Beschreibung
Details
Format
ePUB
Kopierschutz
Nein
Family Sharing
Ja
Text-to-Speech
Nein
Erscheinungsdatum
05.04.2024
Verlag
Steidl
Nur wenige Stunden nachdem der württembergische Regent Carl Alexander 1737 ganz plötzlich verstirbt, wird sein Geheimer Finanzrat Joseph Süßkind Oppenheimer verhaftet. Die Anklage: Landesverrat. Die Behörden haben Mühe, Belege für Vergehen zu finden, der Prozess zieht sich elf Monate in die Länge, endet aber unumstößlich mit dem Todesurteil. Schon zu Beginn des Prozesses ist die Versteigerung von Oppenheimers Hausrat in vollem Gange: Die besten Schmuckstücke sichert sich der Staat, die schönsten Kleider seiner Geliebten Luciana bringen die ehrbaren Stuttgarter Damen an sich. Aus dem stolzen, selbstbewussten Mann, der an ein rechtsstaatliches Verfahren glaubt, wird in der Haft zunehmend ein Getriebener, der verzweifelt um sein Leben kämpft.
Raquel Erdtmann hat für ihre historische Spurensuche acht Meter Archivbestand akribisch durchgesehen und nimmt uns mit in die deutsch-jüdische Vergangenheit. Sie erzählt die Geschichte des Schauprozesses um Joseph Süßkind Oppenheimer so spannend und berührend, dass einem der Atem stockt. Sie erzählt aber auch, wer der Mensch Joseph Oppenheimer war, bevor er zur literarischen Figur bei Lion Feuchtwanger und zum propagandistischen Feindbild der Nazis wurde. Und wie nebenbei leuchtet sie kenntnisreich das Leben der deutschen Jüdinnen und Juden im 18. Jahrhundert aus.
Raquel Erdtmann hat für ihre historische Spurensuche acht Meter Archivbestand akribisch durchgesehen und nimmt uns mit in die deutsch-jüdische Vergangenheit. Sie erzählt die Geschichte des Schauprozesses um Joseph Süßkind Oppenheimer so spannend und berührend, dass einem der Atem stockt. Sie erzählt aber auch, wer der Mensch Joseph Oppenheimer war, bevor er zur literarischen Figur bei Lion Feuchtwanger und zum propagandistischen Feindbild der Nazis wurde. Und wie nebenbei leuchtet sie kenntnisreich das Leben der deutschen Jüdinnen und Juden im 18. Jahrhundert aus.
Unsere Kundinnen und Kunden meinen
Ein Justizskandal vor 300 Jahren, der bis heute nachwirkt
Renas Wortwelt am 15.05.2024
Bewertungsnummer: 2201179
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Wer, wenn nicht eine Gerichtsreporterin, könnte diese Geschichte erzählen. Die Geschichte des Juden Joseph Süs Oppenheimer, der 1738 nach einem Schauprozess hingerichtet wurde und später als literarische Figur „Jud Süß“ unter anderem durch Lion Feuchtwanger Berühmtheit erlangte.
Akribisch recherchierte Details, aufwändig nachgezeichnete Lebenswege und erschütternd deutliche Beschreibungen der Judenfeindlichkeit zeichnen dieses Buch aus. Raquel Erdtmann schildert das Leben des Mannes, der seiner Zeit um einige Jahrhunderte voraus war, der sich nicht verbiegen lassen wollte und der sich weder den Vorschriften noch den Einschränkungen, die den Juden auferlegt waren, beugen wollte.
Kein Wunder also, dass er sich gerade bei denen unbeliebt machte, die diese Vorschriften aufgestellt hatten. Joseph Süs Oppenheimer war erfolgreicher Unternehmer, der weit modernere Methoden der Buchführung, der Finanzverwaltung und der Finanzkontrolle anwendete, als damals üblich war. Er wurde schließlich Finanzrat des Herzogs von Württemberg, ein Amt, das er nicht wollte und das er am Ende mit dem Leben bezahlte.
In die Lebensgeschichte Oppenheimers flicht die Autorin immer wieder Hintergrundinformationen über jüdisches Leben, jüdische Riten und Gebräuche ein. Sie beschreibt die Umstände, unter denen Juden in den Gettos zu leben gezwungen waren, wie und wo sie arbeiten durften und welchen Anfeindungen sie ausgesetzt waren. Immer wieder setzt sich Oppenheimer darüber hinweg, so beispielsweise, als er in Frankfurt am Main sein Geschäftsgebäude weit außerhalb des Judenviertels bezieht und sein Unternehmen aufbaut.
Besonders unbeliebt macht er sich aber durch seine Unbestechlichkeit und seinen vehementen Kampf gegen Korruption und Ämtermissbrauch. All das lassen ihn seine Gegner büßen, als der Herzog stirbt und er so dessen Schutz verliert. Oppenheimer kommt in Haft, unter unmenschlichen Bedingungen, doch weder seinen Stolz noch seine Hoffnung auf Gerechtigkeit verliert er. Bis zuletzt, als seine Hinrichtung zu einem Spektakel wird.
Die Schilderungen des Prozesses, sein Vegetieren über viele Monate in dem verließartigen Gefängnis, sein Glauben an Gerechtigkeit und schließlich die unmenschliche Dreistigkeit, mit der eben dieser Gerechtigkeit Hohn gesprochen wurde während des Prozesses erschüttern sehr. Die Lektüre dieses Buches ist spannend wie ein Krimi, informativ und fesselnd, berührend und doch auch manchmal amüsant, wenn der Jude Oppenheimer den Katholiken und Protestanten gleichermaßen Hohn lacht. Raquel Erdtmann schreibt flüssig, oft mit einem Augenzwinkern, ohne zu beschönigen, aber auch ohne anzuklagen.
Keine leichte Lektüre, mit manchen Längen, aber ungemein interessant – auch, weil thematisch leider immer noch oder wieder aktuell.
Raquel Erdmann - Joseph Süßkind Oppenheimer
Steidl, April 2024
Gebundene Ausgabe, 272 Seiten, 24,00 €
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