Kann es Hoffnung geben, wenn die Welt in Trümmern liegt?
Mitte der Vierzigerjahre rückt die Front immer näher an Deutschland heran. Während ihr Mann in Schlesien ums Überleben kämpft, versucht Klara zwischen Bombennächten, Hunger und Angst ihren vier Kindern eine schöne Kindheit zu bereiten - doch die Schuldgefühle, das jüdische Mädchen Tolla weggegeben zu haben, wüten in ihr. Als der Krieg vorbei ist und Europa in Trümmern liegt, muss Klara sich fragen, was sie retten konnte von ihren Träumen und Hoffnungen.
Über fünfzig Jahre später: Nach dem Tod ihrer Großmutter entdeckt Isabell einen Karton mit Tonbändern, auf die Klara ihre Lebenserinnerungen gesprochen hat. Mit ihrer Tochter auf dem Schoß lauscht Isabell der vertrauten Stimme und begibt sich auf eine emotionale Zeitreise. Zu spät erkennt sie, wer ihre oft unnahbar wirkende Großmutter wirklich war - und fragt sich: Was hätte ich getan, um die zu schützen, die ich liebe?
Inspiriert durch ihre eigene Familiengeschichte, erzählt Alexa Hennig von Lange mitreißend, klug und empathisch von dem Versuch, menschlich zu bleiben - auch in dunkelsten Zeiten -, und davon, wie die Vergangenheit uns prägt.
Mit dem dritten Roman ihrer Heimat-Trilogie vollendet Alexa Hennig von Lange die jahrelange Beschäftigung mit der Vergangenheit ihrer Großmutter zumindest auf dem Papier. Diese Vergangenheit ist so vielfältig und schicksalhaft, dass sie die Autorin wahrscheinlich aber auch jetzt noch bewegt.
Kurzer Rückblick: Der erste Teil beschreibt die Entwicklung von Isabells Großmutter Klara zu einer dem Nationalsozialismus dienenden Leiterin eines Mädchenschulheims. Konträr zu ihrer Tätigkeit steht, dass sie ein jüdisches Mädchen aufnimmt und als ihre Tochter ausgibt. Im zweiten Teil muss sie dieses Kind weggeben, aber die geplante Rettung mit einem Kindertransport nach England scheitert. Klara hat unterdessen Gustav, einen Volksschullehrer kennengelernt und heiratet ihn. Als sie selbst Kinder bekommt, kann sie ihre leitende Funktion nicht mehr ausüben. Gustav wird eingezogen, als der zweite Weltkrieg beginnt. Klaras beste Freundin Susanne entzieht sich den Nationalsozialisten und geht nach Rom, Klara bleibt ohne viel Hoffnung und mit den Kindern zurück.
Im letzten Teil geht es auf das Ende des Krieges zu, die unterdessen vier kleinen Kinder müssen versorgt und behütet werden, was sich als äußerst schwierig erweist. Parallel zu Klaras Geschichte ist es die Enkelin Isabell – die um die Jahrtausendwende auf die Tagebücher und Briefe ihrer verstorbenen Großmutter stieß –, die immer wieder als mahnende Stimme und Erzählerin in den drei Romanen erscheint. Auch ihr Freund Patrick, Vater ihrer kleinen Tochter, wird mit seiner pathetisch aufgesetzten Meinung zum Nationalsozialismus und zum Widerstand „political correct“ dargestellt. Klara wird als eine innere Antifaschistin gezeigt, die tunlichst in der Öffentlichkeit jede Regung zu vermeiden sucht, die sie auch nur in die Nähe von Widerstand bringen würde. Sie versteckt die Bilder und Karten von Tolla, die nun ab und an aus Theresienstadt schreibt, niemand, schon gar nicht die eigenen Kinder, soll von ihr erfahren. Die Angst ist täglicher Begleiter Klaras geworden.
Tolla als Romanfigur ist rein fiktiv, sie hält durch ihr bloßes Dasein die Geschichte von Anfang bis Ende zusammen, mit ihr kommen Mitgefühl, Trauer und Angst in die Trilogie und damit auch zum Leser.
Aus meiner Sicht ist vieles zu ausführlich beschrieben, bekommt manchmal einen unnatürlichen Klang. Sicher ist es schwierig, sich die heimlichen Gespräche von Klara mit ihrem Ehemann vorzustellen, was sie sich erzählt haben mögen. In mir lauert dabei immer die Vorsicht, wenn ein Wehrmachtsangehöriger nur über die üblen Taten der anderen berichtet und sich selbst nur in der Rolle des leidenden Zuschauers sieht. Wie unschuldig ist Gustav wirklich?
Ich will nicht zu viel vorwegnehmen, mir hat das Buch bis zum Ende gefallen und ich wünsche mir, dass es möglichst viele andere auch zu Ende lesen. Aus Erfahrung weiß ich, wie schwer es ist über die eigenen Familienangehörigen zu schreiben und trotzdem eine gewisse Distanz zu halten, um das Geschriebene auch für die Leser spannend und interessant zu gestalten.
Neben dem Buch habe ich auch noch das Hörbuch gehört, teilweise gefiel es mir sogar noch besser als das gedruckte Buch. Die Sprecherin Tessa Mittelstädt liest sehr authentisch und empathisch, da erscheint einiges viel natürlicher als im Buch. Manchmal übertreibt sie die schauspielerische Leistung ihrer Stimme etwas, besonders beim Versuch, die Kinder zu spielen. Aber insgesamt legt sie eine tolle Sprecherleistung hin.
