlich hart. Manchmal zu hart. Doch genau das macht dieses Buch authentisch und ehrlich, denn Bolz beschreibt ein konfliktbehaftetes Aufwachsen in der Einöde der Plattenbauten. Ein Erwachsenwerden zwischen rechts und links, ein Leben unter Neonazis und Antifas. Damit wird er bei vielen Lesenden seines Alters ähnliche Erinnerungen wecken, denn gerade im Osten Deutschlands, war das Dasein in den Nullerjahren alles andere als blühend.
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