England, 1881. Zwei bedeutende Männer leben nur wenige Meilen voneinander entfernt: Charles Darwin in einem Pfarrhaus in Kent und Karl Marx mitten in London. Beide haben mit ihren Werken, der eine zur Evolution, der andere zur Revolution, die Welt für immer verändert. Beide wissen es und sind stolz darauf. Und doch sind sie schlaflos und melancholisch. Darwin hat den Schöpfer abgeschafft, fühlt sich missverstanden und forscht inzwischen still am Regenwurm. Marx grollt der Welt, wartet ungeduldig auf ein mutiges Proletariat, das den Kapitalismus hinwegfegt, verzettelt sich beim Schreiben und kommt über Band 1 des 'Kapitals' nicht hinaus. Eines Abends begegnen sich die beiden bei einem Dinner zum ersten Mal. Schnell kreist ihre Diskussion um Gott und Gerechtigkeit - doch unausweichlich kommt es zum Streit, und der Abend endet in einem Eklat. Dennoch haben der großbürgerliche Naturforscher und der ewig klamme Revolutionär mehr gemeinsam, als sie sich eingestehen wollen.
In ihrem wunderbaren Roman verbindet Ilona Jerger Fabulierlust mit wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Erkenntnissen, die den Weltenlauf maßgeblich beeinflusst haben. Ein warmherziges und humorvolles Porträt zweier großer Männer, deren Disput zeitgemäßer nicht sein könnte.
In "Und Marx stand still in Darwins Garten" zeichnet die Autorin ein eindrucksvolles Porträt von zwei Männern, die wohl jeder kennt: Charles Darwin, der vor allem für die Evolutionstheorie bekannt ist, und Karl Marx, einem Theoretiker des Sozialismus. Mir war zuvor nicht bewusst gewesen, dass die beiden so nahe beieinander gelebt hatten und sich dennoch nie getroffen haben, aber es ist interessant, sich eine Begegnung zwischen ihnen vorzustellen. Die Szene, in der sie aufeinander treffen, ist Jerger dann auch sehr gelungen - sie ist genauso unangenehm und angespannt, wie man erwarten könnte, vor allem, wenn man noch Darwins religiöse Frau und ihren Pfarrer zur Tischrunde hinzufügt. Leider bleibt es aber bei diesem einen Treffen und obwohl es durchaus interessant war und einige Denkanstöße für die Debatte lieferte, kam es mir doch ein wenig zu kurz.
Dafür sind die Parallelen der beiden Männer, die so unterschiedlich zu sein scheinen, sehr gut herausgearbeitet. Ein Großteil des Romans befasst sich mit den gesundheitlichen Problemen, mit denen sie zu kämpfen haben, doch auch ihre Arbeit ist für die Geschichte bedeutsam. Darwins Beobachtungen und seine Forschung waren faszinierend dargestellt und auch Marx' Überzeugungen über das Proletariat und die Klassenunterschiede wurden deutlich herausgearbeitet. Gerade Darwin war mir sympathisch; man lernt ihn nicht nur als großen Wissenschaftler, sondern als Mensch kennen, der seine Familie liebt, mit sich hadert und unsicher ist. Natürlich blickt man auch bei Marx hinter das allseits bekannte Bild, doch im Vergleich ist er für mich trotzdem ein bisschen blass geblieben. Das könnte daran liegen, dass man direkte Einblicke in Darwins Gedanken bekommt, während Marx zu großen Teilen nur aus der Sicht anderer - seines Arztes, Darwins oder seines Freundes - dargestellt wurde. Das war ein bisschen schade, da seine Gedankengänge bestimmt ebenfalls interessant gewesen wären, doch der Autorin gelingt es auch so, ihn hervorragend zu charakterisieren.
Insgesamt hat mir das Buch gefallen. Es ist eine stille Lektüre, die zum Nachdenken anregt, durchaus bewegende Momente liefert und mich neugierig darauf gemacht hat, mich mehr mit den Werken beider Männer zu beschäftigen. Trotzdem muss ich kritisieren, dass Marx ein wenig zu sehr im Hintergrund geblieben ist, auch wenn es mich beim Lesen nicht wirklich gestört hat, und auch das Treffen hätte etwas ausführlicher dargestellt werden können. Deshalb gibt es 'nur' 3,5/5 Sternen.
hervorragend gut
Bewertung aus Königswusterhausen am 13.01.2021
Bewertet: eBook (ePUB)
Marx stand still in Darwins Garten ist ein sehr kluges, intelligentes und erfreulich gut zu lesendes Buch.
