Berlin, 1919: Als Hans die junge Stiefmutter seines Schulfreunds Hellmut Quandt kennenlernt, ahnt er nicht, welche Rolle Magda in seinem Leben spielen wird – für ihn persönlich, aber auch Jahre später als fanatische Nationalsozialistin und Vorzeigemutter des Dritten Reichs. Noch ist die Weimarer Republik im Aufbruch und Hans hoffnungslos in Hellmut verliebt. Doch nach einem Unglücksfall beginnen Hans und Magda eine Affäre, von der sie sich Trost und Vorteile versprechen: Sie will aus ihrer Ehe ausbrechen, er seine Homosexualität verbergen. Als Magda Joseph Goebbels kennenlernt und der NSDAP beitritt, kommt es zwischen ihnen zum Bruch.
In Nira Bissongs "Reichskanzlerplatz" begleiten die Leser:innen den Ich-Erzähler Hans auf einer zutiefst verstörenden und zugleich faszinierenden Reise durch das 20. Jahrhundert – von der Kindheit über die Schulzeit, die militärische Ausbildung und das Studium bis hin zu seiner Tätigkeit als Beamter unter Hitler. Der Roman endet im April 1945, kurz vor Kriegsende, mit dem Tod Hitlers und dem tragischen Suizid von Magda Goebbels, Hans’ einstiger Geliebten.
Besonders eindringlich ist die Art und Weise, wie Nora Bossong die inneren Konflikte ihrer Hauptfigur schildert. Hans' Unsicherheit und späterer innerer Kampf mit seiner Homosexualität werden beklemmend und glaubwürdig dargestellt. Er erkennt seine Neigung, will sie aber nicht wahrhaben und flüchtet sich in ein Leben voller Verdrängung.
Parallel zu seinem persönlichen Konflikt steht das kollektive Verdrängen und Wegsehen während des NS-Regimes. Schon 1943 ahnt Hans das Scheitern des Krieges, doch ebenso wie bei seiner Sexualität will er auch bei den politischen und moralischen Abgründen nicht hinsehen. Die Judenverfolgung, die Razzien in Norditalien, wo er als Beamter tätig ist – all das nimmt er zwar wahr, bleibt aber seltsam distanziert, fast apathisch.
Bossong gelingt es, die psychologischen Mechanismen zu zeigen, die das Funktionieren eines totalitären Systems ermöglichen. Gerade Hans’ passive Haltung, sein innerer Rückzug und sein Schweigen machen ihn zu einer erschreckend realistischen Figur, die die Leser:innen lange beschäftigt.
Homosexualität war bis 1969 unter Strafe gestellt und endete während der Naziherrschaft bei Bekanntwerden nicht selten mit der Verbannung in ein Konzentrationslager. Der Protagonist und Ich-Erzähler des Romans 'Reichskanzlerplatz' von Nora Bossong, Hans Hesselbach lernt während seiner Schulzeit den aus vermögendem Haushalt stammenden Hellmut Quandt kennen und lieben. Diese Liebe wird allerdings nicht erwidert. Aber auch die nur wenige Jahre ältere Stiefmutter Magda Quandt von Hellmut, später verheiratet mit Joseph Goeppels, dem Reichspropagandaminister, übt eine starke Anziehungskraft sowohl auf ihren Stiefsohn als auch auf Hans aus. Beide gehen nacheinander mit Magda eine Liebesbeziehung ein. Hans versteckt seine wahre Veranlagung hinter dieser Affäre, wird aber seine Angst nicht los, doch eines Tages einem Verrat zum Opfer zu fallen. Hans ist ein Mitläufer, dessen Geschichte von 1918 bis 1944 erzählt wird.
Der Roman wurde für den Deutschen Buchpreis 2024 nominiert.
Dies ist ein faszinierender Roman übder das Leben von Magda Goebbels.Wie wurde Sie zu dieser Frau, was verband sie mit Joseph Goebbels und weshalb brachte sie am Ende des Krieges ihre Kinder um? Auf diese Fragen findet man in diesem Buch Antworten. Desweiteren ist dieses Buch auch noch in einer schönen Sprache geschrieben, weswegen es auch für den Deutschen Buchpreis nominiert gewesen ist. Sehr lesenswert!
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Nora Bossong beschreibt in eindringlicher Dichte ein fiktionalen Plot. Das Leben von Magda Quandt, später Magda Goebbels ab den frühen 1920er bis in die 1940er Jahre aus der Perspektive von Hans, der anfangs ein Freund ihres Stiefsohnes Hellmut Quandt ist und später widerwillig eine zeitlang ihr Geliebter wird. Hans trennen zu Magda Quandt sieben Jahre Altersunterschied. Hellmut ist ihm zeitlebens immer näher. Mit den Jahren fühlt er sich zu ihm mehr als nur platonisch hingezogen und verkraftet nur schwer dessen frühen Tod. Geht aber eine Affäre mit ihr ein, um seine Homosexualität zu verschleiern.
Aus der Ich-Perspektive erzählt, erleben wir ein inneres Exil ab den 1930er Jahren, die Perspektive auf das versteckte Leben im Bannkreis der Anpassung. Aber auch die ständige Reflexion der eigenen Gedanken. Kaleidoskopisch nimmt der Leser an dem Aufstieg von Magda Goebbels zur "ersten Dame des Reiches" teil. Immer begleitet durch die Erzählperspektive von Hans. Wir erleben eine Frau, die skrupellos ist in Kälte, Empathielosigkeit und toxischem Selbstbezug. Und alles dafür tut, um ihre Spuren in der Geschichte zu manifestieren. Und am Ende einen kollektiven Suizid begeht.
Nora Bossong hat ein erstaunliches Buch geschaffen, das am Ende die Befürchtung des Plakativen und Voyeuristischen entkräftet und den Eindruck hinterlässt, der Hauptprotagonist hätte hier eigens seine Lebenserinnerungen niedergeschrieben.
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