Als Klara mit über neunzig Jahren stirbt, entdeckt ihre Enkelin Isabell in ihrem Haus einen Karton mit Tonbandkassetten, auf die ihre Großmutter kurz vor ihrem Tod ihre Lebenserinnerungen gesprochen hat. Isabell taucht mit den Aufnahmen ein in das nationalsozialistische Deutschland, wo Klara in dem kleinen Ort Sandersleben ein linientreues Frauenbildungsheim leitet. Als der Krieg ausbricht und Gustav, ihre große Liebe, an die Front zieht, droht ihre scheinbar idyllische Welt zu zerbrechen. Isabell begegnet einer Frau, die, zerrissen zwischen Anpassung und Abneigung gegen das Regime, versucht, einen Weg durch das Dritte Reich zu finden – und die ihr dadurch nachbarer und zugleich fremder erscheint. Was hat es mit dem kleinen jüdischen Mädchen auf sich, das Klara als ihre eigene Tochter ausgegeben hat und das dennoch verloren ging?
›Zwischen den Sommern‹ ist nach ›Die karierten Mädchen‹ der zweite Teil der ›Heimkehr-Trilogie‹, die mit ›Vielleicht können wir glücklich sein‹ ihren Abschluss findet. Sie ist inspiriert von den Erinnerungen von Alexa Hennig von Langes Großmutter, die diese im hohen Alter auf mehr als einhundertdreißig Tonbandkassetten aufgenommen hat.
Klara stürzt zu Hause in ihrem Garten, ihre Enkelin Isabell findet die über neunzig Jahre alte Frau leblos vor. Im Haus findet sie einen Karton mit 140 Tonbandkassetten, auf denen Klara ihre Lebenserinnerungen aufgesprochen hat; besonders die Zeit im nationalsozialistischen Deutschland, als Isabells Oma ein Frauenbildungsheim geleitet hat, verstört die junge Frau, da Klara von Ereignissen und Menschen spricht, von denen sie noch nie gehört hat. Immer wieder ist die Rede von dem Mädchen Tolla, allerdings ist diese weder Isabell noch ihrer Mutter bekannt. Welche Geheimnisse wohl noch ans Licht kommen werden?
Das vorliegende Buch ist der zweite Teil der Heimkehr-Trilogie von Alexa Hennig von Lange, der erste Teil mit dem Titel ‚Die karierten Mädchen‘ konnte mich letztes Jahr restlos begeistern. Meine Rezension könnte unbeabsichtigt Dinge enthalten, die Leserinnen und Lesern Einzelheiten zum ersten Band verraten. Dies lässt sich leider nicht vermeiden, um diesem Teil der Trilogie gerecht zu werden, dennoch will ich darauf hinweisen, damit jeder selbst entscheiden kann, wieviel er oder sie erfahren möchte.
Der Einstieg ins Buch fiel mir nicht ganz so leicht, ich erinnerte mich nicht mehr an alle Einzelheiten und trotz des Umstandes, dass ich mir eine Zusammenfassung und auch das letzte Kapitel des erstes Teiles erneut durchgelesen habe, musste ich erst ein Gefühl für die Geschichte bekommen, was länger gedauert hat. Besonders gefallen hat mir dabei, dass die Autorin zusätzlich verschiedene Begebenheiten wiederholt und damit allmählich mein Gedächtnis aufgefrischt hat. Klara selbst ist, dies ist bereits dem Klappentext zu entnehmen, sodass ich dies freimütig erwähnen kann, gestorben und ihre Enkelin Isabell nimmt die Kassetten an sich. Das Abhören dieser Kassetten wird zu einer emotionalen Achterbahnfahrt für die junge Frau, die ihre Großmutter als eine eher kühle und angsteinflössende Person wahrgenommen hat.