Fazit: Der Autorin gelingt ein Blick hinter die Kulissen derer, die nach dem 2. Weltkrieg als „Mitläufer“ und „unbelastet“ deklariert wurden, wie auch auf die Generationen, die danach kommen. Gute vier Sterne.
#dumontbuchverlag #NetGalleyDE
Überleben im Krieg, allein mit vier kleinen Kindern
Magdalena aus Köln am 20.08.2024
Bewertungsnummer: 2271853
Bewertet: eBook (ePUB)
Vielleicht können wir glücklich sein von Alexa Hennig von Lange ist der 3. Band der Heimkehr-Trilogie.
Die Trilogie ist an das Leben der Großmutter der Autorin angelehnt, die 130 Tonbandkassetten hinterlassen hatte. Auf diesen berichtet sie aus ihrer Jugend Ende der 1920er und 1930er Jahre, ihrer Zeit als Leiterin des nationalsozialistischen Frauenbildungsheims in Sandleben vor und während des Zweiten Weltkrieges und vor allem auch aus ihrer Zeit als Mutter von vier kleinen Kindern.
Band 3 spielt 1944/45. Klara hat sich schweren Herzens dazu entschlossen, die Leitung des Frauenbildungsheims an ihre frühere Schülerin Fritzchen abzugeben. Ihr Mann Gustav ist an Front, sie lebt mit ihren vier Kindern unweit ihrer früheren Wirkungsstätte. Ein14jähriges Pflichtjahrmädchen unterstützt sie im Haushalt und bei der Kinderbetreuung. Eines Tages wird bei einem der Kurkinder im Heim Diphterie diagnostiziert, eine Krankheit, die damals oft einen tödlichen Verlauf hatte.
Klaras Gedanken sind oft bei dem jüdischen Mädchen Tolla, das sie vor Kriegsbeginn dem Zugriff der Nazis entziehen wollte. Tolla schreibt ihr Postkarten aus Theresienstadt, und Klara macht sich große Vorwürfe, dass sie das Mädchen nicht retten konnte.
Kurz vor Kriegsende werden die umliegenden Orte vermehrt von den Alliierten bombardiert, das Lazarett ist überfüllt, russische Soldaten werden in Klaras Haus einquartiert. Auch der 14jährige Berti, den Klara von klein auf kennt, muss an die Front.
Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen, in den Kapiteln wird abwechselnd Klaras und Isabells Geschichte erzählt. Isabell, Klaras Enkelin, und ihre Mutter Inge lösen den Haushalt der verstorbenen Klara auf. Dabei finden sie nicht nur die bereits erwähnten Tonbandkassetten, sondern auch Tagebücher, die Gustav geschrieben hatte. Auf den Tonbandaufnahmen finden sich auch Erinnerungen aus der Nachkriegszeit bis in die 1960er Jahre. Ob daraus ein neuer Roman entsteht? Ich würde mich sehr freuen!
Der knapp sechs Jahre alte Georg-Friedrich ist mir ganz besonders ans Herz gewachsen. Ein kluger kleiner Junge, der sich hingebungsvoll um seine Schwestern kümmert und der Mutter hilft, wo er kann.
Die Autorin hat das Leben als Mutter damals und heute (Isabell hat eine kleine Tochter) authentisch dargestellt. Ich mag es mir gar nicht vorstellen, wie es gewesen sein muss, den Krieg als Mutter mit vier kleinen Kindern zu erleben. Klara hatte es sogar geschafft, für die Kinder einen Weihnachtsmann und kleine Geschenke zu organisieren. Es wurde auch noch von ihr erwartet, dass sie den Posten der Frauenschaftsführerin übernimmt, nur eine hartnäckige und schlecht heilende Venenentzündung hatte sie davor bewahrt, diese Aufgabe zu übernehmen.
Ein wunderbarer Abschluss der Trilogie, die ich sehr gern gelesen habe und allen LeserInnen von historischen Romanen ans Herz legen möchte. Zum Schluss möchte ich noch Isabell zitieren, die einen Roman über das Leben ihrer Großmutter schreiben möchte: „Natürlich hatten sie in der Oberstufe über die Zeit des Nationalsozialismus gesprochen. Aber all das, was sie als Jugendliche erfahren hatten, war so schwer erfassbar gewesen. Alles war seltsam eindimensional und unwirklich geblieben, so dass sie in dieser dunklen Ära zwischen den Daten, Zahlen und Fakten die Menschen gar nicht mehr erkennen konnte. Sie wollte fühlen, wie es damals gewesen sein könnte.“ Mit der Trilogie hat die Autorin es geschafft: Ich konnte die damaligen Ereignisse fühlen.
Der dritte und damit letzte Band der "Heimkehr"-Trilogie. Der Krieg erreicht seinen Höhepunk, und Klara muss sich alleine um vier kleine Kinder sorgen. Es wird noch emotionaler als zuvor, und es gibt ein paar Wendungen, die ich nicht kommen sehen habe. Man sollte aber mit "Die karierten Mädchen" anfangen, um alles nachvollziehen zu können.
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Ich habe mich schon lange auf dieses Buch gefreut, aber auch etwas davor gefürchtet. Und tatsächlich ist der Abschlussband von Klaras Geschichte noch emotionaler und gesellschaftlich inzwischen noch relevanter geworden. Gerade deswegen konnte ich es dann auch nicht aus der Hand legen und die drei Bände werden mich noch lange im Kopf und Herzen begleiten.
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