Darwin und Marx haben zwar nur wenige Meilen von einander entfernt gelebt, sich dennoch nie getroffen.
Der Roman Marx stand still ins Darwins Garten ist spekulativ, fiktiv und programmatisch.
Denn von der ersten Seite an geht es um die Frage nach Gott, nach dem Schöpfergott der Bibel, Theismus vs. Agnostik vs. Atheismus.
Auf Marx Grabstein steht je bekanntlich, man habe ihn falsch interpretiert. Dies trifft jedoch auch auf Darwin zu, der aufgrund seiner Arbeit zur Entstehung der Arten, zur Evolution der Welt etc. zu Lebzeiten als Gottesmörder verstanden wurde und deswegen von Marx so verehrt wurde.
Die beiden Männer haben, auf den ersten Blick, ähnliche Biographien. Darwin hätte anglikanischer Priester, Marx Rabbi werden sollen, doch beide kehrten der Kirche und dem Glauben den Rücken und zogen seitdem alle Sinnstiftung aus ihrer Arbeit.
Der fiktive Arzt Beckett, seines Zeichens ebenso fundamentalistischer Atheist wie Marx, behandelt beide. Er glaubt an die Psychosomatik; und so muss man die Beschreibung der diversen Leiden und Gebrechen der beiden Patienten auch lesen. Als Ausdruck eines Unbehagens entweder mit ihrer Vergangenheit (das ist die Interpretation Becketts) oder mit dem, was sie selbst geschaffen haben (das ist meine).
Von Anfang an ist also alles auf die Frage nach der Möglichkeit, angesichts wissenschaftlicher Erkenntnisse oder des Leidens, das Gott zulässt, weiterhin an Gott zu glauben.
Dabei ist es interessant, dass der Jude Marx (das Jüdisch-Sein wird ja von der Mutter vererbt, ist nicht nicht eine Frage des Glaubensbekenntnisses), der ja nur den rachsüchtigen, eifersüchtigen Gott des Alten Testaments hatte, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Familie aus opportunistischen Gründen zum Protestantismus konvertierte), dass er diesem Gott vorwirft, Leid zuzulassen, ist bemerkenswert. (Abgesehen davon ist es in Anbetracht des freien Willens auch von einem Christen wenig durchdacht und eher eine selbstherrliche Rechtfertigung seiner Ungläubigkeit als ein plausibel nachvollziehbarer Grund, nicht an Gott zu glauben).
Andererseits Darwin, der Christ, dem es nicht ums Leid, sondern nur um Genesis 1 geht, in dem bekanntlich Gott die Welt in 6 Tagen erschaffen hat. Niemand, abgesehen von ein paar bes. in den USA beheimateten christlichen Erzkonservativen wird heute noch an den 6 Tagen festhalten; aber niemand wird die Reihenfolge der Kreation bestreiten.
So dreht sich das gesamte Buch um das unwohlsein mit Gott, und es ist bemerkenswert, dass bei dem fiktiven Dinner, zu dem neben Marx auch Büchner, ein Priester, Darwins gläubige und gottfürchtige Frau Emma und natürlich Charles kommen, seinen Höhepunkt findet.
Marx stand still in Darwins Garten nimmt vorweg, was passiert, als der eher feige Darwin seiner Frau das Wort überlässt, die alle Atheisten und besonders Marx mit ihrer naiv-frechen Art auflaufen lässt, und zwar soweit, dass Marx ihr nichts entgegnen kann. Das gleiche wiederholt sich, als D und M allein in Ds Garten weilen, wo M ebenfalls stumm bleibt, angesichts der Frage nach Gott. Bei dem Dinner offenbart D sich als Theist, der sehr wohl an einen Gott glaubt, der sich, wie er auf seinem Sterbebett offenbart, in Naturgesetzen zeigt.
Marx hingegen wird als Idealist entlarvt, der er zwar nie sein wollte, aber genau aufgrund seiner Weigerung, sich seine (damals noch) Utopie von einer klassenlosen Welt vorzustellen. Darwin, der den Selektionsprozess und den Sieg des Stärkeren verinnerlicht hatte, grauste von einer solchen, zu recht, wie die Geschichte lehrt. (Am abscheulichsten wohl unter Pol Pot, den Rothen Khmer in Kambodscha zu betrachten). Hätte Marx nämlich darüber nachgedacht, hätte er wohl, wie der ebenfalls im Buch erwähnte Nobel mit der Erfindung des Dynamits gewartet.