‚Es war erschreckend, wie wenig Worte es brauchte, um die Auslöschung eines ganzen jungen Lebens mitzuteilen. Dennoch hatten diese wenigen Worte die Kraft, den geballten Schmerz zu transportieren, der nicht zu begreifen war. Es gab kein Gegenteil zu diesem Schmerz, keine Linderung, keinen Trost.‘ (Seite 247)
Es wurde, wie bereits im Vorgängerband, abwechselnd die Gegenwart und die Vergangenheit thematisiert, zusätzlich erfolgten in der zurückliegenden Zeit Sprünge in den Monaten und Jahren, die Situation spitzte sich zu, die Umstände änderten sich und die Lage wurde dramatisch, in vielen Dingen fast schon aussichtslos. Daneben tauchte wiederholt die Frage auf, ob Klara eine Mitläuferin war, und ob zudem ihr Schweigen und Erdulden bedeutet, dass sie sich mitschuldig gemacht hat an den damaligen Verbrechen. Für mich ist dies eine Frage, die nicht so einfach beantwortet werden kann, denn nach einer so langen Zeit großspurig zu behaupten, man hätte dies oder das anders gemacht, grenzt an Überheblichkeit. Erst wer selbst eine bestimmte Situation erlebt hat, kann sich ein Urteil erlauben und auch dann ist jedes Schicksal einzeln zu bewerten. Hinsichtlich Klara kann sich jeder Leser und jede Leserin ein eigenes Urteil bilden. Die Autorin jedenfalls lässt in dieser Frage einen großen Spielraum zu, was mir persönlich gefallen hat.
Der so sehr befürchtete Krieg wird in diesem Band thematisiert, viele geschichtliche Fakten hat die Autorin eingeflochten und so eine Atmosphäre geschaffen, die mich mal mehr, mal weniger erschüttert hat. An vielen Stellen floss mein Herz über, oft war ich entsetzt, manchmal angewidert, überwiegend aber einfach emotional bewegt, und das aus vielerlei Gründen. Immer wieder tauchte die Frage auf, was mit Tolla passiert, wo das kleine Mädchen gelandet ist, das Klara weggeben musste, um deren Leben zu retten. Ob und wie die Frage beantwortet wurde, wird von mir natürlich nicht verraten. Nur so viel kann ich schreiben: es bleibt spannend!
Anfangs hätte ich nicht gedacht, dass die Fortsetzung mich so dermaßen packen würde, aber als ich einmal drin und der sprichwörtliche Knoten geplatzt war, vergaß ich alles um mich herum. Das letzte Drittel war unglaublich emotional und auch das Nachwort fand ich erneut sehr bewegend. Ich kann den Abschlussband nun kaum noch erwarten und bin gespannt darauf, wie es im Leben von Klara weiterging. Volle Punktzahl gibt es dafür von mir und eine Leseempfehlung.
Im Zwiespalt zw. Regimetreue und persönlichen Überzeugungen
Lia48 am 19.10.2023
Bewertungsnummer: 2047501
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Bei „Zwischen den Sommern“ handelt es sich um den 2. Band der „Heimkehr-Trilogie“ von Alexa Hennig von Lange.
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INHALT:
Bestürzt muss Isabell feststellen, dass ihre neunzigjährige Großmutter Klara nicht mehr am Leben ist.
Als sie deren Haus ausräumt, findet sie zahlreiche Kassetten, auf denen ihre Großmutter ihr Leben festgehalten hat.
Sowohl Isabell als auch ihre Mutter sind erstaunt, was Klara ihnen ihr Leben lang verheimlicht hat und wie nahbar und weich sie ihnen durch die Tonbandaufnahmen plötzlich erscheint. Ganz anders, als sie sie selbst erlebt haben ...
In Sandersleben leitete Klara 1939 ein nationalsozialistisches Frauenbildungsheim. Durch das Regime war sie gezwungen, die Bildungspläne und Werte der Nationalsozialisten umzusetzen.
Gleichzeitig lehnte sie das System ab. Der Zweite Weltkrieg brachte viel Leid mit sich. Auch ihr Mann Gustav wurde an die Front beordert.
