Ein einsamer Fjord, ein Leben mit dem Herzschlag der Gezeiten.
Ein Holzhäuschen mit Blick auf den Fjord, im Rücken die Berge und davor ein Steg mit einem kleinen Boot. Mehr braucht Gro Kristjánsdóttir nicht für ihren Neuanfang auf den norwegischen Lofoten. In der Erdölindustrie hat sie Karriere gemacht; durch ihre besondere Fähigkeit, die Natur zu lesen und Ölvorkommen zu entdecken, ist ihr Ruf legendär. All das ist nach dem unerwarteten Tod ihres Mannes Nicklas bedeutungslos geworden. Die Natur am Polarkreis ist rau und unbarmherzig, doch mit der Zeit lernt Gro, das neue Leben am Fjord zu lieben, die Eiseskälte des Winters und die hellen Nächte des Sommers, die unzähligen Schattierungen von Blau und das goldene Licht, das die Berge zum Leuchten bringt.
Während sie durch die Gegend streift oder beim Angeln dem Flug eines Seeadlers zusieht, findet sie Schritt für Schritt zurück ins Leben. Als sie eines stürmischen Abends über Funk einen Notruf erhält, ist es mit der Einsamkeit vorbei. Der Fischer Jens ist an den Felsen havariert. Gro pflegt ihn gesund und ist selbst überrascht, dass dieser fremde Mann ihr wieder eine Ahnung von Nähe vermittelt. Einige Zeit später entdeckt sie zwei ehemalige Kollegen in der Gegend, die Ausschau nach Ölfeldern halten. Und plötzlich gerät der Fjord, der für Gro zur Heimat geworden ist, in Gefahr ...
REZENSION – Man braucht eine gewisse innere Ruhe und Offenheit, um die ungewöhnliche Stimmung und Atmosphäre im neuen Roman von Anette Strohmeyer (49) in sich richtig aufnehmen zu können. Denn „Die Frau und der Fjord“, im April beim Wunderlich Verlag erschienen, ist trotz des recht schlichten Titels wahrlich kein Unterhaltungsroman – obwohl er leicht zu lesen, stellenweise auch unterhaltsam ist und gegen Ende sogar spannend wird. Denn wie die Autorin in ihrer abschließenden Danksagung sagt, war das Schreiben dieses Romans zugleich ihre Art der Trauerarbeit: „Alles, was ich aufgrund des viel zu frühen Todes meines Mannes erlebt habe, in einem Roman zu verarbeiten, … hat mir gut getan und geholfen, das Gebirge der Trauer langsam, aber sicher abzubauen, bis dahinter ein Horizont der Hoffnung in Sicht kam.“ Dies zu wissen, ist für Leser wichtig, um den eigentlichen Kern der Handlung zu verstehen und die psychologische Tiefe dieses Romans zu erkennen: Es geht um Trauerbewältigung und die tröstende Kraft der Natur, um das Wiedererwachen verlorenen Lebensmuts und den langsamen Start in ein neues, ein anderes, ein hoffnungsvolles Leben.
Die einst beruflich extrem erfolgreiche Geologin Gro Kristjánsdóttir hat sich ein Jahr nach dem allzu frühen und für sie völlig überraschenden Tod ihres Mannes Nicklas, mit dem sie 26 Jahre zusammen war, zur Trauerarbeit in ein abseits jeglicher Zivilisation, in freier Natur einer Lofoten-Insel stehendes Holzhäuschen am Rand eines stillen, von Menschen noch unberührten Fjords zurückgezogen, den die Fischer des nächsten Dorfes „Hjemsøkelsen“ (Heimsuchung) nennen. Sie ist damit den sicher gut gemeinten Ratschlägen ihrer besten Freundin und dem haltlosen Zorn der Schwiegermutter entflohen, die Gro verübelt, sich mehr um ihren Job als um ihren kranken Mann gekümmert zu haben. Allerdings hatte dieser seine Krebsdiagnose vor Gro bewusst geheim gehalten.
