Heinrich Faust, ein angesehener Forscher und Lehrer zu Beginn der Neuzeit, zieht die Bilanz seines Lebens und kommt zu einem doppelt niederschmetternden Fazit: Als Wissenschaftler fehle es ihm an tiefer Einsicht und brauchbaren Ergebnissen, und als Mensch sei er unfähig, das Leben in seiner Fülle zu genießen. In dieser verzweifelten Lage verspricht er dem Teufel seine Seele, wenn es diesem gelingen sollte, Faust aus seiner Unzufriedenheit und Ruhelosigkeit zu befreien. Der schließt mit Faust einen Pakt, verwandelt ihn zurück in einen jungen Mann, nimmt ihn mit auf eine Reise durch die Welt und hilft ihm, die Liebschaft mit der jungen Margarete, genannt Gretchen, einzufädeln.
Das gebundene Buch ist wunderschön gestaltet: Roter Stoff mit goldenem Tiefdruck. Man nimmt es gerne zur Hand. Und das ist auch notwendig, 414 Seiten gereimter Theaterdialog praktisch ohne Handlung lesen sich nicht in einem Rutsch. Und als Fazit: Wieso Weltliteratur? Die Reime sind holprig, die Handlung ist dürftig und langweilig, die Beschreibungen sind ungenau und oberflächlich. Sie zeugen nicht von einer genauen Beobachtungsgabe des Autors, sondern beschreiben nur Vorstellungen und Vorurteile seiner Gesellschaftsschicht. Wilhelm Busch und Joachim Ringelnatz haben es deutlich besser gekonnt. Deutlich wird aber beim Lesen, dass Zitate aus dem Faust auch heute noch als eine Art "Geheimsprache" des sogenannten Bildungsbürgertums gelten können. Da kaum jemand sich diesen öden Text privat in Gänze antun wird, wird mit Benutzung der teilweise wirklich platten Reime signalisiert: Ich habe die Oberstufe eines Gymnasiums besucht. Ich komme aus reichem (gutem) Hause. Meine Eltern konnten es sich leisten, mich drei weitere Jahre durchzufüttern, trotz Streichung von Schüler-Bafög. Ich bin so angepasst, dass meine Eltern mich über die Volljährigkeit hinaus bei sich aufgenommen haben. Diese "Geheimsprache" kann niemand sonst lernen, selbst dann nicht, wenn die- oder derjenige im 2. Bildungsweg den Master mit Auszeichnung absolviert hat.
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