Und dann war da noch das jüdische Mädchen Tolla, das Klara ans Herz gewachsen ist und sie in eine schwierige Zwickmühle beförderte …
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MEINUNG:
Protagonistin Klara befindet sich in einer schwierigen Situation: Sie muss nach außen hin Regimetreue zeigen und die Bildungspläne & Werte der Nationalsozialisten im Unterricht vermitteln. Gleichzeitig lehnt sie das eigentlich alles ab und möchte nur das Beste für die jungen Frauen und Kinder. Diesen Zwiespalt fand ich im Buch gut dargestellt. Automatisch stellt man sich die Frage, wie man damals wohl selbst gehandelt hätte …
Von Antisemitismus zu lesen, fällt mir aktuell deutlich schwerer, seit das Thema wieder so präsent in unserem Weltgeschehen und vor unserer Haustür geworden ist. Das ist mir beim Lesen immer wieder bewusst geworden. Und gleichzeitig ist es so wichtig, die Augen nicht zu verschließen und sich bewusst zu machen, wohin das alles führen kann …
Auch eventuelle Schuldgefühle bzgl. des damaligen Handelns, das Schweigen über die Zeit des Krieges sowie das dadurch manchmal fehlende Verständnis der nachfolgenden Generationen kommen in der Geschichte gut zur Geltung und regen zum Nachdenken an.
Besonders eindrücklich finde ich es, wenn Autor*innen wahre Begebenheiten als Inspiration für ihre Bücher verwenden. So hat auch Alexa Hennig von Langes Großmutter tatsächlich auf über 130 Kassetten ihre Lebensgeschichte hinterlassen. Wow, wirklich beeindruckend!
Ich würde empfehlen, die Bücher nacheinander zu lesen. Sie bauen aufeinander auf und sind nicht in sich abgeschlossen, wobei Band 1 am Ende offener bleibt, als der 2. Teil.
Allerdings wird in diesem 2. Band so viel vom vorherigen Buch wiederholt, dass man theoretisch auch mit Band 2 einsteigen kann.
Obwohl ich Wiederholungen schätze, da ich häufig auch Inhalte wieder vergesse, war es mir hier - da ich den 1. Teil schon kannte - fast etwas zu viel an erneut erzählten Aspekten.
Dadurch dauerte es verhältnismäßig lange, bis die Geschichte für mich Fahrt aufnahm.
Gefühlt waren mir zudem die Zeitsprünge ab und an zu groß (auch wenn sie nicht riesig waren, hat mir manchmal etwas Handlung gefehlt) und trotz der eher bedrückenden, eigentlich emotionalen Themen, blieben mir die Protagonistinnen immer wieder zu fern – warum, kann ich nicht genau sagen.
Aber insgesamt habe ich die Geschichte gerne verfolgt und erwarte gespannt den dritten Teil der Trilogie!
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FAZIT: Für mich war die Fortsetzung der Trilogie etwas schwächer als der Vorgänger. Gerne wäre ich den Protagonistinnen noch etwas nähergekommen. Trotzdem behandelt der 2. Band wichtige und eindrückliche Themen, regt zum Nachdenken an und ich habe die Geschichte mit Interesse verfolgt. 3,5-4/5 Sterne!
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(C.N.: Krieg, Tod, Trauer, Antisemitismus)
Dieser 2.Teil ist wieder ein großartiges Zeitdokument, dass die Zerrissenheit der Frauen zeigt, die in der damaligen, schwierigen Zeit gelebt haben und ihre Weltanschauung und Überzeugungen nicht aus den Augen verloren haben. Ich freue mich auf den dritten Teil.
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"Zwischen den Sommern" erzählt aufwühlend und lebendig Klaras Geschichte weiter. Wir erleben mit ihr die ersten Kriegsjahre in denen ihr innerer Zwiespalt immer größer wird. Auch diesen zweiten Teil der Heimkehr-Trilogie konnte ich nicht aus der Hand legen!
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