Nach Wochen absoluter Einsamkeit – allein mit ihren Gefühlen, Gedanken und Erinnerungen an Ehemann und Berufsleben, an denen wir Leser teilhaben dürfen – lernt Gro die raue, unbarmherzige Natur am Fjord im Wechsel der Jahreszeiten mit Eiseskälte und dunklen Tage im Winter sowie den ungewöhnlich hellen Nächten im Sommer zu lieben. Sie meidet die Menschen, weshalb sie auch nur alle paar Wochen mit ihrem Boot zum Großeinkauf ins nächste Fischerdorf fährt. Ein halbes Jahr später empfängt sie in stürmischer Nacht auf dem alten Funkgerät in ihrer Hütte den Notruf des in Seenot geratenen Fischers Jens, den sie nahe ihrer Hütte unter Einsatz ihres Lebens retten kann und gesund pflegt. Zu ihrer Überraschung spürt sie durch ihn ein ihr inzwischen schon fremd gewordenes Gefühl menschlicher Nähe. Nach zögerlicher, aber freundlicher Aufnahme in seine Familie, die seit Generationen vom Fischfang lebt, wandelt sich Gro, die als Geologin jahrelang einem Ölkonzern bei der Suche nach reichen Ölvorkommen ohne Rücksicht auf Naturschutz behilflich war, zur radikalen Umweltschützerin, als ihr einstiger Arbeitgeber ausgerechnet in ihrer Fjordlandschaft nach Öl sucht. „Sie hatte die Folgen ihres Tuns schlicht verdrängt. Da musste sie erst ein halbes Jahr an einem einsamen Fjord hausen, ihn unzählige Male durchwandern, dabei Blumen bestimmen und Vögel aufpäppeln, um ihren Fehler zu erkennen.“ Doch nicht nur ihre berufliche Einstellung wandelt sich, auch ihr Lebensmut erwacht wieder: „Bisher kannte sie sich nur mit Steinen gut aus, mit totem Material anstatt mit lebendem. Das sollte sich ändern. Es war an der Zeit, sich mehr mit dem Leben zu beschäftigen.“
„Die Frau und der Fjord“ ist ein ruhiger, ungemein atmosphärischer und sehr feinfühliger Roman, auf den man sich emotional einstimmen muss. Dessen psychologische Tiefe ist nicht selten erst auf zweiten Blick zwischen den Zeilen erkennbar. Mit seinen ausführlichen Landschaftsbeschreibungen könnte man das Buch zu großen Teilen auch dem Genre Nature Writing zuordnen, ergänzt um die Themen Umweltschutz und kommerzielle Ausbeutung der Natur. Reine Unterhaltung und Spannung steht hier jedenfalls nicht im Vordergrund, auch wenn beides im Roman stellenweise zu finden ist. Denn vorrangig geht es um eine Frau, die ihren geliebten Partner verloren hat, und um die Schwierigkeit der Trauerarbeit, die jeder nur auf seine individuelle Weise wirksam leisten kann, wie am geschilderten Gegenbeispiel der ebenfalls trauernden Schwiegermutter deutlich wird. Die verschiedenen Themen in einer komplexen Handlung logisch zu verbinden, alles glaubwürdig, nachempfindbar und mit einer emotionalen Nähe zu schildern, gelingt der Autorin ausgezeichnet. „Die Frau und der Fjord“ bleibt einem nach der Lektüre noch recht lange im Gedächtnis.
Neben dem atmosphärischen Buchcover hat mich auch der Inhalt sofort angesprochen.
Die raue Schönheit der Natur Norwegens am Polarkreis, ein einsames Holzhäuschen am Fjord, die Eiseskälte des Winters und die hellen Nächte des Sommers.
Eine Geschichte voller Gefühl mit einer starken Buchheldin, die die Zivilisation außen vorhält und ihr Leben zum großen Teil mit dem meistert, was ihr die Natur zu bieten hat. Sie versucht zu sich selbst zu finden und ihren Verlust zu verarbeiten.
Ein Jahr voller Trauer, an dem die Autorin ihre Leser teilhaben lässt.
Ein eher ruhiger Roman, der zwischendrin auch seine spannenden Momente hat. Rückblicke in Gro Kristjánsdóttir ihr altes Leben fand ich sehr interessant und man erfuhr dadurch mehr über sie.
Ein wunderbares Buch, was mich vom ersten Kapitel an in seinen Bann gezogen hat. Voller Hoffnung und großer Gefühle!
Die Autorin zeichnet in „Die Frau und der Fjord“ das einfühlsame Porträt eines schmerzlichen Verlusts. Der Tod ihres geliebten Niklas wirft Gro aus der Bahn, ohne ihn kann sie sich eine Zukunft nicht vorstellen. Von Trauer und Sehnsucht überwältigt, kappt sie alle Verbindungen, isoliert sich sozial und wählt die Einsamkeit der Lofoten. Inmitten traumschöner Natur, begleitet von Erinnerungen und vielen Gefühlen, will sie sich auf die Gegenwart konzentrieren und schöpft allmählich neuen Lebensmut. Doch wird sie je wieder die Nähe eines Mannes zulassen können? Ein weiterer Handlungsstrang befasst sich mit einem mutmaßlichen Verbrechen, die Suche nach Öl im Fjord, ein Mensch verunglückt. Ein handwerklich gut gearbeiteter Roman, bestechend die eindrucksvollen Naturbeschreibungen. Zudem fühlte ich mich zum Sammeln und Zubereiten von essbaren Wildpflanzen inspiriert, ganz wunderbar!
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Wow,dieses Buch hat mich ab dem ersten Satz in seinen Bann gezogen!
Ich habe mit Groh mitgefühlt,getrauert und gelitten aber die eindrucksvollen und bildgewaltigen Beschreibungen der Natur der Lofoten haben mich aufgefangen.
Mats,Nikki,Sissel und Jens haben nicht nur Groh wieder lächeln lassen.
Die Autorin ist eine wahre Meisterin der Worte,ganz große Leseempfehlung!
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