Familie, nein danke...
...lautet Sonjas Lebensmotto - und damit ist sie stets gut gefahren. Bis ihr Bruder Rolf überraschend an der Ostsee auftaucht und in der dunklen Familiengeschichte zu graben beginnt. Lebensnah und feinfühlig erzählt Sabine Bode von einem ungleichen Geschwisterpaar, das die Narben seiner Herkunft nicht länger versteckt.
Wenn der eigene Bruder plötzlich vor der Tür steht, kann es das eigene Leben ganz schön durcheinanderwirbeln. Während Sonja das Kapitel Familie schon vor Jahren geschlossen hat, ist der Erkenntnisdrang bei Rolf taufrisch. Seine Mission ist es, die Schwester zur gemeinsamen Familienaufarbeitung anzustiften, aber Sonja fällt es schwer, sich auf die neue Nähe einzulassen. Doch dann bittet ihre Nichte Nina sie um Hilfe. Halb widerwillig, halb neugierig kehrt Sonja ihrer friedlichen Ferienwohnung an der Ostsee schließlich den Rücken und macht sich mit Rolf in dessen rostigem VW-Bus auf die Reise an die Orte ihrer gemeinsamen Vergangenheit und in ihr Elternhaus, einen Ort des Schreckens. Bestsellerautorin Sabine Bode erzählt in ihrem zweiten Roman höchst authentisch von den Traumata eines Geschwisterpaares, die ihren Ursprung in der NS-Zeit haben.
Die Autorin Sabine Bode ist mir durch ihre Bücher seit vielen Jahren vertraut, sie hat sich mit der German Angst ebenso intensiv beschäftigt, wie mit den Traumata von Kriegskindern, -enkeln und der Bewältigung der (als Trauma) existierenden Schuld in Familien. Das aus der jahrelangen Beschäftigung mit dieser Problematik und aus den vielen, intensiven Recherchen einmal ein Roman entstehen würde, empfinde ich als logische Entwicklung.
Der Roman wird von der Hauptperson Sonja Sänkel erzählt, der SS-Sonja, wie sie in der Kindheit und Jugend genannt und gehänselt wurde. Sonja, nun Mitte 60, pensionierte und verwitwete Lehrerin, versucht, dem Berliner Alltag zu entkommen und zieht sich in ein kleines Ostseebad zurück. Die Rückzugsruhe endet abrupt, weil ihr Bruder Rolf mit der halbwüchsigen Tochter Nina bei ihr Unterschlupf und Halt suchen. Konflikte brechen auf, der Rückblick in die Kindheit und Jugend der beiden Geschwister und auf ihre übergriffigen Eltern verdunkelt die gemeinsamen Stunden. Die unausgesprochenen Konflikte mit der Nazivergangenheit wie auch mit der unveränderten Nazihaltung der Eltern bilden den Hintergrund der Gedanken und später auch der Gespräche der Geschwister. Nichts war bis dato offen ausgesprochen worden, nun, mit Mitte, Ende 60 kommen beide an ihre Grenzen. Und sie kommen sich endlich näher, als sie es als Kinder je waren. Wie sie das Dilemma lösen, das beschreibt der Roman in teilweise recht verwirrenden Rückblicken, es wird keine chronologische Geschichte erzählt, der Roman entsteht aus vielen, ineinander verschachtelten Versatzstücken. Erinnerungssplitter an Kindheit, Jugend, Ehe, Psychiatrieaufenthalte, Gespräche, Ereignisse wechseln sich ab und ergeben einen Blick wie in einen zersprungenen Spiegel. Für die Schilderungen der gewalttätigen und verbal ausfallenden Eltern braucht der Leser schon recht gute Nerven. Dass die Geschwister das Verhalten der Eltern gegenseitig nie besprochen haben, sondern beide so schnell es ging als junge Erwachsene die elterliche Wohnung verließen und jahrelang keinen Kontakt hatten, ist sehr traurig. Ob ihnen im Alter die anstrengende Spurensuche weiterhilft, lasse ich an dieser Stelle offen. Das muss jeder Leser selbst erfahren in diesem nervenaufreibenden Buch.
Die Entwicklung der jungen Nina bildet einen zweiten Erzählstrang, der die verfahrene Situation der Geschwister vielleicht etwas entschärfen und auflockern soll, ich empfand ihn als nicht notwendig für die Geschichte. Aber am Ende hatte ich das Gefühl, Nina war das Ventil für den Überdruck, den die Autorin in diesem Buch entstehen ließ.
Fazit: eine zutiefst emotionale Geschichte, die mein Innerstes aber trotzdem nicht ganz erreichen konnte. Die Eltern, die auch der Emotions- und Herzlosigkeit angeklagt werden, blieben mir fremd, die Geschwister leider auch. Trotzdem kann ich das Buch empfehlen, es beleuchtet auf ungewöhnliche Weise die deutsche Vergangenheit und Gegenwart.
#GeschwisterimGegenlicht #NetGalleyDE
Die Nachgeborenen des Krieges als Thema von Sabine Bode fand ich immer spannend, als Kriegskind und/oder Enkel sind soviele totgeschwiegene Trauma in der Familie, in der Kindheit verankert. Und welche Beziehung ist noch manchmal unentwirrbar und doch so wichtig? Geschwister! Geschwister erleben oft ihre Familie anders und haben unterschiedliche Perspektiven auf Familienereignisse. In diese Richtung hatte ich gedacht als ich Bodes Roman sah. Diesmal kein Sachbuch sondern ein Roman. Ich war gespannt - und bin enttäuscht. Geschwister die aufgrund des Altersunterschieds und der unterschiedlichen Stellung in der Familie (der erstgeborene Sohn) sich über die Jahre entfernt haben, kommen sich aufgrund unterschiedlicher Lebenskrisen wieder näher und arbeiten die Nazivergangenheit der Eltern auf. Ich kann nicht glauben, dass jeder einzelne und sie zusammen dafür solange gebraucht haben. Aber jeder nach seiner Geschwindigkeit. Sie finden sich als Geschwister wieder und können mit der Vergangenheit der Eltern leben. Das Buch ist aber gut zu hören und es gibt schöne Bilder und Hoffnung.
Sonja hat mit dem Thema Familie abgeschlossen, nicht so ihr Bruder. Unverhofft taucht er auf und möchte die Geschichte der Eltern und totgeschwiegene Geheimnisse aufklären. Da kommt die Frage auf: Möchte man das oder soll alles so bleiben wie es ist? Nicht einfach.
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Nach "Nachkriegskinder" hat Sabine Bode die Thematik der Aufarbeitung des Nationalsozialismus in einen ansprechenden Familienroman verpackt. Bruder und Schwester stellen sich Ihrer Kindheit und der dunklen Vergangenheit ihrer Eltern. Ein wichtiger Roman zu einem wichtigen Thema.
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