Ich bedanke mich beim Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars auf Netgalley.
Unsere Buchhändler*innen meinen
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Was wäre wenn Karl Marx und Charles Darwin, zwei Männer, die die Welt veränderten, sich begegnet wären? Ilona Jerger macht es in ihrem Buch möglich, denn beide treffen eines Abends zufällig bei einem Dinner aufeinander. Gespräch - bzw Streitthemen sind die Frage nach dem Glauben, der Existenz Gottes und dem Ungewissen nach dem Tod. Doch verschiedene Ansichten führen erst zu interessanten Diskussionen, vor allem wenn diese beiden die Gesprächspartner sind. Die Autorin bietet einen Einblick in die Gedankenwelt der beiden verbunden mit durchaus realistischen Charakterzügen, dazu ist es historisch sowie wissenschaftlich fundiert und gut recherchiert. Man bekommt die Möglichkeit, den Mensch hinter dem großen Namen kennenzulernen. Ich hätte mir noch etwas mehr Tiefe gewünscht, dennoch konnte es mich sehr begeistern! Der Schreibstil der Autorin hat mir gut gefallen. Ein unglaublich interessantes Buch!
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Die Biografie zweier großer Revolutionäre, die der Zufall zu Freunden machte
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Wohl nichts prägt unser Leben mehr, als der Zufall. Oft falsch interpretiert, ist er doch nichts anderes als das Geschehen von Ereignissen ohne Zusammenhang und ohne ersichtlichen Grund. Und dennoch werden oft Götter oder höhere Mächte wie das Schicksal als Erklärung des Unerklärlichen benutzt. Das macht das Verstehen einfacher, mehr jedoch auch nicht. Die Dinge passieren einfach, es braucht nicht immer einen Grund. Oder wie lässt es sich sonst erklären, dass wildfremde Menschen plötzlich zueinander finden?
Im Grunde genommen ist Ilona Jergers Roman ‘Und Marx stand still in Darwins Garten‘ nichts anderes, als die Geschichte einer zufälligen Freundschaft, der höchst ungewöhnlichen Freundschaft zwischen Charles Darwin und Karl Marx. Zwei Männer die nicht wussten, wie viel sie miteinander verbindet: beide lebten im London des 19. Jahrhunderts, beide veränderten, ja revolutionierten mit ihren Ideen die Menschheit grundlegend (der eine hat Gott getötet, der andere die Grundlagen für ein vollkommen neues gesellschaftliches und politisches System gelegt) und beide hatten den gleichen Arzt – der sie schlussendlich miteinander bekannt machte.
Ohne diesen Zufall hätten sich Charles Darwin und Karl Max wohl nie kennengelernt. Ohne diesen hätten diese charakterlich sehr unterschiedlichen Männer zwar von der Existenz des Anderen gewusst, jedoch nie die Chance gehabt eine vor allem geistige Gemeinschaft zu erleben. Und das, obwohl sich die beiden nur ein einziges Mal begegnet sind, nur wenige Stunden miteinander verbrachten und gemeinsam still in Darwins Garten standen. Doch der Zufall wollte es scheinbar so.
Ilona Jerger hat es mit ‘Und Marx stand still in Darwins Garten‘ geschafft, anschaulich und sympathisch die Biografien von zwei der wichtigsten Männer der Menschheitsgeschichte zu erzählen und der Welt deren Verbindung offen zu legen. Doch obwohl beide nur wenige Kilometer voneinander entfernt lebten und Zeitgenossen waren, kannten sich Darwin und Marx nicht persönlich. Ergo ist die Freundschaft der beiden rein fiktiv, die Verbindung eine geschickte Storytelling-Erfindung der Autorin und auch ein Produkt des Zufalls. Die Geschichte wirkt dadurch etwas konstruiert, was unnötige Längen zur Folge hat. Auch steht Charles Darwin zu sehr im Mittelpunkt des Geschehens, ihm gegenüber wirkt Karl Marx mitunter etwas blass. Trotzdem ist die Lektüre dieses unterhaltsamen biografischen Romans lohnenswert, lässt er doch die Menschen hinter jenen großen Ideen menschlich werden.
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